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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 218/96 OLG Hamm

Leitsatz: Es ist nicht mehr daran festzuhalten, dass die Urteilsgründe erkennen lassen müssen, dass sich der Amtsrichter der Möglichkeit bewusst war, allein gegen eine Erhöhung der Geldbuße von einem an sich verwirkten Fahrverbot absehen zu können .

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Absehen von Fahrverbot, Möglichkeit der Erhöhung der Geldbuße bei Absehen vom Fahrverbot

Beschluss: Bußgeldsache gegen Y.K. wegen Zuwiderhandlung gegen §§ 41 (Zeichen 274), 49 StVO, 24 StVG.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 1. Dezember 1995 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 18.06.1996 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Betroffenen zur Last (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).

Zusatz:
Hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht lediglich geprüft hat, "ob ausnahmsweise von der Verhängung des Fahrverbots abzusehen ist"; jedoch nicht in den Urteilsgründen dargelegt hat, dass es sich unabhängig vom Vorliegen eines Ausnahmefalles auch der generellen Möglichkeit bewusst gewesen ist, den durch das Fahrverbot angestrebten Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße erreichen zu können.
Nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NZV 92/286; NJW 92/446; 1397, - insbesondere auch die dazu ergangenen amtlichen Leitsätze -; Entscheidungen des erkennenden Senats, u. a. DAR 94/411; OLG Düsseldorf NZV 93/80 u. 81; OLG Stuttgart DAR 93/73) müßten die Urteilsgründe erkennen lassen, dass sich der Amtsrichter dieser Möglichkeit bewusst war (zustimmend Hentschel NJW 95/637).
An diesem Erfordernis ist nicht mehr festzuhalten, so dass es einer derartigen Darlegung nicht mehr notwendigerweise bedarf.
Zum einen ist nämlich aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten Zeitablaufes seit Erlass der Bußgeldkatalogverordnung davon auszugehen, dass diese Möglichkeit sämtlichen Tatrichtern, die Bußgeldsachen bearbeiten, nunmehr bewusst ist. Deshalb ist die ausdrücklich Darstellung dieses Bewußtseins in den Entscheidungsgründen entbehrlich. Ihr Fehlen stellt folglich keinen Begründungsmangel (mehr) dar.
Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24.03.1996 (DAR 1996, 196 ff) - unter Aufgabe seiner Entscheidung 2 BvL 11/69 vom 16.07.1969 (zu vgl. a.a.O., 197) - ausgeführt, dass kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliegt, wenn bei zutreffender Annahme eines Regelfalles ohne weitere Prüfung, ob anstelle des Fahrverbotes eine Erhöhung der Geldbuße als angemessene Ahndung der Verkehrsordnungswidrigkeit in Betracht komme, ein Fahrverbot unter Berücksichtigung der Schwere des Verkehrsverstoßes einerseits und der Sanktionsempfindlichkeit des Betroffenen andererseits verhängt werde (a.a.O., 199). Vielmehr wird vom Bundesverfassungsgericht akzeptiert, wenn das Tatgericht lediglich geprüft hat, ob Ausnahmeumstände vorliegen, die zur Vermeidung einer unangemessenen Sanktion ein Absehen von der Anordnung eines Fahrverbotes gebieten. Sind solche Ausnahmeumstände weder vorgetragen noch ersichtlich, so sollen nähere Darlegungen hierzu nicht erforderlich sein (a.a.O., 198 f). Einer weiteren Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne bedarf es dementsprechend nicht, zumal dem Übermaßverbot in der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung des § 2 BKatV (zu vgl. BGH NJW 1992, 446, 448 und NJW 1992, 1397, 1398) nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts generell ausreichend Rechnung getragen wird (a.a.O., 198).
Folgerichtig ist es dann auch entbehrlich, dass der Tatrichter in den Entscheidungsgründen sein Bewußtsein von der Möglichkeit darlegt, den durch das Fahrverbot angestrebten Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße erreichen zu können. Unterläßt der Tatrichter - wie hier - diese Darlegung, so kann darin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folglich kein Begründungsmangel mehr gesehen werden.


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