Aktenzeichen: 3 Ss OWi 100/97 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Annahme eines Härtefalles, wenn der Betroffene als Außendienstmitarbeiter in einem Team arbeitet
Senat: 3
Gegenstand: OWi
Stichworte: Absehen von Fahrverbot, Geschwindigkeitsüberschreitung
Normen: StvG 25, 2 Abs. 4 BKatV
Beschluss: Bußgeldsache gegen A.D.,
wegen Zuwiderhandlung gegen § 3 StVO.
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 28. Oktober 1996 gegen das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 21. Oktober 1996 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 11. 03.1997 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, der Betroffenen und ihres Verteidigers beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit dem diesem zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Herford zurückverwiesen.
Gründe:
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht Herford die Betroffene wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 StVO mit einer Geldbuße von 400,- DM belegt. Von der Verhängung eines Fahrverbots hat das Amtsgericht abgesehen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist und der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.
Die Rechtsmittelbeschränkung erweist sich als zulässig. Damit ist der Schuldspruch des angefochtenen Urteils in Rechtskraft erwachsen. Die tatsächlichen Feststellungen zum Schuldspruch sind unanfechtbar geworden.
Somit steht fest, dass die Betroffene am Vormittag des 19. April 1996 mit ihrem PKW - amtliches Kennzeichen HF-DA 505 - die gut ausgebaute Lübbecker Straße in Bünde in Fahrtrichtung Hüller befuhr. Sie überschritt dabei die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h. Eine um 08.30 Uhr in Höhe des Kilometers 1,2 mittels eines Radargeräts des Typs Traffipax Speedophot durchgeführte Geschwindigkeitsmessung ergab eine Geschwindigkeit von 80 km/h. Hiervon hat das Amtsgericht einen Toleranzwert von 3 km/h abgezogen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung fahrlässig begangen hat.
Im Rahmen des Rechtsfolgenausspruchs hat sich das Amtsgericht an den Regelmaßnahmen des Bußgeldkatalogs/der Bußgeldkatalogverordnung orientiert. Es ist alsdann unter Berücksichtigung einer am 13. Mai 1995 rechtskräftig gewordenen Vorbelastung der Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen eines Regelfalls gemäß § 2 Abs. 2 BKatV für die Verhängung eines Fahrverbots vorliegen. Gleichwohl hat das Amtsgericht unter Erhöhung der Geldbuße auf 400,- DM von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen mit Rücksicht auf berufliche Nachteile, die die Betroffene im Fall der Vollstreckung eines Fahrverbots zu gewärtigen hätte und von denen das Amtsgericht aufgrund der Einlassung der Betroffenen ausgegangen ist. Insoweit hatte die Betroffene unwiderlegt ausgeführt, sie sei als Außendienstmitarbeiterin ihrer Beschäftigungsfirma (Firma Vorwerk) täglich mit einem Team unterwegs und täglich auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen. Falls sie diese vorübergehend verliere, habe dies zwingend zur Folge, dass sie aus dem Team ausscheide. Insofern sei es auch nicht möglich, für die Zeit des Verlusts des Führerscheins Urlaub zu nehmen, da ihr ein entsprechendes Urlaubskontingent nicht zur Verfügung stehe.
Gegen das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots richtet sich die mit näheren Ausführungen begründete Rechtsbeschwerde. Diese Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht die Nichtanordnung des Fahrverbots begründet hat (§ 2 Abs. 4 BKatV), halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie rechtfertigen nicht die Annahme eines Härtefalls i.S. dieser Vorschrift.
Einigkeit besteht in der obergerichtlichen Rechtsprechung dahin, dass nicht jeder berufliche Nachteil eine Ausnahme vom Regelfahrverbot rechtfertigt, sondern nur eine Härte außergewöhnlicher Art, wie etwa der drohende Verlust der wirtschaftlichen Existenz (vgl. OLG Hamm DAR 1996, 325; OLG Hamm NZV 1995/366). Insoweit fehlen jegliche für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbare Feststellungen dazu, ob die Verhängung eines Fahrverbots konkret zum Verlust ihres Arbeitsplatzes geführt hätte. Abgesehen davon, dass das Amtsgericht vorliegend die Einlassung der Betroffenen ungeprüft übernommen hat, rechtfertigen schon die Angaben der Betroffenen nicht die Annahme eines Härtefalls. Schon die von ihr angegebene Tätigkeit in einem Team gibt Anlass zu der Annahme, dass die Betroffene z.B. für die Dauer eines Monats ihren Fahrdienst im Tauschwege von einem anderen Mitglied des Teams ausfahren lassen könnte. Dies sowie das weitere Vorbringen der Betroffenen, ihr stehe kein entsprechendes Urlaubskontingent zur Verfügung, um die Dauer eines Fahrverbots zu überbrücken, hätte das Amtsgericht nicht ungeprüft seiner rechtlichen Beurteilung zugrundelegen dürfen; es hätte vielmehr insoweit Nachprüfungen anstellen müssen. Bisher mangelt es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage für die Annahme eines Härtefalls.
Bei dieser Sachlage war das angefochtene Urteil im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Herford zurückzuweisen.
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