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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1374/97 OLG Hamm

Leitsatz: Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch scheidet dann aus, wenn der Schuldspruch und die Rechtsfolgenbemessung so miteinander verknüpft sind, dass ein im Rahmen der Rechtsfolgenbemessung erhöhend oder mindernd wirkender Umstand einen untrennbaren Teil des Schuldvorwurfs (eine doppelrelevante Tatsache) bildet.
2. Zu den erforderlichen Ausführungen bei der Annahme von Vorsatz.
3. Das Vorliegen einer beruflichen Härte kann nicht allein aus Bereitschaft des Betroffenen eine erhöhte Geldbuße akzeptieren zu wollen, geschlossen werden. .

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Absehen von Fahrverbot, Aufhebung, Beschränkung, doppeltrelevante Tatsachen, Fahrlässigkeit und Vorsatz, Geschwindigkeitsüberschreitung, Unwirksamkeit der Beschränkung, berufliche Härte, Umstände für Absehen vom Fahrverbot, erhöhte Zahlungsbereitschaft, verkehrsarme Zeit

Normen: StVO 3, StVG 25, StPO 267

Beschluss: Bußgeldsache gegen A.D.,
wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung im Straßenverkehr.

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 16.07.1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 9. Dezember 1997 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Betroffenen gemäß § 79 Abs. 5 S.1 OWiG beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herford zurückverwiesen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Herford hat den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit gemäß den §§ 24 Abs. 2 StVG, 41 (Zeichen 274), 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000- DM verurteilt. Von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen den Betroffenen hat das Amtsgericht abgesehen.

Nach den zugrundeliegenden Feststellungen überschritt der Betroffene am 15.10.1996 gegen 16.55 Uhr mit seinem PKW auf der BAB A 30 in Fahrtrichtung Osnabrück in Höhe des Kilometers 118/119 im Bereich einer Autobahnbaustelle die dort durch beidseitig aufgestellte Verkehrsschilder Zeichen 274 angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h um mindestens 56 km/h. Die Messstelle mit einem Radarmessgerät Multanova 6 F befand sich etwa 550 m nach Beginn der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h, zuvor war die Geschwindigkeit im Bereich der Autobahnbaustelle durch beidseitig aufgestellte Verkehrszeichen 274 zunächst auf 100 km/h und dann auf 80 km/h beschränkt worden. Die Messstelle befand sich im Bereich einer sogenannten 4:0-Führung der Fahrbahnen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, das von der gemessenen Geschwindigkeit von 120 km/h einen Toleranzwert in Höhe von 4 km/h in Abzug gebracht hat, wusste der Betroffene, dass er eine Baustelle zu passieren hatte, in deren Bereich die zulässige Höchstgeschwindigkeit begrenzt war. Er habe auch gewusst, dass er etwas schneller als erlaubt fuhr, dagegen sei ihm nicht nachzuweisen gewesen, dass er die tatsächliche Höhe der im Bereich der Messstelle gefahrenen Geschwindigkeit positiv gekannt habe. Insoweit hätte der Betroffene diese tatsächliche Geschwindigkeit aber ohne weiteres feststellen können. Nähere Feststellungen dazu, auf welche Geschwindigkeitsüberschreitung sich der Vorsatz des Betroffenen zumindest bezogen hatte, hat das Amtsgericht nicht getroffen.

Im Rahmen der Rechtsfolgenbestimmung ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass sich der Vorsatz des Betroffenen nur auf eine leichte Geschwindigkeitsüberschreitung bezogen und er im übrigen zumindest fahrlässig gehandelt habe. Von der Verhängung des Regelfahrverbotes nach der Bußgeldkatalogverordnung hat das Amtsgericht unter Erhöhung der Regelbuße von 300,- DM für eine Geschwindigkeitsüberschreitung der vorliegenden Art auf eine Geldbuße von 1.000,- DM aufgrund folgender Erwägungen abgesehen:

