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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 506/97 OLG Hamm

Leitsatz: Es darf darauf vertraut werden, dass ein in Essen zur Postbeförderung gegebener Brief die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm am folgenden Tage erreichen würde.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Postlaufzeit, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Verschulden an Fristversäumung

Normen: StPO 44

Beschluss: Ermittlungsverfahren (Klageerzwingungsverfahren) gegen den Baustoffkaufmann H.D. - Verteidiger: Rechtsanwältin El. -
wegen Unterschlagung,
(hier: Antrag der Firma H.GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, dieser vertreten durch Rechtsanwälte G. und B. auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 S.1 StPO).

Auf den Antrag der Antragstellerin vom 23.10.1997 auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 S.1 StPO gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Hamm vom 17.09.1997 sowie auf den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Essen vom 16.07.1997 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antragstellerin wird auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Essen vom 16.07.1997 gewährt.

Gründe:
I. Der Geschäftsführer der Antragstellerin hat am 08.04.1997 Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verlustes einer Geldbombe der Antragstellerin mit 28.700,- DM Bargeld in der Zeit vom 04.04.1997, 17.45 Uhr bis zum 08.04.1997, 08.30 Uhr, gestellt. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren richtete sich gegen die stellvertretende Baumarktleiterin der Antragstellerin, Frau B., die am 04.04.1997 die Tageseinnahmen der Antragstellerin in die genannte Geldkassette sowie in eine weitere Geldkassette mit 10.400,- DM Inhalt gefüllt hatte, sowie gegen den Angestellten Herrn D. der Antragstellerin, der die beiden Geldkassetten - es handelte sich um Geldbomben für den Nachttresor der Volksbankfiliale auf der Voßstraße in Gladbeck, gegen 17.45 Uhr am 04.04.1997 in den genannten Nachttresor gebracht und nach seinen Angaben dort auch eingeworfen hatte. Bei der Leerung des Nachttresors am Morgen des 08.04.1997 gegen 08.30 Uhr war durch den Filialleiter der genannten Volksbankfiliale, den Zeugen K., sowie durch den dortigen Kassierer festgestellt worden, dass sich im Nachttresor zwar eine Geldbombe der Antragstellerin mit 10.400,- DM Bargeld befand, nicht hingegen die weitere Geldbombe mit 28.700,- DM. Im Nachttresor befand sich vielmehr neben den Geldkassetten weiterer Kunden und der genannten Kassette mit 10.400,- DM Inhalt nur noch eine bis auf ein dreiteiliges Einzahlungsformular der Volksbank leere Geldbombe.

Mit Bescheid vom 16.07.1997, der am 22.07.1997 zur Postbeförderung gegeben wurde und am 24.07.1997 zugegangen ist, hat die Staatsanwaltschaft Essen das Ermittlungsverfahren gegen die beiden vorgenannten Beschuldigten eingestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 06.08.1997, bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm eingegangen am 11.08.1997, hat die Antragstellerin hiergegen Beschwerde eingelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat die Beschwerde mit Bescheid vom 17.09.1997 als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung nähere Ausführungen zur Sache gemacht. Gegen den den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ohne Rechtsmittelbelehrung am 23.09.1997 zugegangenen Bescheid richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 23.10.1997, der am selben Tage beim Oberlandesgericht in Hamm eingegangen ist.

Der Berichterstatter des Senats hat den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 09.12.1997 davon unterrichtet, dass die Beschwerde vom 06.08.1997 verspätet bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm eingegangen war, und dass aufgrund des Poststempels auf dem Briefumschlag, mit dem die Beschwerde zur Post gegeben worden war, auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beschwerde vom 06.08.1997 noch am selben Tage zur Post gegeben worden sei. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 15.12.1997, beim Oberlandesgericht Hamm am selben Tage eingegangen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Essen vom 16.07.1997 beantragt. Zur Begründung des Antrags hat sie ausgeführt und durch eidesstattliche Versicherung ihres Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt B., vom 15.12.1997 sowie nach entsprechendem Hinweis durch den Senat durch weitere eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten D.B. des vorgenannten Rechtsanwalts vorgetragen, dass die Beschwerdeschrift vom 06.08.1997 noch am selben Tage kurz vor 16.30 Uhr in den vor den Kanzleiräumen liegenden Briefkasten an der Ecke Friedrich-/Goethestraße in Gladbeck eingeworfen worden sei, der werktags letztmalig um 18.00 Uhr geleert werde.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die begehrte Wiedereinsetzung zu gewähren.

