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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1544/97 OLG Hamm

Leitsatz: Bei der Feststellung der Gewichte eines Sattelkraftfahrzeugs ist nicht von einer bloßen Addition der einzelnen Gewichte von Zugmaschine und Auflieger auszugehen, vielmehr ist zwischen der Sattelzugmaschine einschließlich Sattellast einerseits und den tatsächlich vorhandenen Achslasten des Sattelanhängers andererseits zu unterscheiden ist.

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts, Sattelkraftfahrzeug, zulässiges Gesamtgewicht von Sattelkraftfahrzeugen

Normen: StVO 41 Abs. 2 Nr. 6 (Zeichen 262)

Beschluss: Bußgeldsache gegen H.C.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 Nr. 6 (Zeichen 262); 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO.

Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 ff. OWiG gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 18.09.1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 20.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

1. Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen.

2. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

3. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß §§ 41 Abs. 2 Nr. 6 ,(Zeichen 262); 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO; 24 StVG zu einer Geldbuße von 40,- DM verurteilt.

Dem lagen folgende Feststellungen zugrunde:

”Am 25.03.1997 gegen 10.35 Uhr fuhr der Betroffene mit seinem Sattelschlepper über die Bottroper Straße in Essen in Richtung Essen-Innenstadt. Zwischen der Hafenstraße und der Friedrich-Lange-Straße ist das Befahren der Bottroper Straße für Kraftfahrzeuge verboten, deren tatsächliches Gewicht über 30 t liegt. Zur Vorfallszeit betrug das tatsächliche Gewicht des Sattelschleppers des Betroffenen 41,36 t. Er hätte folglich diesen Teil der Bottroper Straße, der über eine Brücke führt, nicht befahren dürfen, sondern eine kurze Umleitung nehmen müssen, wie sie auch von anderen LKW-Fahrern benutzt wird."

Das Amtsgericht hat den von dem Betroffenen geführten Sattelschlepper ohne nähere Darlegung als ein Kraftfahrzeug im Sinne der Straßenverkehrsordnung angesehen und deshalb die Einlassung des Betroffenen, Zugfahrzeug und Auflieger müssten zur Feststellung des Gesamtgewichtes des Zuges getrennt gewogen werden., als unerheblich angesehen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht weiter ausgeführt, dass der als Zeuge gehörte Polizeibeamte F. "darauf aufmerksam gemacht” habe, "dass bei Abzug des Leergewichts des Zugfahrzeugs das tatsächliche Gewicht des Aufliegers zur Vorfallszeit immer noch deutlich über 30 t gelegen habe, so dass es auf die unzutreffende Betrachtungsweise des Betroffenen letztlich gar nicht ankomme”.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit dem am 19.09.1997 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde vom 18.09.1997, den der Betroffene nach Zustellung des schriftlichen Urteils an seinen Verteidiger am 27.10.1997 mit am 11.11.1997 eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom 10.11.1997 näher begründet hat. Die Rechtsbeschwerde rügt insbesondere, dass das Amtsgericht verkannt habe, dass die Beschränkung durch Zeichen 262 bei Sattelkraftfahrzeugen gesondert für die Sattelzugmaschine einschließlich Sattellast und für die tatsächlich vorhandene Achslast des Sattelanhängers gelte. Hierzu habe das Amtsgericht aber keinerlei Feststellungen getroffen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht (§ 80 Abs. 3 OWiG) eingelegt und begründet worden. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen. Die Rechtsbeschwerde hat auch einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen, da soweit ersichtlich keine obergerichtliche Entscheidung zu der Frage ergangen ist, auf welche Weise das tatsächliche Gewicht eines Sattelkraftfahrzeuges bei der Feststellung eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 2 Nr. 6 (Zeichen 262) StVO zu ermitteln ist. Diese Frage ist hier auch entscheidungserheblich und dem Aufstellen abstrakt-genereller Regeln zugänglich.

Die danach zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Das Amtsgericht hat bei der Verurteilung des Betroffenen zu Unrecht auf das tatsächliche Gewicht des Sattelzuges insgesamt abgestellt und rechtsfehlerhaft verabsäumt, insoweit nach dem Gewicht der Sattelzugmaschine einschließlich Sattellast einerseits und der tatsächlichen Achslasten des Sattelanhängers andererseits zu differenzieren. Diese Differenzierung ergibt sich aber bereits aus dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 Nr. 6 StVO. Danach gilt nämlich die Beschränkung durch Zeichen 262 bei Zügen für das einzelne Fahrzeug, bei Sattelkraftfahrzeugen gesondert für die Sattelzugmaschine einschließlich Sattellast und für die tatsächlich vorhandenen Achslasten des Sattelanhängers. Die Straßenverkehrsordnung trägt insoweit - wie auch an anderen Stellen - der Besonderheit der Konstruktion von Sattelkraftfahrzeugen Rechnung, die als sogenannte Gliederfahrzeuge eine Zwischenstellung zwischen dem Einzelfahrzeug und dem aus mehreren Einzelfahrzeugen bestehenden Zug einnehmen (vgl. auch Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 33. Aufl., § 41 StVO Rdnr. 216). Entsprechend den technischen Eigenarten des Sattelkraftfahrzeuges sieht darüber hinaus beispielsweise § 34 Abs. 7 Nr. 3 StVZO für die Berechnung des zulässigen Gesamtgewichts eines solchen Fahrzeugs vor, dass nicht etwa nur die zulässigen Gesamtgewichte der Sattelzugmaschine und des Sattelanhängers zu addieren sind, vielmehr ist hiervon der jeweils höhere Wert der zulässigen Sattellast der Sattelzugmaschine oder der zulässigen Aufliegelast des Sattelanhängers in Abzug zu bringen, so dass bei Sattelzügen das zulässige Gesamtgewicht niedriger sein kann als die Summe der Gewichte von Zugmaschine und Auflieger (vgl. BayObLG, VM 1992, 13; Jagusch/Hentschel, a.a.O., § 34 StVZO Rdnr. 6 m.w.N.). Auch dies verdeutlicht, dass der Verordnungsgeber bei der Feststellung der Gewichte eines Sattelkraftfahrzeugs gerade nicht von einer bloßen Addition der einzelnen Gewichte von Zugmaschine und Auflieger ausgegangen ist. Dem entspricht aber, dass auch bei der Bestimmung des im Rahmen von § 41 Abs. 2 Nr. 6 (Zeichen 262) StVO maßgeblichen tatsächlichen Gewichtes des Sattelkraftfahrzeuges in der dort ausdrücklich vorgesehenen Weise zwischen der Sattelzugmaschine einschließlich Sattellast einerseits und den tatsächlich vorhandenen Achslasten des Sattelanhängers andererseits zu unterscheiden ist. Dies ist hier unterblieben. Vielmehr ist das Amtsgericht allein von dem nicht bereinigten Gesamtgewicht von Zugmaschine und Auflieger ausgegangen. Soweit das Amtsgericht gestützt auf die Aussage des Zeugen F. ausgeführt hat, dass bei Abzug des Leergewichts des Zugfahrzeugs das tatsächliche Gewicht des Aufliegers zur Vorfallszeit immer noch deutlich über 30 t gelegen habe, ist dies bislang nicht nachvollziehbar und durch konkrete Umstände belegt dargetan. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierzu noch weitere Feststellungen getroffen werden können, hat der Senat nicht in der Sache selbst entschieden und den Betroffenen freigesprochen, die Sache vielmehr zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.


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