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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 106/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zur unbilligen Härte im Sinn von § 459 f StPO und zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Vollstreckungsverfahren

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe, Härteklausel, Pflichtverteidiger, unbillige Härte, außerhalb des Strafzwecks liegende besondere Härte, Zahlungsunfähigkeit

Normen: StPO 459 f

Beschluss: Strafvollstreckungssache gegen M.B. wegen Urkundenfälschung,
(hier: sofortige Beschwerde gegen Entscheidung nach § 459 f StPO; Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten mit Datum vom 2. März 2000 gegen den Beschluss der 16. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 21. Februar 2000 sowie auf den Antrag des Verurteilten vom 2. März 2000 auf Bestellung des Rechtsanwalts Dr. B. zum Pflichtverteidiger hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30.03.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.

Der Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers wird zurückgewiesen.

Gründe:
Durch Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Peine vom 27. Dezember 1995 ist gegen den Verurteilten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 380 Tagessätzen zu je 60,- DM festgesetzt worden. Nach verschiedenen Zahlungen des Verurteilten und Verbüßung eines Tages der Ersatzfreiheitsstrafe wird nunmehr seit dem 28. Januar 2000 die restliche Ersatzfreiheitsstrafe von 296 Tagen verbüßt.

Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer Einwendungen des Verurteilten gegen die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe von 296 Tagen, die er mit Schreiben vom 31. Januar, 8. und 9. Februar 2000 erhoben hatte, zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe keine unbillige Härte i.S.v. § 459 f StPO darstellt.

Gegen diesen Beschluss, der dem Verurteilten am 3. März 2000 zugestellt worden ist, hat er mit Schreiben, datiert mit 2. März 2000 - eingegangen am 9. März 2000 -, sofortige Beschwerde eingelegt. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 462 Abs. 3 StPO statthaft, sie ist auch rechtzeitig eingelegt.

In der Sache ist die sofortige Beschwerde jedoch ohne Erfolg. Die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe von 296 Tagen stellt für den Verurteilten keine unbillige Härte dar.
Das Unvermögen des Verurteilten, die noch ausstehende Geldstrafe zu bezahlen, begründet für sich allein keine unbillige Härte; denn die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ist die regelmäßige Folge der Uneinbringlichkeit einer verhängten Geldstrafe (BGHSt 27/90, 93). Von unbilliger Härte kann nach einhelliger Rechtsprechung nur dann die Rede sein, wenn mit der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe eine außerhalb des Strafzwecks liegende zusätzliche Härte verbunden ist, die dem Verurteilten auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Strafe nicht zugemutet werden kann (BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf, VRS 77, 454, 455; OLG Düsseldorf MDR 1985/76). Hinzukommen muss nach obergerichtlicher Rechtsprechung, dass bei dem Verurteilten eine günstige Prognose die Annahme rechtfertigt, dass bereits durch die bloße Verhängung der Geldstrafe die Strafwirkung erzielt worden sei, so dass die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe sich geradezu als ungerecht darstellen würde (OLG Düsseldorf in beiden zitierten Entscheidungen; LG Bremen StV 1998/152; OLG München GA 1984/185, 187).
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Verurteilten eindeutig nicht vor. Der Verurteilte hat es vielmehr verstanden, in beispielloser Weise die Vollstreckung der Geld- und alsdann der Ersatzfreiheitsstrafe durch unzählige Versprechungen hinauszuzögern. Wie wenig von seinen Versprechungen zu halten war, wird deutlich daraus, dass er die Möglichkeit, die ihm von der Vollstreckungsbehörde im Juni 1996 und alsdann im September 1996 erneut eingeräumt wurde, die Geldstrafe in Teilbeträgen von 50,- DM neben jeweils 24 Wochenstunden gemeinnütziger Arbeitsleistungen zu erbringen, nicht wahrgenommen hat: Er hat sich bei der ihm zugewiesenen Arbeitsstelle nicht einmal vorgestellt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zum Beschwerdebegehren des Verurteilten in ihrer Stellungnahme vom 23. März 2000 folgendes ausgeführt:

"Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Einwendungen des Verurteilten gegen die Vollstreckung der Rest-Ersatzfreiheitsstrafe als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 459 f StPO liegen nicht vor. Eine unbillige Härte, die ein Absehen von der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 459 f StPO rechtfertigen würde, ist auch unter Berücksichtigung der umfangreichen Eingaben des Verurteilten nicht ersichtlich. Diesem ist es vielmehr gelungen, über Jahre hinweg durch das Versprechen von Ratenzahlungen, die, wenn überhaupt, dann nur kurzzeitig erbracht wurden, die konsequente Vollstreckung der Geldstrafe zu verhindern. Aus dem bisherigen Verlauf der Strafvollstreckung wird auch deutlich, dass es sich bei dem nunmehr von dem Verurteilten erneut angebotenen Versprechen der Ableistung gemeinnütziger Arbeit um ein Lippenbekenntnis ohne realen Hintergrund handelt. Derartige Absichtserklärungen hat er im Laufe des Vollstreckungsverfahrens vielfach abgegeben, ohne diesen dann Taten folgen zu lassen. Ihm wurde daraufhin mehrfach die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe angedroht und durch die Staatsanwaltschaft Hildesheim seine Verhaftung veranlasse. Unmittelbar vor seiner nunmehrigen Inhaftierung war der Verurteilte für die Vollstreckungsbehörde nicht erreichbar, da seine letzte bekannte Meldeadresse am 10.11.1999 zwangsgeräumt werden musste (Bl. 144 VH). Die von dem Verurteilten in seinen Eingaben dargelegten fiskalischen Erwägungen vermögen ebensowenig eine besondere Härte im Sinne des Gesetzes zu begründen, wie der Umstand, dass er seinen Umschulungsplatz verloren hat und nach eigenen Angaben erkrankt ist. Unter Berücksichtigung des gesamten Verlaufs des Vollstreckungsverfahrens bedarf es daher der Fortsetzung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe, um nachhaltig auf den Verurteilten einzuwirken."

Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Erwägungen an. Die Lebensführung des Verurteilten gibt keinerlei Anlass zu der Annahme, der Verurteilte sei bereits durch die Verhängung der Geldstrafe so beeindruckt, dass der Strafzweck erreicht sei. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall: Wie dem Senat aus dem Beschwerdeverfahren 3 Ws 105/00 OLG Hamm = 501 Js 34095/94 StA Braunschweig bekannt ist, hat der Verurteilte genau einen Monat nach seiner Verurteilung durch das Schöffengericht Peine vom 8. Juni 1993 in vorliegender Sache, die Gegenstand des Gesamtstrafenbeschlusses vom 27. Dezember 1995 ist und mit der er wegen Urkundenfälschung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die erste Tat aus dem Verfahren 501 Js 34095/94 StA Braunschweig begangen: Betrugstat vom 8. Juli 1993 mit einem Schaden von ca. 20.000,- DM. Zu dieser Zeit bemühte sich der Verurteilte in vorliegender Sache um einen Freispruch. Alsbald nach Erlass des Berufungsurteils durch das Landgericht Hildesheim vom 8. Februar 1994 beging der Verurteilte die weiteren Taten aus dem Verfahren 501 Js 34095/94 StA Braunschweig. Im Berufungsurteil des Landgerichts Hildesheim wurde nicht dem Antrag des Verurteilten auf Freispruch gefolgt; es wurde lediglich anstelle der sechsmonatigen Freiheitsstrafe eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen festgesetzt. Noch bevor dieses Urteil rechtskräftig wurde (Rechtskraft 3. Mai 1994) habe der Verurteilte bereits drei weitere von insgesamt fünf Betrugstaten, die Gegenstand des Urteils des Amtsgerichts Braunschweig vom 2. Dezember 1996 sind (501 Ls 34095/94), begangen. Diese Zeitabfolge macht deutlich, dass der Verurteilte weder durch das erstinstanzliche noch durch das mildere zweitinstanzliche Urteil in vorliegender Sache beeindruckt war. Zudem liegt gegen den Verurteilten eine erneute Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 29. Dezember 1999 vor, mit der ihm eine Vielzahl von gemeinschädlichen Sachbeschädigungen aus der Zeit von Dezember 1998 bis Januar 1999 zur Last gelegt werden. Der Ausgang dieses Verfahrens ist jedoch offen.

Insgesamt kann auch unter Berücksichtigung der Eingaben des Verurteilten die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht als unbillige Härte für den Verurteilten bewertet werden. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten war vielmehr mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.

Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers für das Beschwerdeverfahren nach § 462 StPO konnte nicht in Betracht kommen. Zwar ist auch im Vollstreckungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO eine Verteidigerbestellung durchaus möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass die Sach- oder Rechtslage schwierig ist oder aber der Verurteilte nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Sach- und Rechtslage erweist sich keineswegs als schwierig. Zudem sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Verurteilte nicht in der Lage sein könnte, sich selbst zu verteidigen. Er hat seine Verteidigungsfähigkeit mit einer Vielzahl von Eingaben nachdrücklich unter Beweis gestellt.
Bei der Ablehnung der Pflichtverteidigerbestellung handelt es sich um eine Entscheidung des mitunterschreibenden Senatsvorsitzenden.


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