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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 75/99 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Begriff des neuen Beweismittels hinsichtlich eines Zeugen, der zunächst die Aussage verweigert hat, nun aber bereit ist auszusagen.

Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Nachholung rechtlichen Gehörs, Gegenvorstellung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Zulässigkeit, neues Beweismittel, Geeignetheit, Zeuge nunmehr ohne Auskunftsverweigerungsrecht

Normen: StPO 359 Nr. 5, StPO 33 a

Beschluss: Strafsache gegen M.Ö.,
wegen Verstoßes gegen das BtM-Gesetz,
(hier: "Nachholung rechtlichen Gehörs" im Verfahren zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der Wiederaufnahme des Verfahrens).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 9. Februar 1999 gegen den Beschluss der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 22. Januar 1999 und auf den Antrag des Verurteilten auf "Nachholung rechtlichen Gehörs" vom 1. Juni 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 11.08.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht beschlossen:

Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 22. Januar 1999 und der Beschluss des Senats vom 9. März 1999 werden auf Kosten der Landeskasse, die auch die dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt, aufgehoben.

Der Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 26. Februar 1997 wird für zulässig erklärt.

Gründe:
I. Der Verurteilte ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hagen vom 26. Februar 1997 wegen unerlaubten Besitzes von Heroin in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Hiergegen richtet sich sein Wiederaufnahmeantrag, mit dem er als neues Beweismittel einen (weiteren) Zeugen benannt hat. Das Landgericht hat den Wiederaufnahmeantrag als unzulässig verworfen. Wegen der Begründung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 22. Januar 1999 Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten. Diese ist vom Senat durch Beschluss vom 9. März 1999 als unbegründet verworfen. Eine - angekündigte - Beschwerdebegründung lag zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (noch) nicht vor. Sie ist erst danach eingegangen. Der Verurteilte stellt nunmehr einen Antrag auf "Nachholung rechtlichen Gehörs" und beantragt unter Hinweis auf die Beschwerdebegründung, den Beschluss des Senats aufzuheben. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

II. Bei dem Antrag vom 1. Juni 1999 handelt es sich nicht um einen Antrag nach § 33 a StPO. Rechtliches Gehör ist dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren nämlich ausreichend gewährt worden. Die von ihm selbst in der Beschwerde vom 9. Februar 1999 genannte Frist für den Eingang der Beschwerdebegründung: 2. März 1999, ist vom Senat berücksichtigt worden; der Verwerfungsbeschluss des Senats datiert vom 9. März 1999. Demgemäss war der Antrag vom 1. Juni 1999 als Gegenvorstellung anzusehen.

III. Auf diese Gegenvorstellung - in Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde vom 9. Februar 1999 - war nunmehr jedoch der Beschluss des Landgerichts vom 22. Januar 1999 aufzuheben. Zur Klarstellung hat der Senat auch seinen Beschluss vom 9. März 1999 aufgehoben.

Der Wiederaufnahmeantrag ist zulässig. Der Wiederaufnahmegrund des § 359 Nr. 5 StPO ist gegeben. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es sich bei vom Verurteilten benannten Zeugen M.K. um ein neues Beweismittel im Sinn des § 359 Nr. 5 StPO handelt. Dahinstehen kann nun, ob und warum der Zeuge ggf. nicht bereit war, in dem vom Verurteilten behaupteten Sinn auszusagen. Denn der Verurteilte hat nunmehr in seiner Beschwerdebegründung, die dem Senat bei Erlass des Beschlusses vom 9. März 1999 nicht vorgelegen hat, dargelegt, dass das gegen den Zeugen K. ergangene Urteil rechtskräftig ist. Damit kommt es aber, worauf der Verteidiger des Verurteilten in der Gegenvorstellung zutreffend hinweist, nicht (mehr) auf die Frage, ob der Zeuge zur Aussage bereit ist oder nicht, an. Denn dem Zeugen steht nach rechtskräftigem Abschluss des gegen ihn geführten Strafverfahrens ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO nicht mehr zu. Er ist vielmehr verpflichtet, seine Zeugenpflicht zu erfüllen. Ggf. ist gegen ihn, wenn er doch nicht aussagen will, mit den Mitteln des § 70 StPO vorzugehen. Im übrigen ist der Zeuge aber auch, wie sich aus seinem Schreiben vom 22. März 1999 an den Verteidiger des Verurteilten ergibt, aussagebereit.

Wenn der Zeuge K. so aussagt, wie der Verurteilte dies in seinem Wiederaufnahmeantrag behauptet hat (vgl. dazu Seiten 10, 11 des Antrags vom 24. August 1998), ist diese Aussage nach Überzeugung des Senats auch geeignet, ggf. die Freisprechung des Verurteilten zu begründen. Dabei übersieht der Senat nicht, dass die Verurteilung des Verurteilten auf einer umfangreichen Beweiswürdigung der vom Landgericht Hagen erhobenen Beweise beruht, ausschlaggebend für die Verurteilung ist also nicht nur des Inhalt des abgehörten Telefonats vom 20. Dezember 1993 gewesen. Der Senat übersieht auch nicht, dass die gegen die landgerichtliche Beweiswürdigung vom Verurteilten erhobenen Angriffe beim BGH keinen Erfolg gehabt haben. Andererseits handelt es sich bei der Aussage des nunmehr noch benannten Zeugen um die - erstmalige - Aussage des Haupttäters, der vom Landgericht Hagen wegen der Auskunftsverweigerung nicht vernommen worden ist. Wenn dieser nun in dem vom Verurteilten behaupteten entlastenden Sinn aussagt, führt das ggf. auch zu einer anderen Beurteilung der Einlassung des Verurteilten und der übrigen erhobenen Beweise und damit ggf. über die Grundsätze von "in dubio pro reo" zur Freisprechung des Verurteilten. Dann erhielte auch seine Erklärung für den konspirativen Telefonanruf vom 20. Dezember 1993 eine Stütze, die es - je nach Glaubwürdigkeit des Zeugen - ggf. unmöglich machen würde, die Beurteilung als "an den Haaren herbeigezogen und völlig lebensfremd" aufrecht zu erhalten. Aus dem bisherigen Akteninhalt lässt sich im übrigen nicht entnehmen, dass die vom Verurteilten in Aussicht gestellte Aussage des Zeugen K. offensichtlich unwahr. Der Verurteilte hat seine Tatbeteiligung immer bestritten.

Soweit der Wiederaufnahmeantrag (auch) einen Verstoß gegen Denkgesetze im landgerichtlichen Urteil geltend macht, tritt der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, den zutreffenden Ausführungen der Strafkammer im angefochtenen Beschluss bei.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 467 StPO.


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