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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 Ss 136/95 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: notwendige Verteidigung wegen Schwere der Tat, Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren, Pflichtverteidigung

Normen: StPO 140 Abs. 2, StPO 338 Nr. 5 StPO


Beschluss: Strafsache gegen M.T. wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 1. September 1994 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21.02.1995 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten in dem angefochtenen Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen einer fortgesetzten Unterhaltspflichtverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Hiergegen wendet sich die (Sprung-)Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die formelle Rüge des Angeklagten hat Erfolg, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache gem. §§ 349 Abs. 4, 353, 354 Abs. 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückzuverweisen war.

Der Angeklagte macht mit der Verfahrensrüge zu Recht den absoluten Revisionsgrund nach den §§ 140 Abs. 2, 338 Nr. 5 StPO geltend, weil die Hauptverhandlung gegen ihn ohne den Beistand eines Verteidigers und somit in Abwesenheit einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat. Insoweit ist es unerheblich, dass vom Amtsgericht die Notwendigkeit der Verteidigung nicht festgestellt worden ist. Denn der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen der Generalklausel des § 140 Abs. 2 StPO vorliegen, ein Verteidiger aber nicht bestellt wurde (vgl. KK-Laufhütte, StPO, 3. Aufl., § 140 Rn. 27 m.w.N.).
Die Mitwirkung eines Verteidigers in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten war - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts im Beschluss vom 31. August 1994 - gem. § 140 Abs. 2 StPO notwendig. Nach dieser Vorschrift ist einem Angeklagten u.a. dann ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wenn dies wegen der "Schwere der Tat" geboten erscheint. Die "Schwere der Tat" beurteilt sich vor allem nach der zu erwartenden Rechtsfolgenentscheidung, nämlich ob die zu erwartende Rechtsfolge einschneidend für den Angeklagten ist (vgl. u.a. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 41. Aufl. § 140 Rn. 23 m.w.N. aus der Rspr. ;- s.a. OLG Hamm StV 1993, 180) Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann eine Tat in der Regel dann als "schwer" i.S. des § 140 Abs. 2 StPO bezeichnet werden, wenn eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr zu erwarten ist (Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.0.). Dabei kommt es bei mehreren Taten auf den Umfang der Rechtsfolgen insgesamt und nicht auf die Höhe der Einzelstrafen an (OLG Hamm NStZ 1982, 298). Hier ist der Angeklagte wegen der drei ihm zur Last gelegten Vergehen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Damit war wegen der "Schwere der Tat" gem. § 140 Abs. 2 StPO die Mitwirkung eines Verteidigers in der Hauptverhandlung erforderlich. Mithin ist, da ein Verteidiger in der Hauptverhandlung nicht anwesend war, der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO gegeben.

Da somit das angefochtene Urteil schon wegen des Verstoßes gegen § 140 Abs. 2 StPO auf zuheben war, kommt es auf die übrigen vom Angeklagten erhobenen Rügen nicht mehr an. Es erübrigen sich daher Ausführungen des Senats zu der Frage, ob das Amtsgericht zutreffend gem. § 61 Nr. 5 StPO von der Vereidigung der Zeugen H. und R. abgesehen hat. Der Senat braucht außerdem auch nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die vom Amtsgericht zur Unterhaltspflichtverletzung gem. § 170 b StGB getroffenen tatsächlichen Feststellungen sowie die im Rahmen der Begründung der Entscheidung zur Strafaussetzung zur Bewährung gemachten Ausführungen des Anforderungen des § 267 StPO genügen. Schließlich konnte es ebenfalls dahinstehen, ob der Angeklagte zu Recht wegen einer "fortgesetzten" Unterhaltspflichtverletzung verurteilt worden ist.


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