Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 236/95 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Verteidigung der Rechtsordnung im Sinn von § 56 Abs. 3 StGB bei zahlreichen Vorverurteilungen

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Keine Strafaussetzung zur Bewährung wegen Verteidigung der Rechtsordnung, Einziehung, Erweiterung der Revision, kurze Freiheitsstrafe unerläßlich, Begründung der Gesamtstrafe, Verschlechterungsverbot

Normen: StGB 21 StGB, StGB 56 Abs. 3 StGB, StGB 74, StGB 47, StVG 21, StPo 331

Beschluss: Strafsache gegen D.B. wegen Urkundenfälschung u. a.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 28. November 1994 gegen das Urteil der XVIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 23. November 1994 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 28.06.1995, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht, Richterin am Landgericht als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt
als Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Das angefochtene Urteil wird im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Dortmund hat den Angeklagten wegen fortgesetzten Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen sowie wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren (Einzelfreiheitsstrafen: 2 x 11 Monate, 1 x 8 Monate) verurteilt. Ferner hat es gegen ihn eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis auf Lebenszeit sowie die Einziehung seines PKW BMW mit dem amtlichen Kennzeichen DO-ND 428 angeordnet.
Auf die Berufung des Angeklagten hat die Strafkammer durch die angefochtene Entscheidung das Urteil des Schöffengerichts Dortmund teilweise abgeändert und den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Anordnung der Fahrerlaubnissperre auf Lebenszeit sowie die Einziehung des PKW BMW hat das Landgericht aufrechterhalten.
Mit der gegen das Berufungsurteil gerichteten Revision beantragt die Staatsanwaltschaft Dortmund, "das angefochtene Urteil im Strafausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückzuverweisen". Auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützt wendet sie sich gegen die Bildung der Gesamtstrafe und beanstandet ferner, dass die Strafkammer nicht die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung (§ 56 Abs. 3 StGB) für geboten gehalten habe.

Die Generalstaatsanwaltschaft, die dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Dortmund beigetreten ist, hat ergänzend angemerkt, die Teilfreisprechung des Angeklagten im Berufungsurteil sei rechtsfehlerhaft; das Verfahren habe nämlich bezüglich des maßgeblichen Sachverhaltskomplexes wegen Verfahrenshindernisses gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt werden müssen. Sie beantragt daher über den Aufhebungsantrag der Staatsanwaltschaft Dortmund hinaus, "das Verfahren einzustellen, soweit der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 05.04.1994 wegen eines um die Jahreswende 1992/1993 begangenen Vergehens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist".

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Tatgeschehen fand der Angeklagte, der bislang noch nie eine Fahrerlaubnis innehatte, Ende 1992 in einer Gaststätte einen auf den Namen seines Bekannten U.H. ausgestellten Führerschein. Der Angeklagte tauschte das Paßfoto in dem Papier gegen sein eigenes aus und "führte den Führerschein fortan mit sich, um ihn bei Verkehrskontrollen gegebenenfalls vorzeigen zu können".
Am 8. Juni 1993 befuhr er dann mit dem auf seinen Namen zugelassenen PKW BMW, amtliches Kennzeichen DO-ND 428, den Tippweg in Dortmund. Der Angeklagte, der wußte, dass er keine Fahrerlaubnis besaß, wollte Liegestühle zu einer Badeanstalt transportieren und war erst wenige Meter gefahren, als er von Polizeibeamten angehalten wurde.