Das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes sei schon deshalb gerechtfertigt gewesen, weil ein Fahrverbot den Betroffenen in seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter für Uhren schwer treffen würde, was sich daran zeige, dass der Betroffene zur Abwendung der beruflichen Nachteile sogar bereit gewesen sei, eine erhöhte Geldbuße von 1.000,- DM zu akzeptieren. Diese Zahlungsbereitschaft mache deutlich, wie stark der Betroffene auf seinen Führerschein angewiesen sei. Darüber hinaus sei der Betroffene vom ”Autobahnrausch” dazu verleitet worden, so erheblich zu schnell zu fahren. Der Betroffene habe nämlich seine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung auf eine verkehrsarme Zeit und einen sehr dünnen Verkehrsfluss zurückgeführt und angegeben, ”praktisch das einzige Auto im Messzeitpunkt” gefahren zu haben. Damit sei es durchaus nachvollziehbar gewesen, dass der Betroffene sehr zügig gefahren sei, weil eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer praktisch ausgeschlossen gewesen sei. Aufgrund der ”4:0-Führung” im Bereich der Messstelle habe dort im übrigen dieselbe Verkehrssituation vorgelegen wie bei vierspurig ausgebauten Schnellstraßen ohne Fahrbahnteiler, auf denen aber regelmäßig mit Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h gefahren werden könne, ohne dass sich eine besondere Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer ergebe. Darüber hinaus sei gerichtsbekannt, dass im Bereich von Autobahnbaustellen der Grenzwert für den Beginn einer Geschwindigkeitsmessung auf 83/84 km/h eingestellt werde, da dort erfahrungsgemäß kaum ein Verkehrsteilnehmer mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h fahre. Die Autobahnpolizei toleriere daher im Ergebnis eine tatsächliche Geschwindigkeit von 80 km/h innerhalb von Baustellen, so dass die Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenen ”lediglich ein Gewicht wie eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 36 km/h” habe. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 36 km/h außerorts sei aber nach der Bußgeldkatalogverordnung noch kein Fahrverbot festzusetzen. Darüber hinaus habe der Betroffene im Hauptverhandlungstermin nicht den Eindruck eines ”Verkehrsrowdys” oder eines ”Rasers” gemacht und sich einsichtig gezeigt.

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld frist- und formgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und die Rechtsbeschwerde unter Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch mit der Sachrüge begründet. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit näheren Ausführungen dagegen, dass das Amtsgericht von der Verhängung des Regelfahrverbotes gegen den Betroffenen abgesehen hat.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils insgesamt - also auch hinsichtlich des Schuldspruchs - sowie zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herford.

1. Der Senat musste das angefochtene Urteil auch im Schuldspruch aufheben. Die Beschränkung der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam.
Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch ist, dass das angefochtene Urteil seine Prüfung ermöglicht. Die Beschränkung ist daher nicht möglich, wenn das Urteil keine Gründe enthält oder wenn die Feststellungen zur Tat, sei es auch nur zur inneren Tatseite, so knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 318 Rdnr. 16 m.w.N.). Weitere Voraussetzung für die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch ist, dass dieser von dem übrigen Urteilsinhalt, mithin von dem Schuldspruch und den dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen, trennbar ist, also losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (BGHSt 29, 359, 364). Demgemäss scheidet eine Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch dann aus, wenn der Schuldspruch und die Rechtsfolgenbemessung so miteinander verknüpft sind, dass ein im Rahmen der Rechtsfolgenbemessung erhöhend oder mindernd wirkender Umstand einen untrennbaren Teil des Schuldvorwurfs (eine doppelrelevante Tatsache) bildet (BGHSt 29, 359, 367). In diesem Sinne doppelrelevant sind insbesondere Feststellungen, die einerseits zwar unmittelbar nur das Vorliegen eines allein die Rechtsfolgenbemessung betreffenden Regelbeispieles ausfallen, die andererseits aber dadurch mittelbar auch den Schuldspruch betreffen, indem sie äußere Tatmodalitäten umschreiben, durch die das tatbestandsmäßige Handeln in seiner konkreten Ausprägung bestimmt wird (BGHSt 29, 359, 369). Den Schuldspruch tragen nämlich auch jene Teile der Sachverhaltsdarstellung, die das Tatgeschehen im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs näher beschreiben, indem sie z.B. die Umstände schildern, die der Tatausführung das entscheidende Gepräge gegeben haben. Der geschichtliche Vorgang, der dem Schuldspruch zugrunde liegt, bildet nämlich ein geschlossenes Ganzes, aus dem nicht Einzelteile herausgegriffen und zum Gegenstand neuer, abweichender Feststellungen gemacht werden dürfen (BGH NJW 1982, 1295 m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Beschränkung der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch als unwirksam. Das Amtsgericht hat nämlich verabsäumt, konkrete Feststellungen dazu zu treffen, welches Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung noch von dem zumindest bedingten Vorsatz des Betroffenen umfasst war. Ohne eine solche Feststellung kann aber der Unrechtsgehalt der Tat, der entscheidend auch durch das Ausmaß der vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung mitbestimmt wird, nicht sicher festgestellt werden. Damit ist auch die Prüfung des Rechtsfolgenausspruchs auf der Grundlage der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen unmöglich, da die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruches hinreichend genaue Feststellungen zum Unrechtsgehalt der Tat verlangt (so auch OLG Saarbrücken, NStZ 1997, 149; OLG Düsseldorf, NStZ 1992, 298, 299; vgl. auch KK-Ruß, StPO, 3. Aufl., § 318 Rdnr. 7 sowie Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rdnr. 17 m.w.N.).

