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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1272/97 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Durchentscheidung, Sicherung von Ladung, Tateinheit, Überladung, Verschlechterungsverbot, VDI-Richtlinie 2700, Zurren, Tatmehrheit

Normen: StVO 22, StVO 23, StVZO 24, StVZO 34


Beschluss: Bußgeldsache gegen N.G.,
wegen fahrlässiger Überladung eines Kraftfahrzeugs u.a..

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 26.08.1997 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 12.08.1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 16. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgerichtnach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 5, 6 OWiG beschlossen:

1. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

2. Gegen den Betroffenen wird wegen einer tateinheitlichen fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit nach §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO, §§ 24 S.2, 34 Abs. 3 S.3, 42 Abs. 1, 69 a Abs. 2 Nr. 9 a; Abs. 3 Nr. 4 StVZO i.V.m. § 24 StVG, § 19 Abs. 1 OWiG eine Geldbuße in Höhe von 220,00 DM festgesetzt.

3. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Rechtsbeschwerde.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Bielefeld hat gegen den Betroffenen mit Urteil vom 12.08.1997 wegen zweier fahrlässiger Verstöße gegen §§ 34 Abs. 3 S.3, 42 Abs. 1, 69 a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von jeweils 50,- DM und wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO, § 24 StVG eine Geldbuße von 100,- DM sowie wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 24 S.2, 69 a Abs. 2 Nr. 9 a StVZO, § 24 StVG eine Geldbuße von 20,- DM festgesetzt.

Der Verurteilung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

"Der jetzt 54-jährige Angeklagte (richtig: Betroffene) ist Geschäftsführer der Firma H.-GmbH. Diese ist Halterin des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen PI-LV 983 sowie des Anhängers mit dem amtlichen Kennzeichen PI-HJ 248. Bei dem Anhänger handelt es sich um einen einachsigen Anhänger. Das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers beträgt 1250 kg. Die zulässige Anhängelast des PKW beträgt 1300 kg.

Mit dem PKW nebst Anhänger befuhr der Betroffene am 18.02.1997 gegen 10.15 Uhr die BAB 2 in Fahrtrichtung Dortmund. Der Anhänger war mit einer Lieferung Holzbretter sowie anderen Holzteilen und Sperrholzbrettern beladen. Die Ladung reichte über die seitlichen Rahmenbegrenzungen des Anhängers hinaus. Zwischen der Ladung befand sich eine wasserundurchlässige Plane. Hierzu wird ergänzend auf Bl. 17 - 19 d.A. verwiesen. Die Ladung war mit seitlichen Spanngurten befestigt. Nach vorn und hinten befand sich jeweils ein schmales Seil. Auch hierzu wird ergänzend auf Bl. 17 - 19 d.A. verwiesen. Die Spanngurte waren zum Teil nicht fest angezogen. Vielmehr ließen sie sich mit der Hand von der Ladung abheben. Bei der auf dem Gelände der Firma T. Fleisch in Rheda-Wiedenbrück durchgeführten Messung wurde ein Gesamtgewicht des Anhängers im angekuppelten Zustand in Höhe von 1660 kg festgestellt (Bl. 10 d.A.). Dabei befand sich in dem Anhänger sowie auf der wasserundurchlässigen Plane eine größere Menge Regenwasser. Der Betroffene war mit dem Gespann von Wedel aus bereits ca. 14 Stunden unterwegs gewesen. Während der Fahrt hatte es überwiegend geregnet. Schließlich führte der Betroffene keinen Fahrzeugschein mit sich."

Das Amtsgericht ist von einer tatmehrheitlichen Begehung der von ihm festgestellten Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung sowie gegen die Straßenverkehrszulassungsordnung ausgegangen und hat die o.g. Geldbußen gegen den Betroffenen festgesetzt.