Zur Begründung des Rechtsfolgenausspruchs hat die Strafkammer im angefochtenen Urteil folgendes ausgeführt:
"Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang bereits erheblich in Erscheinung getreten:
1. Im August 1970 sah die Staatsanwaltschaft Dortmund wegen eines Diebstahls nach § 45 JGG von einer Strafverfolgung ab.
2. Wiederum wegen Diebstahls wurde der Angeklagte im September 1971 vom Amtsgericht Dortmund mit einer Verwarnung und einer Geldauflage belegt.
3. Im April 1972 ermahnte ihn die Staatsanwaltschaft Dortmund nach einer Urkundenfälschung; von der Strafverfolgung wurde gemäß § 45 JGG abgesehen.
4. Im Mai 1972 wurde der Angeklagte wegen Fahrens ohne Führerschein nochmals von der Staatsanwaltschaft Dortmund ermahnt; von der Strafverfolgung wurde gemäß § 45 JGG abgesehen.
5 .Im September 1972 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Dortmund wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 5 Fällen und wegen mißlungener Anstiftung zum Meineid zu 4 Wochen Jugendarrest verurteilt. Es wurde eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt.
6 .Im Juni 1993 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Dortmund wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und einer weiteren fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr mit einer Jugendstrafe von 6 Monaten belegt, die für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.
7. Unter Einbeziehung der vorerwähnten Verurteilungen wurde der Angeklagte im Oktober 1973 vom Amtsgericht Dortmund wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung erneut für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.
8. Im Februar 1974 verurteilte das Amtsgericht Dortmund den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im schweren Falle zu 4 Wochen Jugendarrest.
9. Im Februar 1975 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Dortmund wegen Fahrens ohne Führerschein in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen und wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt; hierin wurden die zuvor unter Ziffer 6 und 7 aufgeführten Verurteilungen miteinbezogen. Nach Verbüßung eines Teils der Jugendstrafe wurde der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und schließlich erlassen.
10. Im November 1977 wurde der Angeklagte erneut wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und vorsätzlichen Fahrenlassens ohne Fahrerlaubnis vom Amtsgericht Dortmund verurteilt. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten, die für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es wurde eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Nachdem die Bewährungszeit einmal verlängert werden mußte, wurde die Strafe schließlich erlassen.
11. Im Februar 1980:
Amtsgericht Dortmund, Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafe wurde erlassen.
12. Im Juli 1983 verurteilte das Amtsgericht Dortmund den Angeklagten wegen fortgesetzten Betruges zu 8 Monaten Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung ebenfalls für 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auch diese Strafe wurde erlassen.
13. Mit Urteil vom 14.06.1989 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Dortmund wegen fortgesetzten Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fortgesetzter Urkundenfälschung sowie fortgesetzten Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 75,- DM verurteilt. Wie im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte auch damals einen fremden Führerschein als seinen eigenen verfälscht.
14. Mit Urteil vom 22. Dezember 1989 des Amtsgerichts Dortmund wurde der Angeklagte erneut wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit am Steuer, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Nach Teilverbüßung wurde der Strafrest erneut zur Bewährung ausgesetzt bis zum 02.04.1995. Diese Bewährung läuft noch.
15. Mit Urteil vom 4. September 1990 verurteilte das Amtsgericht Dortmund den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 4 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit am Steuer, in einem Fall je in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Vortäuschen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Es wurde eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis bis zum 12.12.1995 angeordnet. Nach Teilverbüßung der Freiheitsstrafe wurde der Strafrest bis zum 02.04.1995 zur Bewährung ausgesetzt. Auch diese Bewährung läuft noch. Der Verurteilung lag u. a. wiederum eine Verfälschung eines fremden Führerscheins wie im hier vorliegenden Fall zugrunde.

Bei der Strafzumessung hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten seine ganz erheblichen und einschlägigen Vorstrafen bewertet, die bislang offenbar nicht geeignet gewesen sind, ihn vom Unrechtsgehalt seines Tuns zu überzeugen. Hinsichtlich der Tat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist zudem berücksichtigt worden, dass der Anlass der Fahrt nichtig war und es dem Angeklagten leicht möglich gewesen wäre, den Transport durch seine Verlobte, die im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, durchfuhren zu lassen. Zugunsten des Angeklagten ist insoweit berücksichtigt worden, dass die zurückgelegte Fahrstrecke nur sehr kurz war und er alsbald von den einschreitenden Polizeibeamten aus dem Verkehr gezogen wurde. Gemäß § 331 StPO hatte es ferner dabei zu verbleiben, dass dem Angeklagten die Schuldmilderung des § 21 zugute kommt.
Nach Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer für die Straftat der Urkundenfälschung eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten und für die Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet. Unter erneuter Abwägung aller zuvor aufgeführten Gesichtspunkte hat die Kammer hieraus gemäß § 53 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr gebildet.

