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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 25/97 OLG Hamm

Leitsatz: Allein der Hinweis auf ein von einem Verkehrsverstoß gefertigtes Lichbild unter Angabe der Fundstelle (Blattzahlen) in der Akte stellt noch keine Bezugnahme im Sinn von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO dar. Erforderlich ist vielmehr, dass der Tatrichter zumindest zum Ausdruck bringt, dass die Bezugnahme "wegen der Einzelheiten“ des Erscheinungsbildes der auf dem Beweisfoto abgebildeten Person erfolgt.

Senat: 3

Gegenstand: Owi

Stichworte: Beweisfoto, Bezugnahme, Foto, Geschwindigkeitsüberschreitung, Identifizierung, Lichtbild

Normen: StPO 267 Abs. 1 Satz 3,

Beschluss: Bußgeldsache gegen H.F.,
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 11.10.1996 gegen das Urteil des Amtsgerichts Minden vom 11.10.1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 23.01.1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Minden zurückverwiesen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 3 Abs. 3, 41, 49 StVO, 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 400,- DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Nach den zugrundeliegenden Feststellungen soll der Betroffene am 14.02.1996 gegen 20.18 Uhr in Hille auf der L 770 in Fahrtrichtung Osten mit einem PKW Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen OS-HF 303, Westlich der Kreuzung mit der L 803 die dort durch beidseitig der Fahrbahn aufgestellte Verkehrszeichen 274 auf 70 km/h beschränkte Geschwindigkeit um 63 km/h überschritten haben. Die Messung erfolgte mit einem stationären Überwachungsgerät des Typs Traffiphot-S, bei der Ermittlung der Geschwindigkeitsüberschreitung hat das Amtsgericht einen Toleranzabzug von 4 km/h in Abzug gebracht.

Zur Überführung des Betroffenen, der sich in der Hauptverhandlung zur Sache nicht eingelassen hat, aufgrund des von der Geschwindigkeitsmeßanlage gefertigten Beweisfotos, hat das Amtsgericht in den Urteilsgründen folgendes ausgeführt:
"Nach dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme hat das Gericht an der Täterschaft des Betroffenen keinen Zweifel. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Betroffene der auf dem Radarfoto Blatt 2 bis 5 der Akten abgebildete Fahrer des gemessenen Fahrzeuges ist. Das Gericht hatte Gelegenheit, den Betroffenen in der Hauptverhandlung in Augenschein zu nehmen. Es konnte dabei festgestellt werden, dass er mit der auf dem Radarfoto abgebildeten Person identisch ist. Es handelt sich bei dem abgebildeten Fahrer wie bei dem Betroffenen um eine männliche Person mittleren Alters. Zwar ist die Augenpartie des auf dem Radarfoto abgebildeten Fahrers durch den Rückspiegel verdeckt, doch ist die restliche untere Gesichtshälfte und insbesondere die Mund und Kinnpartie gut zu erkennen. Die markante Gesichtsform des Betroffenen ist mit der Gesichtsform des abgebildeten Fahrers identisch.
Insbesondere stimmt das auf dem Radarfoto zu erkennende rechte Ohr des Fahrers mit dem rechten Ohr des Betroffenen überein, da beide abstehend sind. Auch entspricht der auf dem Foto zu erkennende dunkle Haaransatz dem Haaransatz des Betroffenen. Auch ist auf dem Radarfoto, Blatt 2 a der Akte, entgegen der Auffassung des Verteidigers das Kennzeichen des Fahrzeuges klar zu erkennen, nämlich OSHF 303, welches dem Kennzeichen des auf den Betroffenen zugelassenen.Pkw entspricht."

Es folgen sodann Ausführungen zur Ordnungsgemäßheit der Geschwindigkeitsmessung sowie zur Zumessung der Geldbuße und des Fahrverbotes.

