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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 2 BL 208/97 OLG Hamm

Senat: 2

Gegenstand: BL6

Stichworte: Fluchtgefahr, wichtiger Grund, zeitaufwendiges Sachverständigengutachten, Urlaub von Verteidiger und Sachverständigen

Normen: StPO 112 Abs. 2 Nr. 2; StPO 121 Abs. 1


Beschluss: Strafsache gegen M.S.,
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht).

Auf die Vorlage der (Zweit-)Akten zur Haftprüfung gemäß den §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 01.07.1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Angeschuldigten und seiner Verteidiger beschlossen:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.

Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
I. Der Angeschuldigte wurde am 8. Dezember 1996 vorläufig festgenommen. Am gleichen Tag erließ das Amtsgericht Dortmund gegen ihn Haftbefehl (77 Gs 1955/96), der dann am 17. Dezember 1996 durch einen Unterbringungsbefehl ersetzt worden ist (80 Gs 1619/96). Dieser Unterbringungsbefehl wurde durch den Haftbefehl des Landgerichts Dortmund vom 20. Mai 1997, der dem Angeschuldigten am 5. Juni 1997 verkündet worden ist, ersetzt. Seitdem dauert die Untersuchungshaft an.

Der Haftbefehl des Landgerichts legt dem Angeschuldigten zwei versuchte schwere räuberische Erpressungen und einen Verstoß gegen das WaffenG zur Last, die der Angeschuldigte im Dezember 1996 in Dortmund und Recklinghausen begangen haben soll. Dem entspricht die Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 11. April 1997. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des dem Angeschuldigten zur Last gelegten Tatgeschehens, wird auf den Haftbefehl des Landgerichts Dortmund vom 20. Mai 1997 sowie auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 11. April 1997 Bezug genommen.

Die Strafkammer hat im Beschluss vom 9. Juni 1997 die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich angesehen und die Akten dem Senat zur Entscheidung über die Haftfortdauer gemäß den §§ 121, 122 StPO vorgelegt.

II. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeschuldigten über sechs Monate hinaus war, entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, anzuordnen.

Es besteht gegen den Angeschuldigten dringender Tatverdacht hinsichtlich der im Haftbefehl genannten Taten. Ob es sich allerdings, wovon der Haftbefehl und die Anklage ausgehen, um zwei Taten der versuchten räuberischen Erpressung handelt oder wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs nur um mehrere Teilakte eines einheitlichen Versuchs der schweren räuberischen Erpressung zum Nachteil des Ü., wird die Strafkammer prüfen müssen (vgl. dazu Tröndle, StGB, 48. Aufl., vor § 52 StGB Rn. 2 d mit weiteren Nachweisen). Unabhängig davon, ob es sich um mehrere oder nur um eine versuchte räuberische Erpressung handelt, ist der Angeschuldigte von seinem Tatplan nicht mit strafbefreiender Wirkung zurückgetreten. Er hat nämlich nicht freiwillig von der weiteren Tatausführung Abstand genommen, sondern ist daran durch die am 8. Dezember 1996 erfolgte Festnahme gehindert worden. Noch am 7. Dezember 1996 hatte er im übrigen dem Ü. die Anweisung gegeben, das geforderte Geld zu bringen.

Der Tatverdacht gegen den Angeschuldigten ergibt sich im übrigen aus den von der Polizei und der Staatsanwaltschaft durchgeführten Ermittlungen. Diese sind von der Staatsanwaltschaft im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage vom 11. April 1997 zutreffend gewürdigt worden. Dieser Würdigung tritt der Senat bei und nimmt auf sie, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, Bezug.

Als Haftgrund ist der des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gegeben. Der Angeschuldigte hat wegen der ihm zur Last gelegten Taten mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe, auch wenn nur eine versuchte schwere räuberische Erpressung vorliegen sollte, zu rechnen. Diese hohe Straferwartung stellt erfahrungsgemäß einen nicht unerheblichen Fluchtanreiz dar, der vorliegend durch andere Umstände nicht gemildert wird. Der Angeschuldigte ist zwar verheiratet, muß aber im Fall der Verurteilung mit seiner Abschiebung rechnen. Nach allem ist der Senat daher davon überzeugt, dass er sich dem Verfahren durch Flucht entziehen würde, wenn er auf freien Fuß käme.

Demgemäss war der Zweck der Untersuchungshaft auch nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen nach § 116 StPO zu erreichen. Insbesondere konnte der bestehende Fluchtanreiz nicht durch eine Kaution ausgeräumt oder gemildert werden.

Es steht die bisher gegen den Angeschuldigten vollzogene Untersuchungshaft auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des Tatvorwurfs und der im Fall der Verurteilung zu erwartenden Freiheitsstrafe.

Die besonderen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO, unter denen die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus fortdauern darf, sind ebenfalls gegeben, da wichtige Gründe ein Urteil bislang noch nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Nach der vorläufigen Festnahme des Angeschuldigten sind die weiteren polizeilichen Ermittlungen zügig geführt worden. Nach noch zeitgerechter Beauftragung eines Sachverständigen hat die Staatsanwaltschaft unter dem 11. April 1997 Anklage bei der Strafkammer erhoben. Inzwischen liegt auch das Sachverständigengutachten vor. Das Landgericht beabsichtigt, wie eine telefonische Anfrage des Senats ergeben hat, für den 12., 18. und 26. August 1997 die Hauptverhandlung anzuberaumen. Ein früherer Termin war wegen Urlaubs der Verteidiger und des Sachverständigen nicht möglich.

Nach allem sind damit vermeidbare Fehler und Versäumnisse der Justizbehörden nicht festzustellen, vielmehr haben wichtige Gründe i.S. des § 121 Abs. 1 StPO den Erlass eines Urteils bisher noch nicht zugelassen, so dass der sich aus Art. 2 Abs. 2 GG ergebende Beschleunigungsgrundsatz ausreichend berücksichtigt ist.

III. Die Nebenentscheidung beruht auf § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.


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