Der Antragstellerin war Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 StPO gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Essen vom 16.07.1997 zu gewähren. Sie hat nämlich hinreichend glaubhaft gemacht, dass sie bzw. ihre Verfahrensbevollmächtigten, deren Verschulden sie sich zurechnen lassen muß (OLG Düsseldorf, NStE Nr. 40 zu § 172 StPO; vgl. auch BGHSt 30, 309, 310 f), kein Verschulden an der Fristversäumnis trifft, §§ 44, 45 Abs. 2 S.1 StPO.

Durch die vorgenannten eidesstattlichen Versicherungen hat die Antragstellerin in einem nach Lage der Sache vernünftigerweise zur Entscheidung hinreichenden Maß die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit ihres Vorbringens dargetan, dass die Beschwerdeschrift noch am 06.08.1997 vor der letzten Leerung des dort bezeichneten Briefkastens durch Einwurf dort zur Post gegeben worden war. Die Büroangestellte B. hat insoweit versichert, die gesamte Kanzleipost des 06.08.1997 nach der Freistemplung in einen Freistemplerumschlag gelegt, diesen dann verschlossen und kurz vor Büroschluss in den genannten Briefkasten eingeworfen zu haben. Der Briefumschlag mit der Beschwerdeschrift ist am 06.08.1997 durch die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin freigestempelt worden, wie sich aus dem Freistempleraufdruck auf dem Briefumschlag ergibt. Zwar bleibt aufgrund des auf den 07.08.1997 datierten und von der Deutschen Post AG aufgebrachten weiteren Stempelaufdrucks auf dem Briefumschlag die Möglichkeit, dass die Beschwerde von den Angestellten der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin versehentlich nicht in den Freistemplerumschlag vom 06.08.1997 eingelegt worden ist. Ebenso kann aber ein in den Verantwortungsbereich der Deutschen Post AG fallender und der Antragstellerin bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten daher nicht zurechenbarer Fehler bei der Leerung des genannten Briefkastens bzw. bei der Weiterbeförderung der dort eingeworfenen Post vorliegen. Dies lässt sich angesichts des Zeitablaufs aus von der Antragstellerin nicht zu vertretenden Gründen nicht mehr aufklären, da diese erstmalig durch den Senat über die Fristversäumnis unterrichtet worden ist. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht des Umstandes, dass es hier für die Antragstellerin um die Gewährung des ersten Zugangs zu einer gerichtlichen Überprüfung ihres Begehrens auf Strafverfolgung geht, genügt für die Glaubhaftmachung des Vortrages der Antragstellerin die allgemeine Versicherung der Büroangestellten B., sie habe die "gesamte Kanzleipost' des 06.08.1997 nach der Freistemplung zur Postbeförderung gegeben.

Bei dieser Sachlage trifft die Antragstellerin bzw. ihre Verfahrensbevollmächtigten kein Verschulden an der Fristversäumnis. Die Antragstellerin durfte darauf vertrauen, dass ein am 06.08.1997 in Essen zur Postbeförderung gegebener Brief die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm am folgenden Tage, dem 07.08.1997, und damit noch fristwahrend erreichen würde. Insoweit stützt sich der Senat auf eine in einem anderen Verfahren eingeholte Auskunft der Deutschen Post AG, Briefzentrum Essen, wonach ein in Wochenmitte - der 06.08.1997 war ein Mittwoch zur Postbeförderung gebrachter Brief mit einer Wahrscheinlichkeit von deutlich über 90 % am nächsten Tag den Empfänger im Bundesgebiet erreicht.

Der Antragstellerin war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 7 StPO auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.


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