Aktenzeichen: 3 Ss Owi 1173/96 OLG Hamm
Leitsatz: Zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, das Gericht habe den Einspruch des Betroffenen nicht wegen Ausbleiben des Betroffenen im Termin verwerfen dürfen.
Senat: 3
Gegenstand: OWi
Normen: 74 Abs. 2 OWiG, StPO 344
Stichworte: § 74 Abs. 2 OWiG, Geschwindigkeitsüberschreitung, Verfahrensrüge, Unzulässigkeit, Zulassung der Rechtsbeschwerde
Beschluss: Bußgeldsache gegen J.H.,
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr.
Auf den Antrag des Betroffenen vom 02.08.1996 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 18. Juli 1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 25.02.1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde werden dem Betroffenen auferlegt.
Gründe:
Der Oberkreisdirektor des Kreises Gütersloh hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 15.08.1995 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h außerorts um 22 km/h eine Geldbuße in Höhe von 160,- DM festgesetzt. Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Betroffene form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Sein Einspruch ist durch das angefochtene Urteil mit der Begründung gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen worden, der Betroffene sei dem Termin zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ferngeblieben, obwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet gewesen sei. Von den weiteren Möglichkeiten des § 74 Abs. 2 OWiG habe das Gericht keinen Gebrauch gemacht, weil eine hinreichende Sachaufklärung ohne persönliche Anhörung des Betroffenen nicht möglich und seine polizeiliche Vorführung unverhältnismäßig erschienen sei.
Das in Abwesenheit des Betroffenen verkündete Urteil ist dem Verteidiger am 26.07.1996 zugestellt worden. Die Zustellung mußte am 10.12.1996 wiederholt werden, da sich zum Zeitpunkt der ersten Zustellung noch keine Vollmacht des Verteidigers bei den Akten befand.
Mit am 02.08.1996 bei dem Amtsgericht in Gütersloh eingegangenem Antrag vom selben Tage hat der Betroffene die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt und diesen Antrag mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 02.09.1996 - am selben Tage beim Amtsgericht Gütersloh eingegangen - begründet. Der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe das ihm obliegende Ermessen im Rahmen des § 74 Abs. 2 OWiG fehlerhaft ausgeübt. Obwohl er ohne genügende Entschuldigung in dem Termin zur Hauptverhandlung ausgeblieben sei, habe das Amtsgericht seinen Einspruch nicht verwerfen dürfen, da seine persönliche Anhörung zur Sachaufklärung unbedingt erforderlich gewesen sei. Hinzu komme die besondere Bedeutung der vorliegenden Ordnungswidrigkeit für den Betroffenen, da für ihn aufgrund von Vorverstößen bereits 17 Punkte beim Kraftfahrtbundesamt eingetragen seien. Deshalb wäre auch eine polizeiliche Vorführung nicht unverhältnismäßig gewesen.
II. Der form- und fristgerecht gestellte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 80 Abs. 3 S.3, Abs. 4 OWiG; 344 Abs. 2 S.2 StPO als unzulässig zu verwerfen, weil die Begründung der Rechtsbeschwerde nicht den dort aufgestellten Erfordernissen entspricht.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme hierzu folgendes ausgeführt:
"Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist schon deshalb zu verwerfen, da der form- und fristgerecht gestellte Antrag nicht den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 1 und 2 StPO entspricht. Ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG kann - von Ausnahmen abgesehen - nur mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. OLG Hamm, VRS 59, 43 und 208). Nach den genannten Vorschriften muss der Beschwerdeführer, der eine Verletzung des Verfahrensrechtes geltend machen will, die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. Göhler, OWiG, 11. Auflage, § 74 Rdnr. 48 b m.w.N.). In der Rechtsmittelbegründung ist weder der im Bußgeldbescheid erhobene Tatvorwurf noch die konkrete Beweislage vorgetragen worden. Auch fehlt der Hinweis, dass der Betroffene ordnungsgemäß geladen worden ist und dass das Gericht wirksam das persönliche Erscheinen angeordnet hat.
Mit dem Vortrag, er sei in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, kann der Betroffene ebenfalls nicht gehört werden. Dem Betroffenen ist rechtliches Gehör durch ordnungsgemäße Ladung zum Termin mit der Möglichkeit, sich dort gegen den ihm gegenüber erhobenen Vorwurf zu wehren, gewährt worden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens ist ebenfalls nicht ersichtlich, denn dem Betroffenen ist hinreichend Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden.
Der Tatrichter war sich ausweislich der Urteilsbegründung auch der Wahlmöglichkeit des § 74 Abs. 2 OWiG bewusst. Angesichts der Beweislage vermochte der Tatrichter jedoch auf das persönliche Erscheinen des Betroffenen nicht zu verzichten.
Einer Entscheidung über den im Hauptverhandlungstermin gestellten Beweisantrag bedurfte es nicht, da das Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG keinen materiell-rechtlichen Inhalt hat, vielmehr allein voraussetzt, dass die Prozeßvoraussetzungen vorliegen und Verfahrenshindernisse nicht bestehen. Solche Mängel sind nicht ersichtlich."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung. Damit ist die Rechtsbeschwerde nicht gemäß § 344 Abs. 2 StPO zulässig begründet worden. Ist aber die Rechtsbeschwerde selbst unzulässig, so ist auch der Zulassungsantrag unzulässig. Das Gesetz will mit § 80 Abs. 3 S.3 OWiG, der schon im Zulassungsverfahren die Beachtung der Vorschrift über die Anbringung der Beschwerdeanträge und ihre Begründung (§§ 344, 345 StPO) verlangt, erreichen, dass nicht einem Zulassungsantrag zunächst stattgegeben werden muss, wenn feststeht, dass die Rechtsbeschwerde selbst demnächst als unzulässig verworfen werden müsste (OLG Hamm VRS 59, 43, 45).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG; § 473 Abs. 1 StPO.
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