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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1285/97 OLG Hamm

Leitsatz: Den Ausführungen des Tatrichters muss bei der Verhängung eines Fahrverbots nicht mehr entnommen werden können, dass sich der Tatrichter der Möglichkeit bewusst war, dass er gegen eine Erhöhung der Geldbuße von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot absehen kann.

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Absehen vom Fahrverbot, beschränktes Fahrverbot, Bewusstsein, Geschwindigkeitsüberschreitung, schwangere Frau, Urteilsgründe

Normen: StVO 3, StVG 25, BKatV 2,

Beschluss: Bußgeldsache gegen F.S.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 25.07.1997 gegen das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 21.07.1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 19.02.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Gelsenkirchen hat mit Urteil vom 21.07.1997 gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße in Höhe von 200,00 DM verhängt. Außerdem hat es gegen den Betroffenen ein Fahrverbot von einem Monat - beschränkt auf die Führerscheinklasse III/Kfz. Art: PKW festgesetzt.

Nach den getroffenen Feststellungen erhielt der Betroffene, der als Omnibusfahrer angestellt ist, am 05.12.1996 während seiner Arbeitszeit einen Anruf von seiner damals hochschwangeren Ehefrau, die über starke Schmerzen klagte. Auf der anschließenden Fahrt nach Hause überschritt er mit dem von ihm geführten Fahrzeug im Bereich der Wanner Straße in Fahrtrichtung Gelsenkirchen zwischen Konrad- und Skagerrakstraße die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 35 km/h, da er aus Sorge um seine Frau möglichst rasch nach Hause kommen wollte und die Geschwindigkeitsbegrenzung aus diesem Grunde nicht beachtete.

Die Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenen war nach den Urteilsfeststellungen durch eine Geschwindigkeitsmessung mittels eines Multanova-Radargerätes unter Berücksichtigung einer Messtoleranz von 3 km/h ermittelt worden.

Den Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht wie folgt begründet:

”Die Bußgeldkatalogverordnung sieht hierfür eine Geldbuße von 200,00 DM sowie ein einmonatiges Fahrverbot entsprechend § 25 StVG vor.

In Anbetracht der nachvollziehbaren und besonderen Gemütslage, in der sich der durch den Anruf seiner Frau alarmierte Betroffene befand, hat das Gericht die Geschwindigkeitsüberschreitung zwar nicht als entschuldigt und gerechtfertigt angesehen, jedoch zu Gunsten des Betroffenen von der Möglichkeit des § 25 Abs. 1 Satz 1 a. E., d.h. einer Beschränkung des Fahrverbots auf bestimmte Fahrzeugarten, Gebrauch gemacht.
Das Gericht hielt dies aufgrund der Unbelastetheit des Betroffenen in verkehrsrechtlicher Hinsicht, der zum Verstoß fahrenden Ausnahmesituation und der den Betroffenen als Berufskraftfahrer im Falle des unbeschränkten Fahrverbotes treffenden beruflichen Nachteile für angezeigt und mit dem Übermaßverbot in Einklang stehend."

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der dieser sich ausschließlich gegen das verhängte Fahrverbot wendet und geltend macht, der Amtsrichter habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, sich auch mit der Frage auseinander zusetzen, ob von der Verhängung des Fahrverbots unter gleichzeitiger Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden könne.

Die bei zutreffender Auslegung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruches hat Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht ergeben. Dies gilt auch in bezug auf das verhängte Fahrverbot. Insoweit ist entgegen der Ansicht des Betroffenen nicht zu beanstanden, dass der Amtsrichter in den Urteilsgründen nicht dargelegt hat, dass er sich der generellen Möglichkeit bewusst gewesen ist, den durch das Fahrverbot angestrebten Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße erreichen zu können.

Nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NZV 92/286; NJW 92/446; 1397, insbesondere auch die dazu ergangenen amtlichen Leitsätze Entscheidungen des erkennenden Senats, u. a. DAR 94/411; OLG Düsseldorf NZV 93/80 u. 81; OLG Stuttgart DAR 93/73) mussten die Urteilsgründe erkennen lassen, dass sich der Amtsrichter dieser Möglichkeit bewusst war (zustimmend Hentschel NJW 95/637).

An diesem Erfordernis ist nicht mehr festzuhalten, so dass es einer derartigen Darlegung nicht mehr notwendigerweise bedarf.

Zum einen ist nämlich aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten Zeitablaufes seit Erlass der Bußgeldkatalogverordnung davon auszugehen, dass diese Möglichkeit sämtlichen Tatrichtern, die Bußgeldsachen bearbeiten, nunmehr bewusst ist. Deshalb ist die ausdrückliche Darstellung dieses Bewusstseins in den Entscheidungsgründen entbehrlich. Ihr Fehlen stellt folglich keinen Begründungsmangel (mehr) dar.

Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24.03.1996 (DAR 1996, 196 ff) - unter Aufgabe seiner Entscheidung 2 BvL 11/69 vom 16.07.1969 (zu vgl. a.a.O., 197) ausgeführt, dass kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliegt, wenn bei zutreffender Annahme eines Regelfalles ohne weitere Prüfung, ob anstelle des Fahrverbotes eine Erhöhung der Geldbuße als angemessene Ahndung der Verkehrsordnungswidrigkeit in Betracht komme, ein Fahrverbot unter Berücksichtigung der Schwere des Verkehrsverstoßes einerseits und der Sanktionsempfindlichkeit des Betroffenen andererseits verhängt werde (a.a.O., 199). Vielmehr wird vom Bundesverfassungsgericht akzeptiert, wenn das Tatgericht lediglich geprüft hat, ob Ausnahmeumstände vorliegen, die zur Vermeidung einer unangemessenen Sanktion ein Absehen von der Anordnung eines Fahrverbotes gebieten. Sind solche Ausnahmeumstände weder vorgetragen noch ersichtlich, so sollen nähere Darlegungen hierzu nicht erforderlich sein (a.a.O., 198 f). Einer weiteren Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne bedarf es dementsprechend nicht, zumal dem Übermaßverbot in der vom Bundesgerichtshof vorgenommenen Auslegung des § 2 BKatV (zu vgl. BGH NJW 1992, 446, 448 und NJW 1992, 1397, 1398) nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts generell ausreichend Rechnung getragen wird (a.a. O., 198).

Folgerichtig ist es dann auch entbehrlich, dass der Tatrichter in den Entscheidungsgründen sein Bewusstsein von der Möglichkeit darlegt, den durch das Fahrverbot angestrebten Erfolg durch eine Erhöhung der Geldbuße erreichen zu können. Unterlässt der Tatrichter - wie hier - diese Darlegung, so kann darin unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folglich kein Begründungsmangel mehr gesehen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 18.06.1996 - 3 Ss OWi 218/96; JMBl. NW 96/248; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.09.1996 - 5 Ss (OWi) 239/96 - (OWi) 122/96 I; DAR 97/29; a.A. der 2. Strafsenat des OLG Hamm, Beschluss vom 04.11.1996, VRS Bd. 93, 97, wobei hinsichtlich der Begründung dieses Beschlusses auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in NJW 1993, 3081, 3083, unter 2. a), dd verwiesen wird).
Die Rechtsbeschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen.


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