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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 124/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Will das Berufungsgericht trotz geringeren Schuldumfangs dieselbe Strafe wie das Erstgericht aussprechen, bedarf dies einer besonderen Begründung.

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch, Wahrunterstellung der eingeschränkten Steuerungsfähigkeit, Berufung verhängt dieselbe Strafe wie das Amtsgericht trotz neuer Bejahung des § 21 StGB, eingehende Begründung, nähere Darlegung, Darlegungsmangel

Beschluss: Strafsache gegen E. und S.,
hier: gegen L.E.,
wegen Diebstahls.

Auf die Revision der Angeklagten E. gegen das Urteil der XVI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 26. Oktober 1999 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 28.03.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung der Angeklagten bzw. ihres Verteidigers gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Unter Verwerfung der Revision im Übrigen wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht Ibbenbüren hat die Angeklagte wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Das Landgericht hat ihre Berufung verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat teilweisen Erfolg.

Die Revision ist offensichtlich unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen (gemeinschaftlichen) Diebstahls richtet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Allerdings begegnet der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken mit der Folge, dass das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben ist.

Über die Erkenntnisse des amtsgerichtlichen Urteils hinaus hat die Strafkammer in der Berufungshauptverhandlung bezüglich der Angeklagten E. "als wahr unterstellt, dass diese sich im Tatzeitpunkt in einer psychischen Ausnahmesituation aufgrund einer damals bestehenden Risikoschwangerschaft befand und deshalb in ihrer Steuerungsfähigkeit/ihrem Hemmungsvermögen erheblich eingeschränkt im Sinne des § 21 StGB war". Bei der Strafzumessung hat die Strafkammer dazu ausgeführt:

"Ausgehend nunmehr von dem gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 242 hielt die Kammer die von dem erstinstanzlichen Urteil verhängte Freiheitsstrafe von neun Monaten durchaus für tat- und schuldangemessen, erforderlich, aber auch ausreichend, um der Angeklagten das Unrecht ihres Tuns vor Augen zu halten."

Abgesehen davon, dass die Frage der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit eine Rechtsfrage und deshalb einer Wahrunterstellung nicht zugänglich ist (vgl. z.B. BGHR zu § 21 StGB, Seelische Abartigkeit, Nr. 31), entsprechen die vorgenannten Erwägungen zum Rechtsfolgenausspruch nicht den Anforderungen an die Darlegung der Strafzumessung für den Fall, dass das im Berufungsrechtszug neu entscheidende Tatgericht trotz eines von ihm zugrundegelegten niedrigeren Strafrahmens die gleiche Strafe wie das erstinstanzliche Gericht verhängt. Will das Berufungsgericht trotz geringeren Schuldumfangs dieselbe Strafe wie das Erstgericht aussprechen, bedarf dies einer besonderen Begründung (vgl. BGH, StV 1983 S. 14, 15; HansOLG Hamburg, StV 1995, 643; OLG Karlsruhe, StV 1989, 347). Obwohl die Strafzumessung durch das Amtsgericht das Landgericht im Berufungsverfahren nicht bindet, dieses vielmehr eine eigene Strafzumessungsentscheidung zu treffen hat, hat ein Angeklagter einen Anspruch darauf, in einer eingehenden Begründung zu erfahren, warum er für ein im Schuldmaß wesentlich geringer bewertetes Fehlverhalten trotzdem gleich hoch bestraft wird. Wenn nämlich in verschiedenen Abschnitten desselben Verfahrens trotz unterschiedlicher Strafzumessungsfaktoren, die wie vorliegend Anlass für eine Herabsetzung des Strafrahmens gaben, die Tat ohne nachvollziehbare Begründung mit der gleichen Strafe belegt wird, so kann auch in einem verständigen Angeklagten der Eindruck entstehen, die verhängte Strafe sei nicht mehr nach den gesetzlich vorgesehenen oder sonst allgemein gültigen Wertmaßstäben bestimmt worden (vgl. BGH a.a.O.).

Der aufgezeigte Darlegungsmangel führt deshalb zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch und zur Zurückverweisung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster.


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