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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 481/97 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Das Amtsgericht, das den Einspruch des Betroffenen wegen unentschuldigten Ausbleibens im Termin verworfen hat, muss Entschuldigungsvorbringen des Betroffenen mitteilen und erörtern.
2. Berufliche oder private Gründe können ein Fernbleiben im Hauptverhandlungstermin rechtfertigen

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Verwerfung des Einspruchs wegen Ausbleiben des Betroffenen, Auseinandersetzung mit Entschuldigungsvorbringen, Entschuldigung, Urteilsinhalt, Zeitpunkt der Entschuldigung

Normen: OWiG 74

Beschluss: Bußgeldsache gegen B.S.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 7. Juli 1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 20.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückverwiesen.

Gründe:
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid der Stadt Essen vom 15. April 1997 gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Betroffene zum Termin zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben sei, obwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet gewesen sei. Die vom Betroffenen vorgetragenen Gründe seien keine genügende Entschuldigung, weil die Ladung am 11. Juni erfolgt sei, so dass er rechtzeitig sich hätte entschuldigen können. Welche Gründe der Betroffene zu seiner Entschuldigung vorgetragen hat, hat das Amtsgericht nicht ausgeführt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

Die Rechtsbeschwerde erweist sich als zulässig.

Mit der Rechtsbeschwerde wird vorgetragen, dass der Verteidiger im Hauptverhandlungstermin ein Fax der Firma M.T. vom 3. Juli 1997 vorgelegt habe, aus dem sich ergebe, dass der Betroffene den Hauptverhandlungstermin nicht wahrnehmen könne, da er sich zur Zeit aus beruflichen Gründen bis zum Februar 1998 in Istanbul/Türkei befinde. Mit diesem Vorbringen sei das Fernbleiben des Betroffenen im Hauptverhandlungstermin ausreichend entschuldigt.

Damit hat der Betroffene seine Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt, ausreichend ausgeführt.

Die Rüge führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung ist ein Urteil, durch das ein Einspruch eines Betroffenen nach § 74 Abs. 2 S.1 OWiG verworfen wird, so zu begründen, dass das Rechtsbeschwerdegericht die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen kann. Erforderlich ist insoweit, dass das Amtsgericht die vom Betroffenen vorgebrachten Entschuldigungsgründe oder sonstige Anhaltspunkte, die für ein entschuldigtes Fernbleiben des Betroffenen sprechen könnten, mitteilt und sich mit ihnen auseinandersetzt. Das Amtsgericht darf sich nicht mit der formularmäßigen und nichtssagenden Begründung begnügen, die vom Betroffenen vorgetragenen Gründe seien keine genügende Entschuldigung, ohne die Entschuldigungsgründe überhaupt anzugeben (vgl. Senatsentscheidung VRS 68/55 f; OLG Hamm, 2. Strafsenat DAR 1991/394 f; OLG Köln VRS 67/454 f; OLG Köln VRS 93/186 ff.; OLG Düsseldorf VRS 68/470 f).

Soweit das Amtsgericht in seinen Urteilsgründen darauf abstellt, dass der Betroffene sich rechtzeitig hätte entschuldigen können, weil er bereits am 11. Juni 1997 geladen worden sei, so stellt dies keine Begründung dar, die eine Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG rechtfertigen könnte. Darauf, ob der Betroffene sich entschuldigt hat, insbesondere, ob dies rechtzeitig erfolgt ist, kommt es nach einhelliger Rechtsprechung nicht an. Maßgeblich ist vielmehr, ob er entschuldigt war (vgl. u.a. OLG Köln VRS 93/186, 187). Das Amtsgericht hätte daher die vom Betroffenen vorgetragenen Gründe mitteilen und behandeln müssen.

Dieser Begründungsmangel wäre nur dann unschädlich, wenn die vom Betroffenen vor Erlass des Verwerfungsurteils vorgebrachten Entschuldigungsgründe von vornherein und offensichtlich ungeeignet gewesen wären, seine Abwesenheit zu entschuldigen (Senatsentscheidung VRS a.a.O. OLG Hamm, 2. Strafsenat, a.a.O.; OLG Köln VRS 93/186 f). In einem solchen Falle würde das angefochtene Urteil nicht auf dem erörterten Darlegungsmangel beruhen.

Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend aber nicht gegeben. Berufliche oder private Angelegenheiten eines Betroffenen können durchaus sein Ausbleiben in einer Hauptverhandlung entschuldigen, wenn sie unaufschiebbar sind oder wenn sie unter Berücksichtigung des gegen den Betroffenen erhobenen Schuldvorwurfs solche Bedeutung hatten, dass dem Betroffenen das Erscheinen vor Gericht billigerweise nicht zugemutet werden konnte. Dass die vom Betroffenen ausweislich der Rechtsbeschwerdebegründung vorgetragenen Entschuldigungsgründe von vornherein ungeeignet gewesen wären, sein Fernbleiben zu entschuldigen, lässt sich somit nicht bejahen.

Bei dieser Sachlage war das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Essen zurückzuverweisen.


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