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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss Owi 1555/96 OLG Hamm

Leitsatz: Zur ausreichenden Begründung der Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, das Gericht habe den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht wegen Ausbleiben des Betroffenen verwerfen dürfen.

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Normen: 74 Abs. 2 OWiG

Stichworte: Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, Geschwindigkeitsüberschreitung, Wiedereinsetzung

Beschluss: Bußgeldsache gegen G.B.,
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr,
(hier: Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 25.11.1996 auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hattingen vom 10.11.1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 13.02.1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 3 OWiG; §§ 349 Abs. 1, 346 Abs. 2 StPO beschlossen:

Der Beschluss des Amtsgerichts Hattingen vom 10. November 1996 wird aufgehoben.

Gründe:
Gegen den Betroffenen ist mit Bußgeldbescheid des Ennepe-Ruhr-Kreises vom 10.04.1996 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts eine Geldbuße in Höhe von 150,- DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt worden. Die Verhängung des Fahrverbotes wurde gemäß § 2 Abs. 2 BKatV damit begründet, dass der Betroffene innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft einer früheren Entscheidung über eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h nunmehr eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h oder mehr - nämlich um 30 km/h - begangen habe. Den Einspruch des Betroffenen gegen diesen Bußgeldbescheid hat das Amtsgericht mit Urteil vom 23.09.1996 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Betroffene sei in dem Termin zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben, obwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet worden sei. Die von ihm vorgetragenen Gründe seien keine genügende Entschuldigung, weil sein Fernbleiben für seine Erwerbstätigkeit nicht erkennbar erforderlich gewesen sei. Die schriftliche Erklärung vom 19.09.1996 besage das jedenfalls nicht. Von den weiteren Möglichkeiten des § 74 Abs. 2 OWiG habe das Amtsgericht keinen Gebrauch gemacht, weil das Erscheinen des Betroffenen zur Sachaufklärung erforderlich gewesen sei.

Gegen dieses in Abwesenheit des Betroffenen und des Verteidigers verkündete Urteil hat der Betroffene mit am selben Tage beim Amtsgericht Hattingen eingegangenem Schriftsatz vom 11. Oktober 1996 Rechtsbeschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit weiterem Schriftsatz vom 31. Oktober 1996, beim Amtsgericht Hattingen eingegangen am 4. November 1996, hat der Betroffene sein Wiedereinsetzungsgesuch sowie die Rechtsbeschwerde begründet.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Hattingen das Wiedereinsetzungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen, da es nicht begründet worden sei. Gleichzeitig hat es mit diesem Beschluss die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen, da diese nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils begründet worden sei. Offenbar war dem Amtsgericht Hattingen zum Zeitpunkt seiner Beschlußfassung die Begründungsschrift des Verteidigers vom 31.10.1996 (Blatt 48 d.A.) nicht bekannt.

Der Beschluss des Amtsgerichts vom 10.11.1996 ist dem Verteidiger des Betroffenen am 19.11.1996 zugestellt worden. Mit am 25.11.1996 beim Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz hat er den Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gestellt und zur Begründung ausgeführt, dass er sowohl das Wiedereinsetzungsgesuch als auch die Rechtsbeschwerde rechtzeitig mit seinem Schriftsatz vom 31.10.1996 begründet habe.

Der zulässige Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts hat auch in der Sache Erfolg.

Der angefochtene Beschluss war aufzuheben, weil das Amtsgericht die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu Unrecht als unzulässig verworfen hatte. Insoweit ergibt sich aus den Akten eindeutig, dass die Rechtsbeschwerdebegründung fristgemäß, nämlich am 4. November 1996, beim Amtsgericht eingegangen war und von diesem aus nach der Aktenlage nicht nachvollziehbaren Gründen bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt worden ist.
Der Umstand, dass die Rechtsbeschwerde des Betroffenen unzulässig sein dürfte, da sie nicht den Begründungserfordernissen des § 79 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 S.2 StPO entspricht, führt entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft nicht zur Verwerfung des Antrags. Da die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht in den durch § 79 Abs. 3 OWiG; § 346 Abs. 1 StPO umschriebenen Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts fällt, hätte der Senat die Rechtsbeschwerde ohnehin nur unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 349 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG als unzulässig verwerfen können (vgl. BGH, VRS 65, 294, 296; BGHSt 16, 115, 118; Kleinknecht/MeyerGoßner, StPO, 42. Aufl., § 346 Rdnr. 10). Die Verwerfung der Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 1 StPO ist hier indes nicht möglich, da zuvor vom Landgericht Essen über die gleichfalls eingelegte sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsgesuchs zu entscheiden ist.

