Aktenzeichen: 3 Ss OWi 830/96 OLG Hamm
Senat: 3
Gegenstand: OWi
Stichworte: Geschwindigkeitsüberschreitung, Identifizierunganhand eines vom Verkehrsverstoß gertigten Lichbildes, Angabe des Messverfahrens und der Messtoleranz im Urteil, Angabe der Rechtskraft von Vorbelastungen, Verweisung auf Foto
Normen: StPO Abs. 1 Satz 3
Beschluss: Bußgeldsache gegen F.S.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hattingen vom 04.03.1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm an 10.12.1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hattingen zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässien Verstoßes gegen §§ 41 Abs. 1 Nr.7 (Zeichen 274,), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO in Verbindung mit § 24 StVG eine Geldbuße von 260,00 DM sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einen Monat verhängt.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene fuhr an 02.05.1995 gegen 11.36 Uhr in Sprockhövel die Schwelner Straße mit einem Pkw an der Messstelle mit einer Geschwindigkeit von 94 km/h, und zwar mindestens aus Unachtsamkeit. Die durch Verkehrszeichen angezeigte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h war somit um 44 km/h überschritten.
Seine Überzeugung davon, dass der Betroffene die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, hat der Amtsrichter wie folgt begründet:
"Dieser Sachverhalt beruht auf der Einlassung des Betroffenen und der uneidlichen Aussage des Zeugen A.S., soweit das Gericht diesen Aussagen zu folgen vermochte.
Der Betroffene hat die Fahrt bestritten. Der Zeuge hat ausgesagt, als Bruder des Betroffenen damals auch dieses Fahrzeug in Benutzung gehabt zu haben.
Der Betroffene wird indessen der Fahrt überführt aufgrund des in der Beweisaufnahme zum Beweise eingesehenen Lichtbilds. Danach ist der dort abgebildete Fahrer dem Betroffenen ähnlich, dem Bruder wesentlich unähnlicher. Die Gesichtsform ist nur bei dem Betroffenen ähnlich. Der Betroffene ist im Übrigen eingestandenermaßen der Halter des Fahrzeugs. Einen anderen möglichen Fahrer konnte er auch nicht benennen.
Damit ist der Betroffene überführt einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 41, 49 StVO, 24 StVG."
Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffene sowohl die Verletzung formellen als auch materiellen Rechts rügt.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Hattingen. Ob die außerdem erhobene Verfahrensrüge hier durchgreift, kann infolgedessen dahingestellt bleiben.
Die getroffenen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung nach §§ 41, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG. Aus dem angefochtenen Urteil lässt sich zwar entnehmen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung mit Hilfe eines Meßgerätes festgestellt worden ist. Aus den Urteilsgründen ergibt sich aber weder die Art des angewandten Meßverfahrens noch, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe von der gemessenen Geschwindigkeit ein Meßtoleranzabzug erfolgt ist. Diese Angaben wären aber, da der Betroffene die ihn vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nicht eingeräumt hat, auf jeden Fall erforderlich gewesen, um den Senat eine Kontrolle der Beweiswürdigung zu ermöglichen (vgl. BGH NJW 1993, 3081).
Die Urteilsgründe genügen außerdem nicht den Anforderungen, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an die Darlegung der Beweiswürdigung zur Identifizierung des Betroffenen anhand des bei der Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Beweisfotos zu stellen sind. Der Bundesgerichtshof (BGH NZV 1996, 157, 158) hat insoweit ausgeführt, dass dann, wenn eine prozeßordnungsgemäße Verweisung auf das Beweisfoto unterbleibt, das Urteil Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere charakteristische Identifizierungsmerlcnale so präzise beschreiben muss, dass den Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wird, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist.
Eine prozeßordnungsgemäße Verweisung auf das von dem Amtsrichter verwendete Beweisfoto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung § 71 Abs. 1 OWiG ist in dem angefochtenen Urteil nicht erfolgt. Daraus ergibt sich vielmehr lediglich, dass das Lichtbild, auf das der Amtsrichter seine Überzeugung von der Überführung des Betroffenen gestützt hat, Gegenstand der Beweisaufnahme gewesen ist. Das Beweisfoto ist daher nicht Bestandteil der Urteilsgründe geworden mit der Folge, dass es dem Senat verwehrt ist, das in den Akten befindliche Lichtbild aus eigener Anschauung zu würdigen und dahingehend zu überprüfen, ob es für eine Identifizierung des Betroffenen geeignet ist.
Die Urteilsgründe enthalten auch keine Ausführungen zur Bildqualität, insbesondere zu der Schärfe des Lichtbilds. Eine Beschreibung der auf dem Lichtbild abgebildeten Person ist ebenfalls nicht erfolgt. Vielmehr erschöpfen sich die Urteilsgründe in der Mitteilung, dass der auf dem Foto abgebildete Fahrer den Betroffenen ähnlicher sei als dessen Bruder, wobei als einziges Identifizierungsmerkmal die in übrigen nicht näher beschriebene Gesichtsform des abgebildeten Fahrers erwähnt wird. Dem Senat ist es daher auch nicht aufgrund der Ausführungen in der amtsgerichtlichen Beweiswürdigung möglich, die Tauglichkeit des Beweisfotos zur Identifizierung zu überprüfen.
Schließlich ist in Bezug auf den Rechtsfolgenausspruch zu beanstanden, dass der Amtsrichter bei der Bemessung der Höhe der zu verhängenden Geldbuße vier zuvor gegen den Betroffenen ergangene Bußgeldbescheide zu dessen Lasten berücksichtigt, aber keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob diese Bußgeldbescheide in Rechtskraft erwachsen sind.
Das angefochtene Urteil war daher gemäß § 79 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 353 Abs. 1, Abs. 2 StPO aufzuheben und gemäß § 79 Abs. 6 0WiG an das Amtsgericht Hattingen zurückzuverweisen.
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