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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ss OWi 1591/97 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung, wenn die Feststellungen zu einem Rotlichtverstoß auf den Beobachtungen eines Polizeibeamten beruhen

Senat: 1

Gegenstand: OWi

Stichworte: Beweisanforderungen, Beobachtungen eines Polizeibeamten, Schätzung, Fahrverbot, qualifizierter Rotlichtverstoß

Normen: StVO 37, StVG 25

Beschluss: Bußgeldsache gegen O.H.,
wegen Verstoßes gegen § 37 StVO.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 25. September 1997 gegen das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 23. September 1997 hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 10.02.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Witten zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines qualifizierten Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 250,- DM verurteilt und ihm außerdem ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt. Dazu hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Betroffene die Crengeldanzstraße in Witten befahren habe, um sodann nach rechts in die Hörder Straße abzubiegen. Dabei habe er das für die Rechtsabbiegerspur gültige Rotlicht einer Lichtzeichenanlage missachtet. Obwohl das Rotlicht bereits länger als eine Sekunde gedauert habe, sei der Betroffene nach rechts in die Hörder Straße eingebogen. Diese Erkenntnis hat das Amtsgericht aus der Bekundung des Polizeibeamten Klinger gewonnen, der seinerseits vor der Ampel der Einmündung der Sprockhöveler Straße in die Straße Crengeldanz gewartet habe. Ergänzend hat der Zeuge bekundet, er habe sich noch gewundert, dass der Betroffene nicht angehalten habe, sondern einfach durchgefahren sei, obwohl das Rotlicht schon länger als eine Sekunde gedauert habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die in noch zulässiger Weise eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die in ihrer Gesamtheit die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erkennen lässt.

Das Rechtsmittel hat einen - zumindest vorläufigen - Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Amtsgericht hat die Missachtung einer bereits länger als eine Sekunde andauernden Rotlichtphase allein auf die - offensichtlich zufällige - Beobachtung des Polizeibeamten K. gestützt. Aufgrund welcher Umstände der Polizeibeamte jedoch zu dieser Erkenntnis gelangt ist, wird in dem angefochtenen Urteil nicht mitgeteilt. Dies wäre umso mehr deshalb geboten gewesen, weil nach dem eingeholten Sachverständigengutachten auch Rotlichtphasen von nur einer Sekunde Dauer möglich gewesen sind.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu ausgeführt:

"Da das Bestimmen einer so kurzen, im Sekundenbereich liegenden Zeitphase ohne besondere technische Vorrichtungen wegen der Ungenauigkeit des menschlichen Zeitgefühls stark fehlerbehaftet ist, hätte es Ausführungen dazu bedurft, wie der Polizeibeamte seine Ansicht gewonnen hat, die Rotlichtphase für den Betroffenen habe bereits mehr als eine Sekunde gedauert. Ferner hätte es Darlegungen dazu bedurft, ob sich der Amtsrichter etwaiger Fehlerquellen bewusst gewesen ist und wie er diese berücksichtigt hat.

Insoweit ist zu beachten, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bloße gefühlsmäßige Schätzungen des einen Rotlichtverstoß zufällig beobachtenden Polizeibeamten regelmäßig ungeeignet sind, Grundlage rechtlicher Entscheidungen zu sein und dass ferner auch Zeitmessungen mit dem Sekundenzeiger einer handelsüblichen Armbanduhr und das Messen einer Rotphase durch Mitzählen kritisch unter Beachtung erheblicher Fehlermöglichkeiten zu bewerten sind (OLG Düsseldorf, NZV 1995, 197; BayObLG NZV 1995, 497; OLG Hamm, Beschluss vom 30.10.1995 - 1 Ss OWi 103/96 -).”

Dem tritt der Senat bei. Dieser Mangel führt dazu, dass der Senat nicht in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob das Amtsgericht bei der Prüfung der Dauer der Rotlichtphase von zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die .Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzugeben.


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