Aktenzeichen: 2 Ss 451/99 OLG Hamm
Leitsatz: 1. Fördert der Gehilfe durch ein und dasselbe Tun mehrere rechtlich selbständige Taten des Haupttäters oder mehrerer Haupttäter, so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben.
2. Zur Umstellung des Schuldspruchs von mehreren Taten auf eine Tat und zu Verhängung der zunächst festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe als Einzelstrafe]).
Gericht: OLG Hamm
Senat: 2
Gegenstand: Revision
Stichworte: Umstellung des Schuldspruchs, eine Strafe statt zwei Strafen, Verhängung der Gesamtfreiheitsstrafe für die Einzeltat durch Revisionsgericht, Beihilfe, eine Beihilfehandlung bei mehreren Haupttaten oder Haupttätern
Normen: StGB 53, StPO 265, StGB 26
Beschluss: Strafsache gegen G.E.,
wegen Beihilfe zum versuchten Betrug.
Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der 1. kleinen auswärtigen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum vom 11. Februar 1999 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 01.07.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung der Angeklagten bzw. ihres Verteidigers einstimmig beschlossen:
Die Revision wird verworfen.
Jedoch wird der Schuldspruch dahin umgestellt, dass die Angeklagte wegen einer Beihilfe zum versuchten Betrug verurteilt wird und im Rechtsfolgenausspruch die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten - bei Wegfall der beiden Einzelfreiheitsstrafen - als selbständige Freiheitsstrafe aufrechterhalten bleibt.
Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels tragen.
Gründe:
Mit der Anklage vom 12. Juni 1998 war der Angeklagten E. versuchter Betrug in drei Fällen sowie jeweils eine hierzu tateinheitlich begangene Urkundenfälschung zur Last gelegt worden.
Durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Recklinghausen vom 12. November 1998 wurde die Angeklagte - nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises - wegen Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen bei Verhängung von Einzelfreiheitsstrafen von jeweils vier Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Von dem dritten Vorwurf, einen weiteren versuchten Betrug bzw. eine weitere Beihilfe zum versuchten Betrug begangen zu haben, wurde sie - rechtskräftig - freigesprochen.
Durch das angefochtene Urteil wurde die Berufung der Angeklagten verworfen.
Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat die Angeklagte durch Vermittlung des Zeugen H. Kontakt zu dem früheren Mitangeklagten R. hergestellt und von diesem am 2. Februar 1998 unter Zusage einer Beteiligung von 10 % der später erwarteten Geldeingänge die Kontokarten für dessen beide Konten bei der Nationalbank in Recklinghausen und der Sparkasse in Gelsenkirchen erhalten, weil sie nach ihren Angaben gegenüber R. und H. selbst kein Konto unterhielt, jedoch Geldüberweisungen erwartete. Das erwartete Geld sollte dann vereinbarungsgemäß gemeinsam abgeholt werden und R. die Kontokarten danach zurückerhalten. Nachdem die Angeklagte die Kontokarten erhalten hatte, wurden tatsächlich folgende zwei Überweisungsträger ausgefüllt und bei den jeweils kontoführenden Banken eingereicht:
Am 4. Februar 1998 wurde bei der Bank Trinkaus und Burkhardt in Düsseldorf ein Überweisungsträger in Höhe von 104.847,92 DM zu Lasten der Firma Konzert-Theater-Kassen Heinersdorff GmbH und zugunsten des Kontos bei der Nationalbank Recklinghausen sowie am 18. Februar 1998 bei der Volksbank in Meerbusch ein Überweisungsträger in Höhe von 85.480,50 DM zu Lasten der Firma K.W. Transport GmbH und zugunsten des Kontos bei der Sparkasse Gelsenkirchen eingereicht. Der Überweisungsauftrag an die Bank Trinkaus und Burkhardt wurde nicht ausgeführt, weil dort einem Sachbearbeiter aufgefallen war, dass ein von der Firma Heinersdorff sonst nicht benutzter Stempel verwendet worden war. Der Überweisungsauftrag an die Volksbank Meerbusch wurde zunächst ausgeführt, jedoch nach zwei Tagen wieder storniert, nachdem dem Firmeninhaber die zu Unrecht erfolgte Überweisung anhand des Kontoauszugs aufgefallen war. Ihm wurde der Betrag wieder gutgeschrieben bevor es zu einer Abhebung des Geldes gekommen war. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Angeklagte die Überweisungsträger selbst unterschrieben oder bei den jeweiligen Geldinstituten eingereicht hat. Sie hat jedoch für den oder die namentlich nicht ermittelten Hintermänner Kontoverbindungen "besorgt", mit Hilfe derer die genannten Firmen um ca. 190.000,00 DM geschädigt werden sollten, wobei sie - ebenso wie der frühere Mitangeklagte R. - für ihre Arbeit anteilig aus der betrügerisch erlangten Summe entschädigt werden sollte.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision der Angeklagten ist im Ergebnis im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO offensichtlich unbegründet; sie führt lediglich - bei unveränderten Schuldumfang - zu einer abweichenden Beurteilung der Konkurrenzen, zum Wegfall der Einzelstrafaussprüche und zur Verhängung einer der ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten entsprechenden selbständigen Freiheitsstrafe.