Gegen dieses Urteil hat der Betroffene mit am selben Tage bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom 11. Oktober 1996 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese nach Zustellung der Urteilsausfertigung an den Verteidiger am 23.11.1996 mit am 20.12.1996 eingegangenem weiteren Schriftsatz seines Verteidigers begründet. Die Rechtsbeschwerde greift das Urteil mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts an und wendet sich mit näheren Ausführungen gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts, insbesondere hinsichtlich der Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des Fahrzeuges, gegen das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Geschwindigkeitsmessung und schließlich gegen die Bemessung der Rechtsfolgen insbesondere im Hinblick auf einen drohenden Arbeitsplatzverlust des Betroffenen infolge des Fahrverbotes.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils genügt nämlich nicht den Anforderungen, die an die Identifizierung des Betroffenen aufgrund des von der Geschwindigkeitsmeßanlage gefertigten Beweisfotos zu stellen sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner hierzu ergangenen Grundsatzentscheidung vom 19. Dezember 1995 (DAR 1996, 98) ausgeführt, dass es in derartigen Fällen im Regelfall nur dann keiner näheren Ausführungen des Tatrichters bedarf, wenn im Urteil gemäß § 267 Abs. 1 S.3 StPO auf ein zur Identifizierung generell geeignetes Foto verwiesen wird. Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob sich das bei den Akten befindliche Foto generell zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des Tatfahrzeuges eignet. Jedenfalls hat das Amtsgericht entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft im Urteil keine derartige Bezugnahme auf das Beweisfoto vorgenommen. Allein der Hinweis auf dieses Foto unter Angabe der Fundstelle (Blattzahlen) in der Akte stellt noch keine derartige Bezugnahme dar. Eine solche Bezugnahme muss nämlich deutlich und zweifelsfrei in den Urteilsgründen zum Ausdruck kommen (BGH, a.a.O., BayObLG, NZV 1995, 163; DAR 1996, 411). Erforderlich ist vielmehr, dass der Tatrichter zumindest zum Ausdruck bringt, dass die Bezugnahme "wegen der Einzelheiten“ des Erscheinungsbildes der auf dem Beweisfoto abgebildeten Person erfolgt (BayObLG, a.a.O.), insbesondere reicht auch nicht der Hinweis darauf, dass das Beweisfoto in Augenschein genommen wurde, da es ansonsten ohnehin nicht hätte verwertet werden dürfen (ebda.). Im vorliegenden Fall bleibt aufgrund der wiedergegebenen Formulierung des angefochtenen Urteils offen, ob die Angabe der Fundstelle des Beweisfotos lediglich dazu dienen sollte, mitzuteilen, welche Aktenteile durch das Amtsgericht in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden waren, oder ob damit etwa beabsichtigt war, diese Lichtbilder zum Gegenstand der Urteilsgründe zu machen. Damit liegen die Voraussetzungen einer eindeutigen und zweifelsfreien Bezugnahme gemäß § 267 Abs. 1 S.3 StPO gerade nicht vor.

Angesichts des Fehlens einer solchen Bezugnahme hätte das angefochtene Urteil aber Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere charakteristische Identifizierungsmerkmale so präzise beschreiben müssen, dass dem Senat in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wird, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist (BGH, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil ebenfalls nicht. Es werden vielmehr nur wenige, zudem allgemein gehaltene Identifizierungsmerkmale herausgearbeitet - männliche Person mittleren Alters, markante Gesichtsform, abstehendes Ohr, dunkler Haaransatz -, die auf eine Vielzahl von Personen zutreffen und nicht so detailliert beschrieben sind, dass sich etwa aus einer ins Einzelne gehenden Beschreibung der Merkmale zwingend der Schluss auf die Ergiebigkeit des Beweisfotos zur Identifizierung des Betroffenen ergeben hätte (vgl. dazu BayObLG, DAR 1996, 411; Senat, Beschluss vom 30. Januar 1996 - 3 Ss OWi 1491/95 OLG Hamm).

Angesichts der unzureichenden Beschreibung des Beweisfotos durch den Tatrichter und angesichts der fehlenden Bezugnahme gemäß § 267 Abs. 1 S.3 StPO, die es dem Senat ermöglicht hätte, das Beweisfoto selbst in Augenschein zu nehmen, war dem Senat die gebotene Nachprüfung der Beweiswürdigung des Amtsgerichts auf Rechtsfehler nicht möglich. Dieser Begründungsmangel führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.


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