Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1268/96 OLG Hamm
Leitsatz: Rechtsfehlerhaft ist es bei der Erörterung etwaiger wirtschaftlicher oder beruflicher Auswirkungen eines zu verhängenden Fahrverbotes auszuführe, der Grundsatz "im Zweifel für den Betroffenen" gelte insoweit nicht, deshalb seien Umstände, die zu einer Unzumutbarkeit des Fahrverbots führten, von dem Betroffenen nachzuweisen, was aber nicht geschehen sei.
Senat: 3
Gegenstand: OWi
Stichworte: Absehen von Fahrverbot, Fahrverbot, Beruhensfrage
Normen: StVG 25, StVG 24 a, BKatV 2 Abs. 4
Beschluss: Bußgeldsache gegen M.K.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Gladbeck vom 2. August 1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 28.11.1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen einstimmig beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Betroffenen zur Last (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).
Zusatz:
Zu beanstanden ist allerdings, soweit der Amtsrichter bei der Überprüfung der Frage, ob im vorliegenden Fall von der Verhängung eines Fahrverbotes gemäß § 2 Abs. 4 BKatV abgesehen werden kann, ausgeführt hat, vom Regelfahrverbot abzusehen, habe hier keine Veranlassung bestanden, da keine außergewöhnlichen Umstände ersichtlich seien, die es rechtfertigen würden, das Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße wegfallen zu lassen. Denn im Unterschied zu dem Regelfahrverbot in den Anwendungsfällen des § 24 a StVG, in denen nur Härten ganz außergewöhnlicher Art oder sonstige das äußere und innere Tatbild beherrschende außergewöhnliche Umstände ein Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes rechtfertigen können, reichen in den Fällen des § 2 Abs. 1 BKatV möglicherweise schon erhebliche Härten oder eine Vielzahl für sich genommen gewöhnlicher Umstände aus, um eine Ausnahme zu begründen (BGH NZV 1992, 117, 119; OLG Hamm, Beschluss vom 12.10.1995 - 4 Ss OWi 874/95, JMBl. NRW 96/97, Senatsbeschluss vom 18.07.1996 - 3 Ss OWi 774/96 -).
Rechtsfehlerhaft sind darüber hinaus die bei der Erörterung etwaiger wirtschaftlicher oder beruflicher Auswirkungen des zu verhängenden Fahrverbotes erfolgten Ausführungen, der Grundsatz "im Zweifel für den Betroffenen" gelte insoweit nicht, deshalb seien Umstände, die zu einer Unzumutbarkeit des Fahrverbots führten, von dem Betroffenen nachzuweisen, was aber nicht geschehen sei. Die Erfüllung einer der Tatbestände des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BKatV indiziert zwar das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, der zugleich ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, so dass es regelmäßig in diesen Fällen der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme des Fahrverbotes bedarf (BGHSt 38, 125, 134; 231, 235). Diese Indizwirkung hat aber nicht zur Folge, dass dem Betroffenen die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes aufgebürdet wird. Unter dem Gesichtspunkt des Übermaßverbotes und des Amtsaufklärungsgrundsatzes hat vielmehr das Gericht von Amts wegen zu ermitteln und zu überprüfen, ob Umstände gegeben sind, die ausnahmsweise das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigen könnten, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der konkrete Einzelfall in objektiver oder subjektiver Hinsicht zu Gunsten des Betroffenen von den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BKatV aufgeführten Regelfällen abweicht.
Gleichwohl konnte das angefochtene Urteil auch im Rechtsfolgenausspruch Bestand haben, da mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass es auf den oben dargestellten Rechtsfehlern beruht. Weder auf der Grundlage der von dem Amtsgericht getroffenen Feststellungen noch aus dem Vorbringen des Betroffenen in der Beschwerdebegründung lässt sich nämlich das Vorliegen erheblicher Härten oder das Bestehen einer Vielzahl für sich genommen nur gewöhnlicher und durchschnittlicher Milderungsgründe bejahen, so dass die Verhängung des Fahrverbotes im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Ausweislich der Feststellungen des Amtsgerichts hat das Fahrverbot für den Betroffenen keinerlei gravierende persönliche oder wirtschaftliche Auswirkungen. Das Amtsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass es keine unzumutbare Belastung für den Betroffenen darstelle, wenn er sich während der Dauer des Fahrverbotes vorübergehend auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel einrichten müsse. Auch der Umstand, dass der Betroffene - wie er in der Rechtsbeschwerde vorträgt - bei seiner beruflichen Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer eingesetzt werde, rechtfertigt keine andere Beurteilung, da konkrete berufliche Nachteile durch die Verhängung des einmonatigen Fahrverbotes weder ersichtlich noch vorgetragen sind.
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