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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Bl 271/95 OLG Hamm

Leitsatz: Zum wichtigen Grund im Sinn von § 121 StPO

Senat: 2

Gegenstand: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht, BL6

Stichworte: erheblicher Umfang, Einarbeitungszeit für Vorsitzenden und Berichterstatter, Eröffnungsbeschluss, EÖB, mehr als 3 Monate zwischen EÖB und HV, Urlaub, Ferien, keine Terminierung in Urlaubszeit

Normen: StPO 121 Abs. 1

Beschluss: Strafsache gegen M.Y.,
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
(hier: Haftprüfung durch das Oberlandesgericht)

Auf die Vorlage der (Dritt-)Akten zur Entscheidung nach den §§ 121, 122 StPO hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 01.08.1995 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, des Angeklagten und seiner Verteidiger beschlossen:

Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.

Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
I. Der am 16. Januar 1995 vorläufig festgenommene Angeklagte befindet sich seitdem aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom selben Tag (79 Gs 68/95) in Untersuchungshaft. Im Haftbefehl des Amtsgerichts wird dem Angeklagten u.a. zur Last gelegt, im September und November 1994 gemeinschaftlich mit weiteren Mitangeklagten, vom Betreiber der Bar "Regenbogen" in Dortmund, Schutzgeld erpresst zu haben. Dem entspricht die Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 5. April 1995. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den genannten Haftbefehl und die Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund Bezug genommen.

Die Strafkammer hat die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Senat zur Entscheidung über die Haftfortdauer gemäß §§ 121, 122 StPO vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat Haftfortdauer beantragt.

II. Die Fortdauer der Untersuchungshaft des Angeklagten über sechs Monate hinaus war - entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft - anzuordnen.

Es besteht gegen den Angeklagten dringender Tatverdacht hinsichtlich der ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Taten. Der dringende Tatverdacht ergibt sich einmal aus den Einlassungen der Mitangeklagten sowie den weiteren in der Anklageschrift aufgeführten Beweismitteln.

Bei dem Angeklagten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der Angeklagte hat mit der Verhängung einer langdauernden Freiheitsstrafe zu rechnen, was erfahrungsgemäß einen nicht unerheblichen Fluchanreiz darstellt. Der Angeklagte ist türkischer Staatsangehöriger und hat in der Bundesrepublik Deutschland keine persönlichen Beziehungen. Es bestünde daher die Gefahr, dass er sich dem Verfahren durch Flucht entziehen würde, wenn er sich auf freiem Fuß befinden würde.

Bei dieser Sachlage war auch der Zweck der Untersuchungshaft nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen nach § 116 StPO zu erreichen.

Auch steht die bisher gegen den Angeklagten vollzogene Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Tatvorwürfe und der im Verurteilungsfall möglicherweise zu erwartenden Freiheitsstrafe.

Die besonderen Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO, unter denen die Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus fortdauern darf, sind ebenfalls gegeben, da wichtige Gründe ein Urteil bislang nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen. Nach der vorläufigen Festnahme des Angeklagten sind die Ermittlungen der Kriminalpolizei unter Berücksichtigung der Art des Prozessstoffes sowie der Anzahl der zu hörenden Mitbeschuldigten und Zeugen zügig geführt worden. Die Staatsanwaltschaft hat nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen bereits unter dem 5. April 1995 Anklage erhoben, die dem Angeklagten nach Übersetzung in die türkische Sprache am 24. April 1995 mit einer Erklärungsfrist von zwei Wochen zugestellt worden ist. Am 14. Juni 1995 hat die Strafkammer über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden. Die Hauptverhandlung ist inzwischen für den Zeitraum vom 10. Oktober bis zum 13. Dezember 1995 anberaumt worden. Es ist hier nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Hauptverhandlung nicht auf einen früheren Beginn terminiert hat. Bei einem so umfangreichen Verfahren wie dem vorliegenden ist es nämlich unumgänglich, dass die Einarbeitung in die Sache durch den Vorsitzenden und den Berichterstatter längere Zeit in Anspruch nimmt. Auch ist nicht zu beanstanden, dass von einer Terminierung der Hauptverhandlung unmittelbar vor oder in der Urlaubszeit abgesehen worden ist; denn in dieser Zeit würde die Sache wegen der großen Anzahl von Zeugen, die im Hinblick auf die bestreitende Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung vernommen werden müssen, kaum erfolgreich verhandelt werden können. Erfahrungsgemäß befinden sich nämlich auch Zeugen in dieser Zeit im Urlaub und sind deshalb häufig gehindert, einer Ladung zur Hauptverhandlung Folge zu leisten. Nach allem haben damit wichtige Gründe i.S. des § 121 Abs. 1 StPO den Erlass eines Urteils bisher noch nicht zugelassen, so dass vom Senat entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen war.

III. Die Nebenentscheidung beruht auf § 122 Abs. 3 Satz 3 StPO.


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