Die fehlenden Feststellungen dazu, welche Geschwindigkeitsüberschreitung konkret noch vom Vorsatz des Betroffenen umfasst war, lassen sich zudem auch nicht von dem Schuldspruch wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung trennen, so dass auch deshalb die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam ist. Das konkrete Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung gibt der Tat nämlich in dem oben dargestellten Sinn ihr besonderes Gepräge und dient unmittelbar der Beschreibung des Tatgeschehens im Sinne eines einheitlichen geschichtlichen Vorgangs. Die dem Betroffenen in diesem Verfahren zur Last gelegte Geschwindigkeitsfahrt bildet ein geschlossenes Ganzes, das über den Umstand, dass der Betroffene überhaupt vorsätzlich mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist, hinaus unmittelbar und den Unwertgehalt der Tat bestimmend den weiteren Umstand erfasst, welche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit noch von dem Vorsatz des Betroffenen umfasst war und in welchem Umfang er insoweit fahrlässig gehandelt haben könnte.

Darüber hinaus sind die Feststellungen des angefochtenen Urteils zum Schuldspruch aber auch insoweit lückenhaft, als sie nicht erkennen lassen, aufgrund welcher Umstände das Amtsgericht zu der Annahme gelangt ist, dass der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung zumindest teilweise fahrlässig begangen haben soll. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts wusste der Betroffene, dass er eine Baustelle zu passieren hatte, bei der die zulässige Höchstgeschwindigkeit beschränkt war. Weiterhin hatte er nach den dortigen Feststellungen vor Beginn der Baustelle einen Geschwindigkeitstrichter mit mehrfacher Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von zunächst 100 km über 80 km/h auf 60 km/h durchfahren und hatte schließlich die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit um fast das Doppelte überschritten. Angesichts dieser vom Amtsgericht selbst festgestellten Umstände hätte aber die Feststellung des Tatrichters, der Betroffene habe lediglich gewusst, dass er ”etwas zu schnell fuhr” und sein Vorsatz habe sich ”nur auf eine leichte Geschwindigkeitsüberschreitung” beschränkt, näherer Begründung bedurft, da sämtliche vom Amtsgericht insoweit konkret festgestellten Umstände zu der Annahme einer insgesamt zumindest bedingt vorsätzlich begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung drängten. Die Schlussfolgerung des Amtsgerichts, der Betroffene habe gleichwohl zumindest teilweise nur fahrlässig gehandelt, entfernt sich bei dieser Sachlage so sehr von einer festen Tatsachengrundlage, - die hinsichtlich der Annahme einer Fahrlässigkeitstat genau genommen gar nicht erkennbar ist -, dass sie letztlich eine bloße Vermutung darstellt (vgl. BGH NStZ 1983, 83; NStZ 1986, 373; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 261 Rdnr. 38).

2. Aufgrund der oben festgestellten Rechtsfehler, die zur Unwirksamkeit der Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch führen, war das angefochtene Urteil auf die Sachrüge bereits im Schuldspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.

3. Darüber hinaus weist auch der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils Rechtsfehler auf. Die Erwägungen, mit denen das Amtsgericht von der Verhängung des Regelfahrverbots gemäß § 2 Abs. 1 BKatV gegen den Betroffenen abgesehen hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Amtsgericht hat bei seiner Prüfung, ob ein Ausnahmefall gegeben ist, der ein Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbotes rechtfertigt, eine Sichtweise zugrundegelegt, die weder der Bewertung des Verordnungsgebers der Bußgeldkatalogverordnung noch den von der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung insoweit herausgearbeiteten Grundsätzen für ein Absehen vom Regelfahrverbot entspricht. Die von ihm angenommenen Kriterien für das Vorliegen eines Ausnahmefalles engen den Anwendungsbereich des Regelfahrverbotes über den insoweit gesteckten Rahmen hinaus ein und verletzen damit die Grundsätze der Anwendungsgleichheit und Rechtssicherheit.