Die Vollstreckung konnte unter Hinteranstellung äußerster Bedenken gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden; die Kammer ist insoweit zu derselben Bewertung gekommen, wie die XV. Strafkammer des Landgerichts in der Hauptverhandlung vom 7. Oktober 1994 (14 (XV) B 4/93). Obwohl der Angeklagte Bewährungsversager ist, kann eine günstige Sozialprognose im Sinne von § 56 Abs. 1 StGB nach dem Eindruck, den der Angeklagte in der Hauptverhandlung hinterließ, nicht von der Hand gewiesen werden. Es macht in der Tat den Eindruck, als dass der Angeklagte in seinem Leben eine Umorientierung vornimmt. Er ist an seiner Lebensmitte angelangt und beginnt, darüber nachzudenken, welche Verhaltensweisen erforderlich sind, um ihm zukünftig eine bürgerliche Existenz zu ermöglichen. Der Angeklagte hat erkannt, dass eine erneute Inhaftierung zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe angesichts seines Lebensalters den Wiedereintritt in ein dauerhaftes, gesichertes Arbeitsleben nicht nur erheblich erschweren, sondern möglicherweise sogar endgültig verhindern würde. Der Abbruch der derzeitig laufenden Umschulungsmaßnahme hätte insoweit katastrophale Auswirkungen. Unter Voraussetzung psychologischer Begleitung, die diesen begonnenen Denkprozeß des Angeklagten zu begleiten und zu vertiefen geeignet sein mag, hat die Kammer insbesondere vor dem Eindruck der existentiellen Folgen der Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe noch einmal auf eine Strafaussetzung zur Bewährung erkannt.

Bei der Einziehung des PKW DO-ND 428 hatte es gemäß § 74 StGB zu verbleiben. Eigentumsrechte des Einziehungsbeteiligten Neumann an der Autoradioanlage vermochte die Kammer nicht zu erkennen; der hierzu gegebene Vortrag ist unsubstantiiert und aus der Luft gegriffen.

Durch die vorliegende Tat hat sich der Angeklagte derzeit erneut als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen. Angesichts der Vorgeschichte war die Verwaltungsbehörde anzuweisen, dem Angeklagten auf Lebenszeit keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen, § 69 a StGB."

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat (jedenfalls vorläufig) Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den (an den Schuldspruch anknüpfenden) Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Dies ergibt sich sowohl aus dem von der Staatsanwaltschaft Dortmund gestellten Antrag als auch aus der Revisionsbegründung, die sich ausschließlich über den Strafausspruch der angefochtenen Entscheidung verhält. Soweit sich nunmehr die Generalstaatsanwaltschaft auch gegen den Teilfreispruch im Berufungsurteil wendet, ist dieser Angriff unzulässig, da eine nachträgliche Erweiterung der beschränkt eingelegten Revision nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels nicht möglich ist (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., § 344 Rdn. 4).
Die von der Staatsanwaltschaft Dortmund vorgenommene Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch ist auch wirksam, da die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen zum Schuldspruch eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden.

2. Dieser rechtlichen Nachprüfung hält der Rechtsfolgenausspruch jedoch nicht stand.

a) Zunächst ist die im Rahmen der Strafzumessung dargelegte Annahme der Strafkammer, das Verbot der Schlechterstellung (§ 331 StPO) gebiete es, "dem Angeklagten die Schuldmilderung des § 21 zugute" kommen zu lassen, fehlerhaft. Das Verschlechterungsverbot betrifft nämlich nur die im Urteil angeordneten Rechtsfolgen der Tat (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a. a. 0., § 331 Rdn. 5 u. 6), zu denen die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB nicht zählt. Wollte das Landgericht die Einzelstrafen jeweils gemäß §§ 21, 49 StGB mildern, so hätte es daher ausführen müssen, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände die Voraussetzungen des § 21 StGB gegeben sind und dass diese Umstände die Wahl eines gemäß § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens rechtfertigen.

b) Des weiteren fehlen im angefochtenen Urteil die erforderlichen Erörterungen, warum zur Ahndung des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine kurzfristige Freiheitsstrafe und nicht nur eine Geldstrafe verhängt worden ist (§ 47 StGB).

