Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 88/00 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den Anforderungen an eine ausreichende Begründung der Verfahrensrüge gegen ein nach § 74 Abs. 2 OWiG ergangenes Verwerfungsurteil, mit der geltend gemacht werden soll ein Verlegungsantrag sei zu Unrecht abgelehnt worden und außerdem habe das Gericht nicht ohne den erkrankten Verteidiger des Betroffenen verhandeln dürfen.

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: Verwerfung des Einspruchs wegen Nichterscheinens, Verfahrensrüge, ausreichende Begründung, Verlegungsantrag, Ausbleiben wegen Erkrankung des Verteidigers

Normen: OWiG 74 Abs. 2; StPO 344 Abs. 2 Satz 2

Beschluss: Bußgeldsache gegen M.N.
wegen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaft,
(hier: unzulässige Rechtsbeschwerde gegen Einspruchsverwerfung gemäß § 74 Abs. 2 OWiG).

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 13. Dezember 1999 gegen das Urteil des Amtsgerichts Lippstadt vom 24. November 1999 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 15.02.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.

Gründe:
I. Der Landrat - Bußgeldstelle - des Kreises Soest hat am 15. April 1999 wegen Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften einen Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen erlassen, in dem eine Geldbuße von 220,- DM festgesetzt sowie ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden ist. Den rechtzeitigen Einspruch des Betroffenen gegen diesen Bußgeldbescheid hat das Amtsgericht Lippstadt durch Urteil vom 24. November 1999 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, nachdem der Betroffene, ohne dass er von der Verpflichtung zum Erscheinen entbunden worden war, dem Hauptverhandlungstermin ferngeblieben war. Im Urteil ist ausgeführt, dass die vom Betroffenen vorgetragenen Gründe keine genügende Entschuldigung seien, weil nicht erkennbar sei, wann der Vater des Betroffenen verstorben sei und die Nachlassregelung allein kein ausreichender Hinderungsgrund sei, zumal die Gerichtsverhandlung am frühen Morgen den Betroffenen mit An- und Abreise mit maximal 1 1/2 Stunden belasten würde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerechte Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 13. Dezember 1999, die er mit Schriftsatz vom 13. Januar 2000 u.a. wie folgt begründet hat:

".. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.11.1999 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass überraschend der Vater des Betroffenen gestorben sei. Der Todesfall war am 17.11.1999 eingetreten. Es wurde aufgrund dieses Umstandes und auch aufgrund der im Zusammenhang mit dem Todesfall anfallenden Regelungstätigkeiten für den Betroffenen darum gebeten, den Termin aufzuheben. Der Termin zur mündlichen Verhandlung war eine Woche später anberaumt. Neben der tiefen Trauer über den Verlust des Vaters, die auf dem Betroffenen lastete, musste er auch den Nachlass regeln, was ihn in erheblichem Umfange in Anspruch nahm, so dass er am Termin nicht teilnehmen konnte.

Mit Schriftsatz vom 24.11.1999 wurde dem Gericht dann weiter mitgeteilt, dass der Verteidiger des Betroffenen, Herr Rechtsanwalt S., aufgrund krankheitsbedingter Umstände nicht in der Lage ist, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Auch aus diesem Grunde wurde um eine Terminsaufhebung gebeten.

Dem ist das Gericht wiederum nicht gefolgt. .."

Im weiteren wird in dem Schriftsatz ausgeführt, dass das Amtsgericht auf diesem Hintergrund gehalten gewesen wäre, den Termin aufzuheben.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die fristgerecht eingelegte und rechtzeitig mit der Begründung versehene Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil die Begründung nicht den Formerfordernissen des _344 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG entspricht. Das unentschuldigte Ausbleiben des Betroffenen ist keine vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfende Voraussetzung für die Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 S. 1 OWiG. Vielmehr setzt die Prüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht eine dahingehende, § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügende Verfahrensrüge voraus. In dieser müssen alle Verfahrenstatsachen so vollständig angegeben werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand dieses Vorbringens die Schlüssigkeit des Verfahrensverstoßes nachvollziehen kann (BayObLG, NStZ 1998, 363; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 74 Rdnr. 48 b m.w.N.). Diesen Erfordernissen genügt die Rechtsbeschwerdebegründung nicht. Zwar enthält sie Angaben darüber, welcher Entschuldigungsgrund seitens des Betroffenen vorgebracht wurde. Diese sind jedoch unvollständig. Denn es fehlen ausreichend detaillierte Angaben dazu, ob und ggf. wie das Gericht diesen vor dem Termin beschieden hat. Insoweit hätte der Beschwerdeführer hier vortragen müssen, dass das Gericht sich am 23. November 1999 telefonisch mit dem Büro des Verteidigers in Verbindung gesetzt hat, um zu erfahren, wann der Vater des Betroffenen verstorben ist, dass dort nichts bekannt war und dass der Amtsrichter daraufhin mitgeteilt hat, unter diesen Umständen bleibe der Hauptverhandlungstermin bestehen. Da die vorgenannten Verfahrenstatsachen auch nicht den ergänzend heranzuziehenden Gründen des angefochtenen amtsgerichtlichen Urteils entnommen werden können, war die Mitteilung dieser Umstände für eine zulässige Verfahrensrüge unverzichtbar. Zudem wird in der Rechtsbeschwerdebegründung der - unzutreffende - Eindruck erweckt, dass schon dem zitierten Schreiben des Verteidigers vom 23.11.1999 der Todestag des Vaters des Betroffenen entnommen werden könne. Dieser Zeitpunkt, nämlich der 17.11.1999, wurde hingegen erstmals durch die Rechtsbeschwerdebegründung aktenkundig.

Soweit der Betroffene auf die Krankmeldung des Verteidigers vom 24. November 1999, aus der eine genügende Entschuldigung für das Ausbleiben des Betroffenen hergeleitet werden soll, abstellt, ist die Verfahrensrüge ebenfalls unzulässig. Denn für einen schlüssigen Vortrag wäre insoweit die Mitteilung erforderlich gewesen, dass das Gericht den Entschuldigungsgrund überhaupt kannte oder hätte kennen können. Denn die Nichtberücksichtigung der Krankmeldung kann allenfalls dann einen Verfahrensfehler darstellen, wenn sie vor dem Zeitpunkt der Urteilsfällung bei Gericht eingegangen wäre. Auch hierzu trägt die Rechtsbeschwerde indessen nichts vor. Auch dem angefochtenen Urteil ist insoweit nichts zu entnehmen.
Mithin war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.


zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".