Aktenzeichen: 3 BL 452/97 OLG Hamm
Senat: 3
Gegenstand: Haftprüfung durch das OLG
Stichworte: Fluchtgefahr, Tatverdacht
Normen: StPO 112, StPO 121, StPO 122
Beschluss: Strafsache gegen 1. D.B. und 2. N.K.r und 3. S.J. und 4. O.A. wegen schwerer räuberischer Erpressung,
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).
Auf die Vorlage der Akten zur Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, der Angeschuldigten und ihrer Verteidiger beschlossen:
Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird hinsichtlich aller vier Angeschuldigten angeordnet.
Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.
Gründe:
Die Angeschuldigten B. und A. befinden sich nach vorläufiger Festnahme vom 29. Juni 1997 aufgrund von Haftbefehlen des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 30. Juni 1997 (5 Gs 374/97 B.; 5 Gs 375/97 A.) seit diesem Tage in Untersuchungshaft. Die Angeschuldigten K. und J. wurden am 27. Juni 1997 vorläufig festgenommen und befinden sich aufgrund von Haftbefehlen des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 28. Juni 1997 (5 Gs 371/97 K.; 5 Gs 372/97 J.) seit diesem Tage in Untersuchungshaft. Ihnen wird mit den genannten Haftbefehlen vorgeworfen, sich am 25. Juni 1997 gemeinschaftlich handelnd der schweren räuberischen Erpressung unter Mittäterschaft noch weiterer Mitbeschuldigter strafbar gemacht zu haben, wobei der Angeschuldigte A. als Heranwachsender handelte. Sie sollen am frühen Morgen des 25. Juni 1997 aufgrund eines vom Angeschuldigten B. ausgearbeiteten und vorbereiteten Tatplanes in dessen Abwesenheit einen Überfall auf den im Schnellrestaurant Mc Donald's in Löhne tätigen Schichtführer A. verübt haben. Mit einem nicht geladenen Schreckschußrevolver und einer Spielzeugpistole, die einer echten Waffe täuschend ähnlich sah, sollen sie den Zeugen Ahmad zum Öffnen des Safes und Herausgabe des darin befindlichen Geldes gezwungen haben, wobei letztlich einer der Mittäter dem Zeugen A. den sogenannten Masterschlüssel, der zum Öffnen des Tresors erforderlich war, weggenommen haben soll. Wegen der Einzelheiten der den Angeschuldigten vorgeworfenen Taten wird auf die genannten Haftbefehle Bezug genommen. In den Haftbefehlen vom 28. Juni 1997 war allerdings noch irrtümlich davon ausgegangen worden, dass der Mittäter A ein Opfer des Überfalls gewesen sei.
Der Tatvorwurf in den Haftbefehlen steht in Einklang mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 14. November 1997. Die Angeschuldigten, die mit Ausnahme des Angeschuldigten A. jede Tatbeteiligung bestreiten - der Angeschuldigte A. hat pauschal seine Mittäterschaft eingeräumt - sind der ihnen vorgeworfenen Tat dringend verdächtig. Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus den in der Anklageschrift zutreffend zusammengestellten Beweismittel. Hinsichtlich des Angeschuldigten B. hat sich der Senat bereits im Beschluss vom 9. Oktober 1997 eingehend mit dem Vorliegen des dringenden Tatverdachts befaßt und diesen bejaht. Auch hinsichtlich der übrigen Angeschuldigten bestehen keine Zweifel am dringenden Tatverdacht. Dieser wird noch erhärtet, dadurch dass der Angeschuldigte A. nach der Senatsentscheidung vom 9. Oktober 1997 seine Tatbeteiligung pauschal eingeräumt hat.
Es liegt hinsichtlich aller vier Angeschuldigten auch der in den Haftbefehlen angenommene Haftgrund der Fluchtgefahr vor. Die Angeschuldigten K.und Jar, die aus Afghanistan stammen, haben in der Bundesrepublik Asylanträge gestellt und haben befristete Arbeitserlaubnisse, aufgrund deren sie bei der Firma Mc Donald's in Löhne tätig waren. Der Angeschuldigte A. ist 1994 durch Fluchthelfer in die Bundesrepublik gelangt und lebt hier von Sozialhilfe. Soziale Bindungen bestehen bei diesen drei Angeschuldigten in der Bundesrepublik nicht. Alle vier Angeschuldigten haben im Falle der Verurteilung mit einer hohen vollstreckbaren Freiheitsstrafe/Jugendstrafe zu rechnen. Dies stellt erfahrungsgemäß einen beträchtlichen Fluchtanreiz dar, der bei allen vier Angeschuldigten nicht durch die persönlichen Verhältnisse in einem Maßnahmen nach § 116 StPO erlaubenden Umfang herabgemindert wird. Bezüglich des Angeschuldigten B. hat sich der Senat bereits im Beschluss vom 9. Oktober 1997 mit der Frage der Fluchtgefahr befaßt und diese bejaht. Der Umstand, dass dieser Angeschuldigte nunmehr einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem Ingenieurbüro R. vom 10. November 1997 vorlegt, wonach er bis zum 30. Juni 1998 in diesem Büro tätig sein kann, lässt eine günstigere Beurteilung der Haftfrage nicht zu. Nach Auffassung des Senats erscheint dieses nur befristete Arbeitsverhältnis nicht geeignet, mildere Maßnahmen an den Vollzug der Untersuchungshaft anzuordnen. Der Senat hat daher davon abgesehen, das Original des lediglich in Fotokopie vorliegenden befristeten Arbeitsvertrages und die nicht beigefügte Anlage zum Arbeitsvertrag, die als Vertragsbestandteil gelten soll, von der Verteidigung anzufordern.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist bei allen vier Angeschuldigten gewahrt. Die bisher erlittene Freiheitsentziehung steht nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und zu der im Verurteilungsfall zu erwartenden Freiheitsstrafe.
Es liegen auch die besonderen Voraussetzungen des § 121 StPO vor, unter denen die Untersuchungshaft länger als sechs Monate andauern darf. Das Verfahren ist mit der gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Nach umfangreichen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld die Anklageschrift am 14. November 1997 erstellt. Die Strafkammer hat die Zustellung der Anklageschrift am 19. November 1997 verfügt und den Angeschuldigten eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gewährt. Im Anschluß hieran war die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens vorgesehen. Bei dieser Sachlage liegen keine Umstände vor, die eine Aufhebung des Haftbefehls zur Folge haben müßten. Vielmehr war bei allen vier Angeschuldigten die weitere Fortdauer dieser Untersuchungshaft anzuordnen.
Die Nebenentscheidung beruht auf § 122 Abs. 3 StPO.
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