Gegen das in Abwesenheit des Betroffenen verkündete und ihm am 21.08.1997 zugestellte Urteil hat er mit am 27.08.1997 bei den Bielefelder Justizbehörden eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers Rechtsbeschwerde eingelegt- und diesem mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Insbesondere rügt der Betroffene die fehlerhafte Annahme von Tatmehrheit durch das Amtsgericht.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat auch in der Sache zunächst Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Der Senat hat aber von der Möglichkeit des § 79 Abs. 6 OWiG Gebrauch gemacht und in der Sache selbst entschieden, da das Amtsgericht den Sachverhalt umfassend aufgeklärt und festgestellt hat und auch nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde keinerlei aufklärungsbedürftige tatsächliche Umstände mehr ersichtlich sind.

Das Amtsgericht hat aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen zutreffend erkannt, dass der Betroffene gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung über die Verantwortlichkeit des Fahrzeugführers für eine verkehrssicherere Beladung (§§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO) sowie der Straßenverkehrszulassungsordnung über die Verpflichtung zum Beisichführen des Fahrzeugscheins (§§ 24 S.2, 69 a Abs. 2 Nr. 9 a StVZO) und hinsichtlich der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts und der zulässigen Anhängelast (§§ 34 Abs. 3 S.3, 42 Abs. 1, 69 a Abs. 3 Nr. 4 StVZO) zumindest fahrlässig verstoßen hat.

Das Überschreiten des zulässigen Gesamtgewichts sowie der höchstzulässigen Anhängelast hat der Betroffene eingeräumt. Seine Einlassung, die Gewichtsüberschreitungen des Hängers seien auf angesammeltes Regenwasser zurückzuführen, hat das Amtsgericht im Hinblick auf den von ihm angenommenen fahrlässigen Verstoß gegen die genannten Verkehrsvorschriften zutreffend als unerheblich angesehen. Insoweit hat es ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass der Betroffene das Ansammeln von Regenwasser während der 14-stündigen Fahrt mit dem Anhänger hätte überwachen und ggf. durch geeignete Maßnahmen Abhilfe gegen eine Überschreitung der zulässigen Gewichte hätte treffen müssen.

Auch die Einlassung des Betroffenen, er habe die Ladung hinreichend mit seitlichen Spanngurten gesichert, hat das Amtsgericht zutreffend als widerlegt angesehen. Insoweit steht nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme aufgrund der Bekundungen des Zeugen S. fest, dass die seitlichen Spanngurte nicht fest angezogen waren, vielmehr von dem Zeugen mit zwei Fingern ohne weiteres einige Zentimeter angehoben werden konnten, was im Übrigen auch durch Lichtbilder dokumentiert ist. Weiter steht fest, dass die Ladung nach vorne und hinten lediglich durch ein dünnes Seil gesichert war und im Übrigen über die seitlichen Laderaumbegrenzungen des Anhängers hinausragte. Insbesondere unter Zugrundelegung der VDI-Richtlinie 2700 "Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen", die nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung bei der Bestimmung der nach § 22 Abs. 1 StVO erforderlichen Sicherungsmaßnahmen allgemein im Sinne eines objektivierten Sachverständigengutachtens zu beachten ist (OLG Koblenz, NZV 1992, 163; OLG Düsseldorf, VM 1990, 15; VM 1993, 24; 70) liegt hier eine nicht verkehrssichere Beladung des Fahrzeuganhängers vor. Nach Ziffer 2.4 der VDI-Richtlinie 2700 müssen die verwendeten Zurrmittel der Richtlinie VDI 2701 entsprechen, weiterhin sind diese Zurrmittel mit den sich aus der Richtlinie VDI 2702 ergebenden Zurrkräften festzuzurren. Zurrmittel i.S.d. VDI-Richtlinie 2701 sind aber allein Zurrgurte, Zurrketten oder Zurrdrahtseile, nicht aber ein solches dünnes Seil, wie es von dem Betroffenen zur Sicherung der Ladung des Anhängers nach vorne und hinten verwendet worden ist. Die VDI-Richtlinie 2702 sieht zum Niederzurren von Ladeeinheiten definierte Mindest-Vorspannkräfte vor. Damit ist es unabhängig von der Höhe der hier erforderlichen Vorspannkraft jedenfalls nicht vereinbar, wenn die Zurrmittel so lose um die Ladung gelegt werden, dass sie bereits von Hand einige Zentimeter angehoben werden können. Darüber hinaus sieht Ziffer 3.1.2.2 der VDI-Richtlinie 2700 für die Verladung u.a. von Schnittholz, das sich auch hier in oberster Lage auf dem Anhänger befand, vor, dass auf eine seitliche und hintere Laderaumbegrenzung nur dann verzichtet werden soll, wenn durch Zurren, Abstützen oder andere Maßnahmen allseitig die notwendigen Sicherungskräfte aufgebracht werden können, während eine Stirnwand unbedingt vorhanden sein sollte. Diese Voraussetzungen liegen hier ebenfalls nicht vor. Auf die seitliche und hintere Laderaumbegrenzung konnte schon deshalb nicht verzichtet werden, weil hier wie ausgeführt durch das Niederzurren mit zu geringer Zurrkraft und durch die Verwendung des dünnen Seils die notwendigen Sicherungskräfte nicht aufgebracht worden waren und die Stirnwand gänzlich fehlte, stattdessen allein das genannte Seil zur Ladungssicherung in Längsrichtung diente.

