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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ws 85/98 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Abwarten, Aussetzen/Zurückstellung der Entscheidung, Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung

Normen: StGB 56 f


Beschluss: Strafsache gegen H.U.,
wegen Verletzung der Unterhaltspflicht, (hier: sofortige Beschwerde gegen den Widerruf eines Strafrestes).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 26. Januar 1998 gegen den Beschluss der 24 b. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 14. Januar 1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05.03.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird für die Dauer von drei Monaten zurückgestellt.

Gründe:
I. Durch Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 7. Juni 1991 - 85 Ls 4 Js 324/91 - ist der Beschwerdeführer unter Einbeziehung der Verurteilung zu einer 6-monatigen Freiheitsstrafe durch das Jugendschöffengericht Wuppertal vom 1. Oktober 1990 - 85 Ls 4 Js 44/90 - wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Die erkannte Freiheitsstrafe ist zunächst zur Bewährung ausgesetzt worden. Der einbezogenen Strafe lag eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zugrunde. Die Gesamtfreiheitsstrafe ist durch Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 18. Februar 1992 gemäß § 56 f StGB widerrufen worden, weil der Verurteilte weder Zahlungen auf die im Bewährungsbeschluß festgelegte Geldauflage erbracht noch laufenden Unterhalt für sein Kind entrichtet und auch keine Zahlungen auf die Unterhaltsrückstände geleistet hatte.

Zwei Drittel der achtmonatigen Freiheitsstrafe hat der Verurteilte in der Zeit vom 13. Mai 1992 bis zum 22. Oktober 1992 in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne verbüßt. Durch Beschluss vom 14. Oktober 1992 hat die 20. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld die bedingte Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von zwei Dritteln der erkannten Strafe verfügt. Die Bewährungszeit ist auf vier Jahre festgesetzt worden. Ein Bewährungshelfer ist nicht beigeordnet worden.

In der Folgezeit ist der Verurteilte mehrmals erneut straffällig geworden. Wegen eines am 7. August 1994 gegangenen Vergehens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist er vom Amtsgericht Hagen - 98 Cs 78 Js 965/94 - 18/95 - am 6. Januar 1995 mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40,00 DM belegt worden. Am 25. August 1995 ist durch das Amtsgericht Wuppertal -11 Ds 41 Js 467/95 - erneut wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen eine Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 55,00 DM erfolgt. Außerdem ist eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen worden. Die dieser Verurteilung zugrundeliegenden Taten hatte der Verurteilte am 13. Februar und 1. März 1995 begangen. Am 15. September 1995 ist gegen ihn durch Strafbefehl des Amtsgerichts Wuppertal - 11 Cs 4 Js 170/95 - wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit fahrlässiger Körperverletzung und in einem weiteren Fall tateinheitlich mit unerlaubten Entfernens vom Unfallort mit einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 55,00 DM belegt worden. Außerdem ist eine Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen worden. Die diesem Strafbefehl zugrundeliegenden Taten hatte der Verurteilte am 20. und 29. Dezember 1994 begangen.

Wegen der beiden letztgenannten Verurteilungen hat die 22 a. Strafvollstreckungskammer Bielefeld mit Beschluss vom 13. Februar 1996 die Bewährungszeit um zwei Jahre bis zum 26. Oktober 1998 verlängert.

Am 23. April 1997 ist der Beschwerdeführer erneut durch das Amtsgericht Wuppertal - 11 Ds 24 Js 823/96 - verurteilt worden. Wegen Verletzung der Unterhaltspflicht - Tatzeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum November 1996 - ist gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Das Amtsgericht hat dem Verurteilten deshalb eine erneute Bewährungschance eingeräumt, weil er seit Dezember 1996 nicht nur den laufenden Unterhalt für sein Kind in Höhe von 314,00 DM/Monat gezahlt hatte, sondern durch seine Zahlungen in Höhe von 3.150,00 DM im Dezember 1996, 900,00 DM im Februar 1997 sowie jeweils 450,00 DM im Januar, März und April 1997 auch einen Teil der Rückstände ausgeglichen hatte.

In der Folgezeit hat der Verurteilte ausweislich des Kontoauszuges des Jugendamtes der Stadt Wuppertal vom 6. Oktober 1997 regelmäßig bis zum September 1997 und ausweislich der fernmündlich vom Senat eingeholten Auskunft der zuständigen Sachbearbeiterin des Jugendamtes Wuppertal auch im Oktober 1997 regelmäßig einen Betrag in Höhe von 450,00 DM auf den laufenden Unterhalt und die Rückstände gezahlt. Anschließend sind keine Zahlungen mehr erfolgt, weil dem Verurteilten durch seinen Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen zu Ende September 1997 gekündigt worden ist.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. Januar 1998 hat die 24 b. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld den zur Bewährung ausgesetzten Strafrest aus dem Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 7. Juni 1991 widerrufen und diese Entscheidung mit der Verurteilung vom 23. April 1997 begründet. Gegen diese dem Verurteilten am 20 Januar 1998 zugestellte Entscheidung hat dieser am 26. Januar 1998, bei der Posteingangsstelle der Bielefelder Justizbehörden am selben Tage eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II. Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Verurteilten war für die Dauer von drei Monaten zurückzustellen.

