Aktenzeichen: 2 Ss 1539/94 OLG Hamm
Senat: 2
Gegenstand: Revision
Stichworte: § 21 StVG, § 74 StGB, Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch, Einziehung, Nebenstrafe, Teilaufhebung
Beschluss: Strafsache gegen H. Z.,
wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 30. August 1994 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. Februar 1995 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 2 u. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird unter Verwerfung der weitergehenden Revision im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund Strafrichter - zurückverwiesen.
Gründe: Das Amtsgericht - Strafrichter - Dortmund hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus ist das Kraftfahrzeug Typ Daimler-Benz, 124 30OE, amtliches Kennzeichen DO - DZ 252, Identifizierungsnummer 1240301A137450, nebst Kraftfahrzeugschlüssel und dazugehörigem Kraftfahrzeugbrief eingezogen worden.
Nach den tatrichterlichen Feststellungen befuhr der Angeklagte am 19. Juni 1993 gegen 17.15 Uhr mit dem Krad Typ Harley Davidson mit dem amtlichen Kennzeichen DO - DT 16 u.a. die Straße In der Meile in Dortmund, obwohl er nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war, was er wußte. Gegen 17.35 Uhr desselben Tages lenkte er den eingezogenen Pkw u.a. über die Martener Straße in Dortmund. Am 14. Oktober 1993 befuhr er mit demselben Fahrzeug u.a. die Overhoffstraße in Dortmund, ohne im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein, was er wußte.
Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht "Rechtsmittel" eingelegt, das er später wirksam als (Sprung-) Revision (§ 335 StPO) bezeichnet hat. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gem. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat einen (vorläufigen) Teilerfolg.
1. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch richtet, war sie gem. dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 10. Januar 1995 als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
2. Allerdings begegnet der Rechtsfolgenausspruch durchgreifenden Bedenken; insoweit hat das Rechtsmittel - jedenfalls vorläufig - Erfolg. Die Sachbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch, weil die Einziehung des vom Angeklagten am 19. Juni 1993 und am 14. Oktober 1993 benutzten Pkw Daimler-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen DO-DZ 252 einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Das ist schon deshalb der Fall, weil sich die Urteilsgründe damit nicht beschäftigen und auch deren Gesamtzusammenhang nicht erkennen lässt, dass die Einziehung des Fahrzeugs auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht.
1. Sollte der gem. § 260 Abs. 5 StPO der Urteilsformel beigefügten Liste der angewendeten Vorschriften - §§ 21 STVG, 74, 53 StGB zu entnehmen sein, dass das Amtsgericht die Einziehung auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt hat, so ist darauf hinzuweisen, dass § 21 Abs. 3 STVG als "besondere Vorschrift" vorgeht (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 32. Aufl. (1993), § 21 STVG Rn. 24 m.w.N.). Hat dagegen das Amtsgericht zutreffend die Vorschrift des § 21 Abs. 3 STVG angewendet, hätte die Strafrichterin im einzelnen darlegen müssen, welche der in Betracht kommenden Alternativen (Nr. 1 und/oder Nr. 3) sie der Entscheidung zugrundegelegt hat, und aufgrund welcher Erwägungen sie von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat.
2. Wenn auch die Vorschrift des § 21 Abs. 3 STVG der allgemeinen Vorschrift des § 74 Abs. 1 StGB vorgeht, ist sie jedoch nur anwendbar, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 StGB erfüllt sind (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.o. § 21 STVG Rn. 24 m.w.N.). Gem. § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Einziehung nur zulässig, wenn der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Täter gehört oder zusteht. Hierzu enthalten die Gründe des angefochtenen Urteils im Rahmen der Beweiswürdigung zwar die Wendung, der Zeuge Wilke habe "den dem Angeklagten gehörenden Daimler-Benz gesehen, an dessen Steuer sich der Angeklagte befunden habe" (UA 3), doch ist die rechtliche Zuordnung damit nicht eindeutig festgestellt, zumal in anderem Zusammenhang auf die Haltereigenschaft des Angeklagten hingewiesen wird (UA 4).
3. Hinsichtlich der bereits angesprochenen Ermessensentscheidung muß für das Revisionsgericht überdies erkennbar sein, dass der Tatrichter das Maßgebot des § 74 b Abs. 1 StGB beachtet hat (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.O. § 21 StVG Rn. 24 m.w.N.); hierzu wäre es u.a. erforderlich gewesen, Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs zu treffen. In den Urteilsgründen zum Ausdruck kommen muß überdies, dass sich der Tatrichter mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob der Zweck der Einziehung nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen hat erreicht werden können (vgl. § 74 b Abs. 2 StGB).
4. Die - zumindest nicht ordnungsgemäß begründete - Einziehung des Pkw Daimler-Benz erfaßt den gesamten Rechtsfolgenausspruch. Bei der Einziehung eines Kraftfahrzeugs nach §§ 21 Abs. 3 STVG, 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt es sich um eine Nebenstrafe (OLG München NJW 1982, 2330 f; Jagusch/Hentschel, a.a.O. § 21 StVG Rn. 24) oder um ein Rechtsinstitut mit strafähnlichem Charakter (Dreher/Tröndle, 47. Aufl. (1995) § 74 StGB Rn. 2; § 74 b StGB Rn. 2). Die Gesamtheit der verhängten Maßnahmen darf die schuldangemessene Bestrafung nicht übersteigen. Die Einziehung eines Kraftfahrzeugs kann deshalb nicht isoliert von der Hauptstrafe betrachtet werden; insoweit besteht eine Wechselwirkung. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Überprüfung der Einziehung des Fahrzeugs auf Art und Höhe der Hauptstrafe auswirkt.
Danach war das angefochtene Urteil im gesamten Rechtsfolgenausspruch gem. § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache insoweit an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO).
3. Der neue Tatrichter hat auch über die Kosten der Revision zu befinden, weil der Erfolg des Rechtsmittels i.S. des § 473 StPO noch nicht feststeht.
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