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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 112/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Die Anordnung der Entnahme einer Speichelprobe sowie deren molekulargenetische Untersuchung setzt nicht eine rechtkräftige Verurteilung voraus.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Anordnung der Entnahme einer Speichelprobe, molekulargenetische Untersuchung, schwere räuberische Erpressung, Beihilfe, Zuständigkeit, rechtskräftige Verurteilung, DNA

Normen: StPO 81 a, StPO 81 f, StPO 81 g, DNA-IdentitätsfeststellungsG 2

Beschluss: Strafsache gegen A.M. wegen schwerer räuberischer Erpressung, (hier: Beschwerde der Angeklagten gegen die Anordnung der Entnahme einer Speichelprobe sowie deren molekulargenetische Untersuchung und Beschwerde der Angeklagten gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses).

Auf die Beschwerde der Angeklagten vom 22. März 2000 gegen den Beschluss des Landgerichts Bochum - auswärtige Jugendkammer Recklinghausen - vom 10. März 2000 sowie die Beschwerde der Angeklagten vom 30. März 2000 gegen den Beschluss der Jugendkammer vom 27. März 2000 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.04.2000 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

1. Die Beschwerde vom 22. März 2000 wird auf Kosten der Angeklagten verworfen.

2. Die Beschwerde vom 30. März 2000 wird für gegenstandslos erklärt.

Gründe:
Die Staatsanwaltschaft Bochum hat gegen die Angeklagte mit Datum vom 14. Dezember 1999 bei dem Landgericht Bochum - auswärtige Jugendkammer Recklinghausen - Anklage wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen erhoben. Das Landgericht hat gegen sie wegen dieser Straftaten Haftbefehl erlassen.

Mit Beschluss vom 10. März 2000 hat die Jugendkammer die Entnahme einer Speichelprobe der Angeklagten sowie deren molekulargenetische Untersuchung angeordnet. Gegen diesen Beschluss hat sie mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 22. März 2000 Beschwerde eingelegt. Den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses hat die Jugendkammer mit Beschluss vom 27. März 2000 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hat sie mit Schriftsatz ihres Verteidigers vom 30. März 2000 "sofortige" Beschwerde eingelegt. Die Jugendkammer hat der Beschwerde vom 22. März 2000 nicht abgeholfen.

Die gegen den Beschluss vom 10. März 2000 gemäß § 305 S. 2 StPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Die angeordnete richterliche Untersuchungshandlung fällt in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Strafgerichte (vgl. BGH StV 99, 302 m.w.N.). Innerhalb der Strafgerichtsbarkeit ist nach Erhebung der Anklage bis zum rechtskräftigen Abschluss der Strafsache das erkennende Gericht, hier also die Jugendkammer, zuständig (vgl. BGH a.a.O.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 81 g Rdnr. 12).

Die gemäß §§ 81 a, f und g StPO angeordnete Entnahme einer Speichelprobe sowie deren molekulargenetische Untersuchung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die - zumindest teilgeständige - Angeklagte ist aufgrund der durchgeführten Ermittlungen der schweren räuberischen Erpressung in drei Fällen verdächtig, wobei es auf den Grad des Tatverdachts nicht ankommt. Bereits die einfache Erpressung ist eine der in § 81 g Abs. 1 StPO aufgeführten Katalogstraftaten.

Darüber hinaus liegen - als weitere Voraussetzung - Erkenntnisse vor, die Grund zu der Annahme geben, dass die Angeklagte auch künftig Straftaten begehen wird, die nach den in § 81 g StPO vorausgesetzten Maßstäben zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O. Rdnr. 5; Burhoff, Ermittlungsverfahren, 2. Aufl., Rn. 267 c).

Die jetzt 19 Jahre alte Angeklagte nimmt nach ihren eigenen Angaben seit ihrem 11. Lebensjahr Drogen. Ihr Lebenslauf weist seit ihrem 12. Lebensjahr diverse Aufenthalte in Heimen und Therapieeinrichtungen auf. Sie ist bereits wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Jugendstrafe von 10 Monaten verurteilt worden. Die ursprüngliche Aussetzung der Vollstreckung ist zwischenzeitlich widerrufen worden. Die der Angeklagten nunmehr im vorliegenden Verfahren zur Last gelegten schweren Straftaten sind als Fortsetzung ihrer mehrjährigen Drogenkarriere anzusehen, so dass nach allem auch in Zukunft, da eine Stabilisierung ihrer Lebensverhältnisse nicht absehbar ist, mit weiteren Straftaten im Bereich der Betäubungsmittel- und Beschaffungskriminalität zu rechnen ist.

Zu den von der Verteidigung vorgetragenen Bedenken, die Anordnung einer Maßnahme nach § 81 g StPO setze eine rechtskräftige Verurteilung voraus, ist anzumerken, dass diese Auffassung im Gesetz keine Stütze findet. Ganz im Gegenteil belegt § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes, wonach Maßnahmen, die nach § 81 g StPO zulässig sind, auch durchgeführt werden können, wenn der Betroffene wegen einer der in § 81 g Abs. 1 StPO genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist, den unmissverständlichen gesetzgeberischen Willen, die fraglichen Maßnahmen jederzeit, vorausgesetzt, der Betroffene ist einer der genannten Straftaten verdächtig, zu veranlassen.

Fehl geht schließlich auch die Auffassung der Verteidigung, gerade die der Angeklagten zur Last gelegte Begehungsform des "Schmierestehens" lasse nicht erwarten, dass hierbei Körperzellen abgesondert werden, die der späteren Identifizierung dienen könnten, so dass für eine Anordnung gemäß § 81 g StPO kein Raum sei. Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass die Anwesenheit eines Täters am Tatort ohne weiteres zur Absonderung von Körperzellen, etwa von Haaren oder Speichel an Zigarettenresten, führen kann.

Die Beschwerde vom 22. März 2000 war daher nach alledem mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Mit dieser Entscheidung des Senats geht der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Kammerbeschlusses vom 10. März 2000 ins Leere, so dass die gegen die ablehnende Kammerentscheidung vom 27. März 2000 gerichtete Beschwerde damit gegenstandslos ist.


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