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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 593/97 OLG Hamm

Leitsatz: Zur günstigen Sozialprognose für eine bedingte Entlassung nach Verbüßung von 2/3

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: bedingte Entlassung, Strafaussetzung zur Bewährung, günstige Sozialprognose, Entlassungszeitpunkt

Normen: StGB 57, StGB 56 b

Beschluss: Strafsache gegen M.H.,
wegen Betruges u.a.,
(hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung).

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 25.11.1997 gegen den Beschluss der 16 b. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 17.11.1997 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Der Verurteilte ist am 30. Januar 1998 bedingt aus der Strafhaft zu entlassen, in der er sich derzeit aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Hamm vom 03.12.1992 - 9 Ls 12 Js 99/92 - befindet.

3. Die Bewährungszeit wird auf 4 Jahre festgesetzt.

4. Der Verurteilte wird der Aufsicht und Leitung des zuständigen hauptamtlichen Bewährungshelfers unterstellt.

5. Die Belehrung über die bedingte Entlassung wird der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne

6. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:
Mit seiner am 28.11.1997 beim Landgericht Bielefeld eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich der Verurteilte gegen den ihm am 25.11.1997 zugestellten Beschluss der Strafvollstrekkungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 17.11.1997, durch den diese die bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft nach Verbüßung von mehr als 2/3 der gegen ihn durch Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 03.12.1992 verhängten Freiheitsstrafen abgelehnt hat. Das Amtsgericht Hamm hatte den Beschwerdeführer wegen Betruges in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Der Verurteilte befindet sich seit seiner Festnahme aufgrund Vollstreckungshaftbefehls am 14.06.1994 - nach Verbüßung einer weiteren durch das Amtsgericht Unna verhängten Strafe - bis heute ununterbrochen in Haft.

Die gemäß § 454 Abs. 2 StPO, § 57 StGB statthafte und fristgerecht (§ 311 Abs. 2 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

Die Strafvollstreckungskammer hat die bedingte Entlassung des Verurteilten nach Verbüßung von mehr als 2/3 der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe zu Unrecht abgelehnt. Dem Verurteilten kann nämlich nunmehr die gem. § 57 Abs. 1 Ziffer 2 StGB für eine bedingte Entlassung erforderliche günstige Sozialprognose gestellt werden. Insoweit hat der Senat bereits mit Beschluss vom 24.04.1997 - 3 Ws 151, 152/97 OLG Hamm ausgeführt, dass sich in den familiären und beruflichen Verhältnissen des Verurteilten während der Haft eine deutliche Stabilisierung gezeigt hat, der auch ein entsprechend beanstandungsfreies und in den Arbeitsleistungen des Beschwerdeführers überdurchschnittlich gutes Vollzugsverhalten gegenüberstand. Gleichwohl hat der Senat seinerzeit im Hinblick auf die erheblichen strafrechtlichen Vorbelastungen des Beschwerdeführers eine bedingte Entlassung abgelehnt und entschieden, dass dieser noch der weiteren Erprobung im offenen Vollzug bedürfe. Diese weitere Erprobung hat der Beschwerdeführer mittlerweile erfolgreich durchlaufen. Nach der Stellungnahme des Leiters der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne vom 19.09.1997 ist das vollzugliche Verhalten des Beschwerdeführers weiterhin beanstandungsfrei gewesen, er befinde sich weiterhin in einem freien Beschäftigungsverhältnis und habe sich auch in Beurlaubungen und Ausgängen weiter bewährt. Auch bestehe regelmäßiger Kontakt mit seiner Ehefrau und den beiden ehelichen Kindern. Nach seiner Entlassung werde er in die eheliche Wohnung zurückkehren; die von ihm bislang im Rahmen des freien Beschäftigungsverhältnisses innegehaltene Arbeitsstelle bei der Firma Bindan stehe ihm auch für die Zeit nach seiner bedingten Entlassung weiter zur Verfügung.
Mit dieser aktuellen Entwicklung des Verurteilten hat sich die Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss nicht näher auseinandergesetzt; sie hat dort vielmehr pauschal allein darauf verwiesen, dass die persönliche Anhörung des Beschwerdeführers keine neuen und gewichtigen Umstände aufgezeigt habe, die nunmehr eine günstige Sozialprognose begründen könnten. Der Senat hat daher einen Bericht der Gerichtshilfe bei der Staatsanwaltschaft Münster über die Entlassungssituation des Verurteilten sowie sein familiäres und soziales Umfeld eingeholt. Der daraufhin unter dem Datum des 05.01.1998 vorgelegte Bericht des Diplom-Sozialpädagogen Adolph, der sich umfangreich und detailliert mit der genannten Fragestellung auseinandersetzt, bestätigt die positive Entwicklung des Beschwerdeführers unter dem Eindruck der bislang verbüßten Strafhaft und beschreibt eine insgesamt gefestigte Entlassungssituation. Danach verfügt der Beschwerdeführer nicht nur über eine feste Arbeitsstelle bei seinem bisherigen Arbeitgeber auch über die Zeit der Haft hinaus, vielmehr hat er auch zu seiner Familie, insbesondere zu seiner Ehefrau, zurückgefunden, die ebenfalls über eine Arbeitsstelle verfügt, mit ihrem Einkommen nicht unwesentlich zum Familieneinkommen beiträgt und auch - was im Hinblick auf den strafrechtlichen Werdegang des Beschwerdeführers von besonderer Bedeutung ist - die Verwaltung dieses Einkommens übernommen hat, während der Beschwerdeführer selbst nur noch ein Taschengeld erhält. Allerdings war der Beschwerdeführer vor allem im Hinblick auf seine erheblichen Schulden, zu denen noch der Unterhaltsanspruch seines nichtehelichen Kindes hinzukommt, der Aufsicht und Leitung des zuständigen hauptamtlichen Bewährungshelfers zu unterstellen. Dessen Aufgabe wird es vornehmlich sein, mit dem Beschwerdeführer nach dessen Entlassung einen Plan zur Tilgung der Schulden aufzustellen und eine regelmäßige Bedienung dieser Verbindlichkeiten durch den Beschwerdeführer zu überwachen und sicherzustellen. Von einer Auflage gemäß § 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB zur Schadenswiedergutmachung im Rahmen dieser Schuldentilgung hat der Senat zunächst abgesehen, da er über keine konkreten Informationen über die Person der Schuldner und die Höhe der einzelnen Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers, soweit sie aus den diesem Verfahren zugrundeliegenden Straftaten herrühren, verfügt. Diese Informationen wird der Bewährungshelfer dem für die Bewährungsaufsicht zuständigen Gericht alsbald zur Verfügung stellen müssen. Der Senat regt bereits jetzt ausdrücklich an, dass sodann nachträglich eine entsprechende Auflage nach § 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB gemacht werden sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 3 StPO analog.


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