Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss 1413/97 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Vereidigung des Mittäters, Vereidigungsverbot, Beruhensfrage

Normen: 60 Nr. 2, StPO 337


Beschluss: Strafsache gegen M.K.,
wegen Diebstahls.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der kleinen Strafkammer VI a des Landgerichts Bielefeld vom 14. August 1997 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.12.1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht Gütersloh hatte den Angeklagten wegen versuchten Diebstahls sowie wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Berufung erstrebte der Angeklagte seine Freisprechung. Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat die Strafkammer jedoch die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate herabgesetzt wurde.

Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte in der Nacht zum 30. Dezember 1994 zusammen mit seinem Bruder Ü.K. und dem Zeugen W.L. versucht hat, nach Aufbruch einer Hintertür zum Firmengebäude eines Matratzenmarktes Concord in Gütersloh mitnehmenswerte Gegenstände zu stehlen. Während der Zeuge W.L., der Schmieregestanden hatte, sich wegen des beim Aufbrechen entstandenen großen Lärms aus Angst vor Entdeckung entfernt hatte, gaben der Angeklagte und sein Bruder die weitere Durchführung der Tat auf, weil sie keine mitnehmenswerte Gegenstände am Tatort fanden.

Weiterhin stellte die Strafkammer fest, dass der Angeklagte gemeinsam mit dem Zeugen L. am 15. oder 16. April 1995 nach Einbruch in eine Sparkassenfiliale in Bottrop-Kirchellen aus Kundenschließfächern für Kontoauszüge nach Aufbruch 12.000,- DM erbeuteten.

In der Nacht zum 30. April 1995 entwendete der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen gemeinsam mit seinem Bruder und dem Zeugen W.L. auf dieselbe Weise 3.600,- DM aus Kundenschließfächern für Kontoauszüge bei der Sparkasse in Soest.

Schließlich erbeutete der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen gemeinsam mit dem Zeugen L. am 25. Mai 1994 (gemeint ist 1995) aus Kundenschließfächern bei der Sparkasse Herne einen Betrag von 40.000,- DM.

Der Angeklagte hatte ausweislich der Urteilsgründe jegliche Beteiligung an den ihm vorgeworfenen Taten in Abrede gestellt. Zu der Überzeugung, dass der Angeklagte gleichwohl die ihm vorgeworfenen Taten begangen hat, ist die Strafkammer letztlich allein aufgrund der Aussage des Zeugen W.L. Lemoine gelangt. Sie hat die Glaubhaftigkeit der Aussagen dieses Zeugen und die Glaubwürdigkeit des Zeugen im einzelnen geprüft und bejaht und ist dessen Aussage "in vollem Umfang gefolgt" (U.A. S. 12). Auf Antrag der Verteidigung und auf Anordnung des Vorsitzenden hat die Kammer den Zeugen W.L., der ausweislich der Urteilsgründe des vorliegenden Verfahrens in seinem eigenen Verfahren vor der III. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld wegen der vorstehend erörterten Vorfälle vom 15. oder 16. April 1995, 30. April 1995 und 25. Mai 1995 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden ist, vereidigt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der in zulässiger Weise gerügt wird, dass die Strafkammer mit der Vereidigung des Zeugen L. gegen das Vereidigungsverbot des § 60 Nr. 2 StPO verstoßen habe.

Die in zulässiger Weise erhobene Verfahrensrüge hat - zumindest vorläufigen - Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Nach § 60 Ziffer 2 StPO ist von der Vereidigung einer Person u.a. dann abzusehen, wenn die Person wegen der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet oder aber der Beteiligung an ihr verdächtig ist oder deswegen bereits verurteilt ist. Das hat die Strafkammer mißachtet. Der Angeklagte ist auch nicht gehindert, dies geltend zu machen: Auch wenn die Vereidigung auf Anordnung des Vorsitzenden erfolgt ist und eine Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 StPO seitens der Verteidigung unterblieben ist, kann sich der Angeklagte auf den Verstoß gegen § 60 Ziffer 2 StPO berufen; denn damit hat nicht nur der Vorsitzende sondern auch das Gericht bei der Beweiswürdigung durch die Verwertung der Aussage des Zeugen L. als eidliche Aussage gegen das Verfahrensrecht verstoßen (Karlsruher Kommentar, StPO, 3. Aufl., § 60 Rdz. 38; BGHSt 20, 98, 99).

Zutreffend hat die Revision auch dargelegt, dass vorliegend die Verurteilung des Angeklagten auf einer Verletzung des § 60 StPO beruhen kann. Maßgeblich ist insoweit, ob ein unter Einhaltung der Verfahrensvorschriften durchgeführtes Verfahren zu dem selben Ergebnis geführt haben würde oder nicht. Im Regelfall lässt sich nicht ausschließen, dass einem vereidigten Zeugen gerade wegen der Vereidigung eine größere Glaubwürdigkeit beigemessen wird (BGHSt 4/130, 131).
Vorliegend hat die Strafkammer im Rahmen einer Erörterung, ob der Zeuge L. den Angeklagten etwa aus Rache wegen eines von anderen Zeugen nur behaupteten.oder aber tatsächlich stattgefunden sexuellen Verhältnisses des Angeklagten zur Ehefrau des Zeugen L. zu Unrecht belastet haben könnte, folgendes ausgeführt:
"Selbst wenn man unterstellt, ein solches Verhältnis habe bestanden oder aber der Zeuge W.L. habe ein solches einfach geglaubt, reicht dies als Grund für eine Falschbelastung nicht aus. Denn der Zeuge W.L., dessen eigenes Verfahren abgeschlossen ist, hat unter Eid ausgesagt. Er läuft daher Gefahr, im Falle einer Falschaussage erheblich bestraft zu werden." (U.A. Seite 2,3 zweitletzter Absatz)."
Bei dieser Sachlage lässt sich nicht ausschließen, dass die Kammer gerade mit Rücksicht auf die Eidesleistung des Zeugen L. von dessen besonderer Glaubwürdigkeit ausgegangen ist.

Daher kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war vielmehr mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben. Die Sache war zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückzuverweisen.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".