Zur Begründung ihres diesem Ergebnis entsprechenden Antrags hat die Generalstaatsanwaltschaft unter anderem folgendes ausgeführt:
"Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist unbegründet.
Die noch bei Einlegung der Revision erhobene formelle Rüge ist bei der Revisionsbegründung nicht mehr aufrechterhalten worden und im übrigen auch nicht ordnungsgemäß ausgeführt.
Entgegen dem Revisionsvorbringen tragen die Urteilsgründe den Schuldspruch. Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Revision der Vorsatz hinreichend dargelegt. Der Gehilfenvorsatz muß sich auf die Ausführung einer zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Tat richten (zu vgl. BGHSt 11, 66 f). Dabei sind an den Gehilfenvorsatz andere Maßstäbe anzulegen als beispielsweise den Vorsatz eines Anstifters. Der Gehilfe erbringt einen von der Haupttat losgelösten Beitrag. Er strebt diese nicht notwendigerweise an, weiß aber und nimmt jedenfalls billigend in Kauf, dass sich sein Handeln auch ohne sein weiteres Zutun als unterstützender Bestandteil an einer Straftat manifestieren kann. Beihilfe durch Tat kann danach schon begehen, wer dem Täter ein entscheidendes Tatmittel willentlich in die Hand gibt und damit bewusst das Risiko erhöht, dass eine durch den Einsatz gerade dieses Mittels typischerweise geförderte Haupttat verübt wird (zu vgl. BGH NJW 1996, 2517 (2518)). Legt man diese Maßstäbe hier zugrunde, so ist der Vorsatz der Angeklagten hinreichend bestimmt. Die Angeklagte hat den unbekannt gebliebenen Hintermännern zwei Kontoverbindungen besorgt, damit diese unberechtigte Überweisungen zu Lasten Dritter auf diese Konten vornehmen konnten. Dass sie dabei wusste, dass die von ihr zu besorgenden Kontoverbindungen zu unredlichen Zwecken missbraucht werden sollten, liegt zum einen auf der Hand und ist im übrigen durch die Urteilsgründe insgesamt auch hinreichend festgestellt. Dabei ist auch nicht erforderlich, dass die Angeklagte das konkrete Tatopfer oder die Tatzeit kannte (zu vgl. BGH NJW 1996 S. 2517 (2518)).
Auch die Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung halten nach hiesiger Auffassung einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Entgegen den Ausführungen der Revision durfte das Landgericht der Angeklagten die volle Höhe des entstandenen Betrugsschadens straferschwerend anlasten, da es für sie vorhersehbar gewesen ist, dass ein entsprechend hoher Schaden verursacht werden würde (zu vgl. BGH a.a.O.).
Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht nach hiesiger Auffassung jedoch die Konkurrenzen festgestellt. Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe (richtig: wegen Beihilfe in zwei Fällen) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, mithin Tatmehrheit angenommen, obwohl die Beihilfehandlung der Angeklagten nach den Feststellungen nur darin bestand, dass sie den unbekannt gebliebenen Hintermännern die fremden Kontoverbindungen des Mitangeklagten R. verschafft hat. Fördert der Gehilfe durch ein und dasselbe Tun mehrere rechtlich selbständige Taten des Haupttäters oder mehrerer Haupttäter (hier die unbekannt gebliebenen Hintermänner), so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben(zu vgl. Tröndle, StGB, 48. Aufl., § 27 Rdnr. 12).
Dieser Rechtsfehler muß jedoch nicht zur Teilaufhebung des Urteils führen, sondern kann durch eine Umstellung des Schuldspruchs berichtigt werden. Die hier ausgeworfene maßvolle Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung entspricht dem festgestellten Schuldumfang. § 265 StPO steht dem nicht entgegen (zu vgl. BGH NStZ 1996 S. 296 f). Die Feststellung von nur einer Tat erfolgt letztlich zugunsten der Angeklagten, weil anderes nicht festzustellen ist. Der Umstellung des Schuldspruchs steht auch nicht der zugunsten der Angeklagten erfolgte Teilfreispruch in erster Instanz entgegen. Insbesondere bei der Feststellung des abgeurteilten Tatumfanges entstehen keine Probleme, da die einzelnen Tatbeiträge genau voneinander abgrenzbar sind."
Dem tritt der Senat im Ergebnis bei, da auch die Ausführungen im Schriftsatz des Verteidigers vom 17. Juni 1999 in Erwiderung auf den Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zu einer der Angeklagten günstigeren Entscheidung keinen Anlass geben, zumal darin - wie schon weitgehend in der Revisionsbegründung - lediglich in unzulässiger Weise die allein dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung angegriffen wird.
Die Revision war daher mit den sich aus dem Tenor ergebenden Umstellungen zum Schuld- und Rechtsfolgenausspruch als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung im übrigen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
In der Liste der angewendeten Vorschriften (§ 260 Abs. 5 StPO) entfallen somit die §§ 53 und 54 StGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO, weil das Rechtsmittel im Ergebnis erfolglos geblieben ist.
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