Für die Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen sprechen hier folgende Erwägungen:
Das vorliegende Verwerfungsurteil gemäß § 74 Abs. 2 S.1 OWiG gleicht in seinen Voraussetzungen einem die Berufung verwerfenden Urteil gemäß § 329 Abs. 1 StPO; der Rechtsmittelführer muss ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben sein. Das unentschuldigte Ausbleiben des Betroffenen ist jedoch keine vom Beschwerdegericht von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung für die Verwerfung des Einspruchs gemäß § 74 Abs. 2 OWiG. Vielmehr setzt die Prüfung durch das Beschwerdegericht eine dahingehende ausdrückliche, der Vorschrift des § 344 Abs. 2 S.2 StPO genügende Verfahrensrüge voraus. Die Entscheidung, ob das Ausbleiben des Betroffenen genügend entschuldigt ist, obliegt im wesentlichen dem Tatrichter. Das Beschwerdegericht kann nur nachprüfen, ob der Tatrichter die Entschuldigungsgründe, die vorlagen, überhaupt einer sachlichen Prüfung unterzogen hat, und ob er dabei den Rechtsbegriff der nicht genügenden Entschuldigung richtig angewandt hat. Um diese Überprüfung zu ermöglichen, muss der Tatrichter sich regelmäßig in den Gründen des Verwerfungsurteils mit in Betracht kommenden Entschuldigungsgründen auseinandersetzen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene sich rechtzeitig entschuldigt hat, sondern allein darauf, ob er entschuldigt ist (OLG Hamm, VRS 59, 43, 44; 208, 209; Göhler, OWiG, 10. Aufl., § 74 Rdnr. 48 b m.w.N.). Sache des Betroffenen wäre es mithin gewesen, im Wege der Verfahrensrüge unter Darlegung von Tatsachen, die die Frage des unentschuldigten Ausbleibens berühren (§ 344 Abs. 2 S.2 StPO), einen insoweit möglichen Mangel des angefochtenen Urteils zu behaupten. Dazu ist zumindest die Angabe der dem Amtsgericht vor der Verwerfung des Einspruchs vorgetragenen Entschuldigungsgründe des Betroffenen erforderlich, da nur so das Rechtsbeschwerdegericht, dem der Rückgriff auf den Akteninhalt verwehrt ist, zu überprüfen vermag, ob das Amtsgericht sich in dem angefochtenen Urteil in der erforderlichen Weise mit diesen Gründen auseinandergesetzt und das Vorbringen des Betroffenen nicht als genügende Entschuldigung angesehen hat. Demgegenüber enthält die Rechtsbeschwerdebegründung des Betroffenen keine Angaben zu den dem Amtsgericht vor der Verwerfung des Einspruchs vorgetragenen Entschuldigungsgründen. Dies gilt sowohl für die eigentliche Rechtsbeschwerdebegründung als auch für die in demselben Schriftsatz vom 31.10.1996 enthaltene Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches. Die Rechtsbeschwerde setzt sich dort vielmehr allein damit auseinander, aus welchen Gründen das Amtsgericht die von dem Betroffenen vorgetragenen - von der Rechtsbeschwerde aber gerade nicht mitgeteilten - Entschuldigungsgründe nicht hätte als ausreichend ansehen dürfen.
Die von dem Betroffenen vor der Verwerfung des Einspruchs vorgebrachten Entschuldigungsgründe ergeben sich auch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit aus den Gründen des angefochtenen Urteils, da sie auch dort nur gewürdigt, nicht aber inhaltlich mitgeteilt werden. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dann, wenn sich die Entschuldigungsgründe bereits aus dem angefochtenen Urteil ergeben, nähere Ausführungen der Verfahrensrüge hierzu entbehrlich sind (BayObLG, DAR 1996, 412; OLG Köln, StV 1989, 53, 54) .
Die Rechtsbeschwerde wäre daher an sich gemäß § 349 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG als unzulässig zu verwerfen gewesen. Dies war hier ausnahmsweise nicht möglich, da über das Wiedereinsetzungsgesuch des Betroffenen noch nicht abschließend entschieden ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. A., § 346 Rn. 16 f). In dem Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts vom 25.11.1996 ist nämlich gleichzeitig eine sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsgesuches zu sehen. Der Betroffene führt dort ausdrücklich aus, dass auch das Wiedereinsetzungsgesuch entgegen dem Inhalt des angefochtenen Urteils rechtzeitig begründet worden sei. Für die Entscheidung über diese sofortige Beschwerde ist jedoch nicht der Senat, vielmehr das Landgericht in Essen zuständig, dessen Entscheidung daher zunächst abzuwarten ist.


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