Die Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung ist gemäß § 56 f Abs. 1 Nr. 1 StGB zu widerrufen, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, dass die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat. Dabei kann ein Widerruf grundsätzlich auch dann in Betracht kommen, wenn die neue Straftat zu einer Bewährungsstrafe führt. Diese Folge ist mit der Verfassung prinzipiell vereinbar, darf aber nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommen, denn das Gericht, das über die neuerliche Straftat befindet und die Voraussetzung zur Bewährung für gegeben hält, hat naturgemäß infolge der Erscheinung und des Verhaltens des Straftäters in der mündlichen Verhandlung die besseren Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich des voraussichtlichen weiteren Lebensweges des Straftäters (vgl. BVerfG NStZ 1985, 357).

Die vorliegende Sache weist mehrere Besonderheiten auf, deren Berücksichtigung zum Teil für, zum Teil aber auch gegen den angefochtenen Beschluss sprechen. Deshalb ist es bei Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigten Einschränkungen geboten, vor einer endgültigen Entscheidung die weitere Entwicklung zunächst noch einige Zeit abzuwarten.
Einerseits ist nicht zu verkennen, dass der Verurteilte in der Bewährungszeit bereits zum vierten Male strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden mußte. Dies stellt ein Versagen dar, dass im Regelfall zu einem Widerruf der Bewährung führen muß. Erhebliches Gewicht hat auch der Umstand, dass der Verurteilte trotz des Umstandes, dass wegen seiner mehrmaligen neuen Straffälligkeit bereits die Bewährungszeit verlängert werden mußte, erneut und sogar einschlägig wegen Verletzung der Unterhaltspflicht in Erscheinung getreten ist.

Andererseits spricht der Umstand, dass der Verurteilte in der Zeit von Dezember 1996 bis Oktober 1997 längere Zeit nicht nur seiner Unterhaltspflicht nachgekommen ist, sondern er sogar erhebliche Zahlungen auch auf die Rückstände geleistet hat, dafür, dass er sich zumindest das neue Verfahren zur Warnung hat dienen lassen und sich in Zukunft rechtstreu verhalten, insbesondere seiner Unterhaltspflicht nachkommen wird. Falls sich diese Prognose als zutreffend erweisen wird, kann nach Ansicht des Senats trotz des mehrmaligen und schweren Bewährungsversagens von einem Widerruf der Strafaussetzung abgesehen werden. Das in der Zeit ab Dezember 1996 gezeigte Bemühen des Verurteilten, auch einen Teil der Rückstände auszugleichen, hat erkennbar und im Ergebnis auch zu Recht das Amtsgericht dazu gebracht, die erkannte 10-monatige Freiheitsstrafe trotz Vorliegens eines einschlägigen Bewährungsversagens erneut zur Bewährung auszusetzen. Dieses positive Verhalten hat der Verurteilte auch über die Verurteilung hinaus bis zum Eintritt seiner Arbeitslosigkeit Ende September 1997 beibehalten. Seine letzte Zahlung leistete er aufgrund seines Gehaltsanspruchs für den Monat September Anfang Oktober 1997.

Der Senat hat im Wege des Freibeweises ermittelt, ob der Verurteilte in der Folgezeit in vorwerfbarer Weise seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist. Dabei hat sich ergeben, dass dem Verurteilten zum Ende des Monats September 1997 aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden ist. Erst seit dem 1. Januar 1998 steht der Verurteilte in laufendem Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 364,07 DM, so dass er zumindest teilweise seiner Unterhaltsverpflichtung nachkommen kann. Auch für die Zeit von Oktober bis Dezember 1997 ist ihm Arbeitslosengeld in annähernd derselben Höhe bewilligt worden. Dies erfolgte aber erst aus Gründen, die der Senat nicht zuverlässig ermitteln konnte, rückwirkend mit Bescheid vom 9. Januar 1998. Der Senat ist daher davon ausgegangen, dass der Verurteilte wegen der Aufnahme der laufenden Arbeitslosengeldzahlungen erst ab Januar 1998 bis Ende Dezember 1997 nicht leistungsfähig war.

Der Verurteilte hat dann allerdings auch nach Erhalt der Nachzahlung und nach Aufnahme der laufenden Leistungen seine Unterhaltszahlungen nicht von sich aus wieder aufgenommen. Insoweit ist jedoch wegen des kurzen Zeitraumes, der davon betroffen ist, nur von einem geringen Verschulden des Verurteilten auszugehen, denn das Jugendamt hat am 6. Februar 1998 aufgrund der von ihm vorgelegten Unterlagen einen Abzweigungsantrag beim Arbeitsamt Wuppertal gestellt, so dass voraussichtlich nunmehr die von ihm geschuldeten Unterhaltsbeträge in Zukunft wieder geleistet werden. Es ist nach der telefonisch eingeholten Auskunft der Mitarbeiterin des Jugendamtes Wuppertal auch davon auszugehen, dass der Verurteilte ihr die erforderlichen Auskünfte hinsichtlich der Arbeitslosengeldbewilligung erteilt hat. Es spricht somit viel dafür, dass der Verurteilte nunmehr im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit seiner Unterhaltspflicht nachkommen wird. Er hat dabei mitgewirkt, dass es dazu kommen wird.

Der Senat will abwarten, ob sich die vom Verurteilten geschuldeten Unterhaltsbeiträge in der nächsten Zeit problemlos realisieren lassen werden. Möglicherweise wird der Verurteilte auch kurzfristig neue Arbeit finden, so dass der Senat für einen solchen Fall ebenfalls das weitere Zahlungsverhalten des Verurteilten beobachten will.


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