Das Vorliegen einer beruflichen Härte hat das Amtsgericht nicht ordnungsgemäß festgestellt. Vielmehr hat es eine solche Härte allein aus der Bereitschaft des Betroffenen geschlossen, statt der Verhängung des Regelfahrverbots eine erhöhte Geldbuße von 1.000,- DM zu akzeptieren. Wenn das Amtsgericht meint, diese Zahlungsbereitschaft mache deutlich, wie stark der Betroffene auf seinen Führerschein angewiesen sei, so handelt es sich hierbei um einen nicht ohne weiteres naheliegenden Schluss. Die Bereitschaft des Betroffenen zur Zahlung der erhöhten Geldbuße besagt nämlich nicht mehr, als dass es ihm subjektiv leichter fällt, die erhöhte Geldbuße zu zahlen als für die Dauer eines Monats auf das Führen seines Kraftfahrzeuges zu verzichten. Dieser Umstand lässt sich aber ohne weiteres dadurch erklären, dass der Betroffene als selbständiger Handelsvertreter möglicherweise wirtschaftlich so gut gestellt ist, dass er allein zur Vermeidung der sich für ihn aus der Verhängung des Regelfahrverbotes ergebenden und vom Verordnungsgeber gerade gewollten Beeinträchtigung seiner Handlungsfreiheit bereit ist, die erhöhte Geldbuße zu zahlen, ohne dass für ihn mit der Verhängung des Fahrverbotes eine besondere Härte verbunden wäre. Die Bewertung des Amtsgerichts läuft, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, letztlich darauf hinaus, wirtschaftlich Bessergestellten zu gestatten, sich von dem Fahrverbot ”freizukaufen”. Berufliche Nachteile sind nämlich als selbstverschuldete, regelmäßige Folge des Fehlverhaltens von dem Betroffenen hinzunehmen und rechtfertigen für sich genommen nur in engen Grenzen das Absehen von der Verhängung des Fahrverbotes (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.03.1996 - 3 Ss OWi 1304/95 = JMBl NW 1996, 246, vom 30.09.1996 - 3 Ss OWi 972/96, vom 10.12.1996 - 3 Ss OWi 1405/96, vom 23.10.1997 - 3 Ss OWi 1158/97 und vom 9. Oktober 1997 - 3 Ss OWi 1067/97 -).

Soweit das Amtsgericht darauf abgestellt hat, dass sich die Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer angeblich verkehrsarmen Zeit ohne konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ereignet habe, hat der Bundesgerichtshof - zuletzt mit Beschluss vom 11.09.1997 - 4 StR 638/96 - wiederholt klargestellt, dass diese Umstände den Betroffenen im allgemeinen nicht entlasten können. Der Eintritt einer konkreten Gefahr sei vielmehr nur dort erforderlich, wo die Regeltatbestände der Bußgeldkatalogverordnung eine solche verlangten (wie etwa in Nr. 9.1.1 oder 34.1 des Kataloges).

Völlig neben der Sache liegen schließlich die Ausführungen des Amtsgerichts zu der Frage des ”Autobahnrausches” und zur Gleichstellung der vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung mit einer solchen von nur 36 km/h außerorts im Hinblick auf die Messpraxis der Autobahnpolizei. Auch das Amtsgericht wird nicht ernsthaft bezweifeln wollen, dass die hier angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen wirksam angeordnet waren. Das Amtsgericht wird sich im Rahmen der neuerlichen Verhandlung und Entscheidung der Sache mit der Erwägung auseinandersetzen müssen, dass solche Geschwindigkeitsbeschränkungen und ihre Überwachung durch die Polizei möglicherweise dazu dienen, dem entgegenzuwirken, dass Verkehrsteilnehmer dem ”Autobahnrausch” verfallen und ungeachtet mehrfacher vorangegangener Geschwindigkeitsbeschränkungen letztendlich mit fast dem Doppelten der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit durch eine Autobahnbaustelle fahren. Im übrigen ergibt sich aus § 1 Abs. 2 S.2 BKatV ausdrücklich, dass die Regelrechtsfolgen nach der Bußgeldkatalogverordnung nicht nur für ”Verkehrsrowdys” oder ”Raser” gedacht sind, sondern auch ansonsten besonnene Verkehrsteilnehmer treffen, da dort ausdrücklich ausgeführt ist, dass etwaige Eintragungen des Betroffenen im Verkehrszentralregister - die bei dem vorgenannten Personenkreis zu erwarten sein dürften - gerade nicht berücksichtigt sind. Die Regelsätze nach der Bußgeldkatalogverordnung gehen mithin gerade von einem bislang unbescholtenen Verkehrsteilnehmer aus, so dass auch dieser Umstand den Betroffenen hier nicht entscheidend wird entlasten können.

Aufgrund der in diesem sowie in den weiteren von dem Senat entschiedenen Verfahren OLG Hamm 3 Ss OWi 1078/97, 1067/97 und 1158/97 zum Ausdruck kommenden Willen des Tatrichters, keinesfalls ein Fahrverbot zu verhängen, hat der Senat von der sich aus § 79 Abs. 6 OWiG, § 354 Abs. 2 StPO ergebenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herford zurückzuverweisen.


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