c) Darüber hinaus hat das Landgericht gegen § 54 StGB verstoßen, indem es aus den verhängten Einzelfreiheitsstrafen von 8 und 4 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr gebildet hat. Gemäß § 54 Abs. 2 S.1 StGB darf nämlich die Gesamtstrafe die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Die vom Landgericht ausgeworfene Gesamtfreiheitsstrafe hätte daher unter einem Jahr liegen müssen.

d) Soweit die Revision meint, im angefochtenen Urteil werde mit der Formulierung "unter erneuter Abwägung aller zuvor aufgeführten Gesichtspunkte" die Bildung der Gesamtstrafe nicht genügend begründet, so stellt dies keinen Rechtsfehler dar. Werden bei der Bemessung der Einzelstrafen die wesentlichen Gesichtspunkte gegenübergestellt und wird dabei auch das Gesamtbild der Taten mit in Betracht gezogen, so reicht eine Bezugnahme hierauf zur Begründung der Gesamtstrafenbildung aus (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1994 - 1 StR 688/94 - in EBE/BGH 1995, 54 f).

e) Dagegen begegnet - worauf die Staatsanwaltschaft zutreffend hinweist - die Zubilligung von Strafaussetzung zur Bewährung durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken. Es stellt nämlich einen entscheidenden Fehler dar, dass sich die Strafkammer nicht damit auseinandergesetzt hat, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Strafe gebietet.
Zwar besteht zu einer Erörterung dieser Frage nur Anlass, wenn aus dem Urteil ersichtliche Tatsachen dies nahelegen. Ein solcher Fall ist aber angesichts der zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und des Bewährungsversagens des Angeklagten vorliegend gegeben (vgl. dazu BGHSt 24, 40 ff.; Schönke/Schröder/ Stree, StGB, 24. Aufl., § 56 Rdn. 42 m.w.N. u. Rdn. 50). Dies gilt um so mehr, als der Angeklagte den verfälschten Führerschein "fortan mit sich führte, um ihn bei Verkehrskontrollen gegebenenfalls vorzeigen zu können". Die Beharrlichkeit, mit der der Angeklagte über 20 Jahre lang (Verkehrs-)Straftaten begangen hat, und das darin zum Ausdruck kommende hartnäckige rechtsmißachtende Verhalten ist eine schwerwiegende Besonderheit dieses Einzelfalls, die die Annahme nahelegt, dass die Strafaussetzung zur Bewährung für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen muß und dadurch das Vertrauen der Allgemeinheit in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Dezember 1994 a.a.O.).

f) Schließlich beruht auch die Einziehung des PKW BMW auf fehlerhafter Rechtsanwendung. Das Landgericht durfte die Einziehung nicht auf § 74 StGB stützen, da § 21 Abs. 3 STVG als "besondere Vorschrift" im Sinne des § 74 Abs. 4 StGB vorgeht (vgl. dazu Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl., § 21 STVG Rdn. 24 m.w.N.). Insoweit hätte die Strafkammer weiter darlegen müssen, welche der in Betracht kommenden Alternativen (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 und/oder Nr. 3 StVG) sie der Entscheidung zugrundelegt und aufgrund welcher Erwägungen sie von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat. Überdies muß für das Revisionsgericht erkennbar sein, dass der Tatrichter bei der zuvor erwähnten Ermessensentscheidung das auch im Rahmen des § 21 StVG zu beachtende Maßgebot (vgl. Jagusch/Hentschel, a.a.O., § 21 StVG Rdn. 24 m.w.N.) und die Möglichkeit weniger einschneidender Maßnahmen geprüft hat (vgl. § 74 b Abs. 1 und Abs. 2 StGB).
Die aufgezeigten sachlich-rechtlichen Fehler bei der Festsetzung der Hauptstrafe und der Anordnung der Einziehung erfassen den gesamten Rechtsfolgenausspruch; denn die aufgrund von charakterlichen Mängeln des Angeklagten angeordnete lebenslange Sperre nach § 69 a Abs. 1 S.3 StGB kann nicht isoliert von den übrigen Maßnahmen betrachtet werden (vgl. dazu Kleinknecht/ Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rdn. 28).
Das angefochtene Urteil war daher antragsgemäß im gesamten Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). Dieser war auch die Kostenentscheidung vorzubehalten, da der Erfolg des Rechtsmittels im Sinne des § 473 StPO noch nicht feststeht.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".