Rechtsfehlerhaft ist damit allein die Annahme von Tatmehrheit durch das Amtsgericht. Die von dem Amtsgericht festgestellten Verstöße stehen vielmehr im Verhältnis der Tateinheit zueinander. Die Überschreitung der zulässigen Anhängelast bzw. des zulässigen Gesamtgewichtes stellt ebenso ein Beschaffenheitsdelikt dar, wie der verkehrssichere Zustand der Ladung. Es handelt sich hierbei ebenso wie bei dem Nichtmitsichführen des Fahrzeugscheines um Dauerordnungswidrigkeiten, die mit dem Inbetriebsetzen des Fahrzeugs beginnen und erst mit dessen Anhalten beendet sind (vgl. BGHSt 6, 229, 230 f; BGH VRS 52, 129, 130 f; Hamm DAR 1976, 138) und die aufgrund der so gegebenen Identität der Ausführungshandlungen zueinander jeweils im Verhältnis der Tatmehrheit gemäß § 19 Abs. 1 OWiG stehen (BGHSt 6, 229, 230; VRS 52, 129, 130; OLG Stuttgart, VRS 60, 64; OLG Hamm VRS 51, 63 und DAR 1976, 138). Der Senat hatte daher gemäß § 79 Abs. 6 S.1 OWiG eine neue Geldbuße gegen den Betroffenen wegen tateinheitlichen Verstoßes gegen die genannten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und der Straßenverkehrszulassungsordnung festzusetzen. Innerhalb des dafür gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 OWiG zur Verfügung stehenden Bußgeldrahmens, der bis zu einer Höchstgeldbuße von 500,- DM für fahrlässiges Handeln reicht da sämtliche Verstöße eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG darstellen, gelangt § 19 Abs. 2 OWiG nicht zur Anwendung (vgl. Göhler, OWiG, 10. Aufl., § 19 Rdnr. 5 m.w.N.) - erschien dem Senat eine Geldbuße in Höhe von 220,- DM als mindestens angemessen. Dabei mußte insbesondere berücksichtigt werden, dass der Anhänger des Betroffenen um insgesamt etwa 33 % unter Berücksichtigung eines Toleranzabzuges von 5 % (Stuttgart, NZV 1996, 417) noch um 27 % überladen war. Die Tabelle 3 b zur BKatV sieht aber bereits für die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts um mehr als 30 % eine Regelbuße von 250,- DM bzw. um mehr als 25 % von 150,- DM nur für diesen Verstoß vor. Angesichts der Regelbußen in Höhe von 100,- DM für die unvorschriftsmäßige Beladung des Anhängers unter wesentlicher Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und von 20,- DM für den Verstoß gegen § 24 S.2 StVZO liegt diese Geldbuße auch unter Berücksichtigung der beruflichen Stellung des Betroffenen im unteren Bereich des Vertretbaren, die Festsetzung einer höheren Geldbüße war dem Senat allerdings aufgrund des Verschlechterungsverbotes verwehrt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 465 Abs. 1 Satz 1; 473 Abs. 1 StPO.


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