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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1143/96 OLG Hamm

Leitsatz: Auch im Beschlussverfahren nach § 72 OWiG muss dem tatrichterlichen Urteil die Einlassung des Betroffenen zu entnehmen sein.

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Erfoderlicher Umfang der Ausführungen im Beschlussverfahren, Begründungsmangel, Beweiswürdigung, Geschwindigkeitsüberschreitung

Normen: 72 OWiG

Beschluss: Bußgeldsache gegen H.H.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gütersloh vom 15. Juli 1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05.11.1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen einstimmig beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Gütersloh zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat im Wege des Beschlusses gemäß § 72 OWiG gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 3 Abs. 3, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO, § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 200,- DM festgesetzt und dem Betroffenen für die Dauer von einem Monat untersagt, im öffentlichen Straßenverkehr Kraftfahrzeuge zu führen (§ 25 StVG). Im Rahmen der getroffenen Feststellungen hat das Amtsgericht ausgeführt, der Betroffene habe am 5. Juni 1995 in Herzebrock-Clarholz einen PKW mit einer Fahrtgeschwindigkeit von 81 km/h geführt, obwohl in diesem Bereich innerhalb der geschlossenen Ortschaft aufgrund vorangehend beidseitig der Fahrbahn aufgestellter Ortseingangsschilder eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h bestanden habe. Weiter hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung feststehe aufgrund des Meßergebnisses der stationären Überwachungsanlage des Typs Traffiphot-S und dass der Betroffene bei hinreichender Aufmerksamkeit die vorhandene Geschwindigkeitsbegrenzung rechtzeitig habe erkennen und befolgen können. Der Beschluss enthält sodann weder die Wiedergabe einer Einlassung des Betroffenen noch eine Begründung, weshalb das Amtsgericht von der Täterschaft des Betroffenen überzeugt ist.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der in allgemeiner Form die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen führt auf die allgemeine Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist materiell-rechtlich unvollständig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass den Urteilsgründen in der Regel zu entnehmen sein muss, ob und wie sich der Angeklagte bzw. Betroffene zum Schuldvorwurf geäußert hat (vgl. BGH, StV 1984, 64 (LS); OLG Köln, VRS 87, 205; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., § 267 Rdnr. 12 m.w.N.). Dieselben Anforderungen gelten auch im Bußgeldverfahren (vgl. Göhler, OWiG, 11. Aufl. § 71 Rdnr. 43 a m.w.N.), wobei es grundsätzlich ohne Bedeutung ist, ob im Wege des Urteils oder durch Beschluss gemäß § 72 OWiG entschieden wird, denn an die Begründung eines Beschlusses gemäß § 72 OWiG werden dieselben Anforderungen wie im Urteil gestellt, zumal auch der Beschluss nach § 72 OWiG mit dem gleichen Rechtsmittel angefochten werden kann wie das Urteil (vgl. Göhler, a.a.O., § 72 Rdnr. 63). Diesen Begründungserfordernissen wird der angefochtene Beschluss nicht gerecht, da weder die Einlassung des Betroffenen wiedergegeben wird noch Ausführungen dazu vorliegen, weshalb das Amtsgericht von der Täterschaft des Betroffenen überzeugt war. Hierzu fehlt jegliche Begründung, aus der sich ein Zusammenhang zwischen der Person des Betroffenen und dem Tatgeschehen herleiten ließe. Mangels einer Einlassung des Betroffenen, das Tatfahrzeug zur fraglichen Zeit benutzt zu haben, hätte das Gericht, soweit dies nach dem Akteninhalt möglich war, darlegen müssen, warum es dennoch von dessen Täterschaft überzeugt war.

Es kann dahinstehen, ob in sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung unter Umständen auf die Wiedergabe der Einlassung ohne Verstoß gegen die materiellrechtliche Begründungspflicht verzichtet werden kann (vgl. hierzu OLG Köln, VRS 87, S. 205 m.w.N.), denn ein derartiger Fall geringer Bedeutung liegt angesichts der Festsetzung einer Geldbuße in Höhe von 200,- DM sowie der Verhängung eines einmonatigen Fahrverbotes nicht vor.

Nach alledem lässt der Beschluss nicht in nachprüfbarer Weise erkennen, ob das Amtsgericht sich seine Überzeugung von der Schuld des Betroffenen in rechtsfehlerfreier Würdigung der zu erhebenden Beweise gebildet hat. Deshalb war der Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.


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