Aktenzeichen: 3 Ss OWi 1588/97 OLG Hamm
Leitsatz: Zur prozeßordnungsgemäßen Verweisung auf ein von dem Verkehrsverstoß gefertigtes Lichtbild vom Betroffenen und zru ausreichenden Beschreibung der auf einem Lichtbild abgebildeten Person
Senat: 3
Gegenstand: OWi
Normen: StPO 267
Stichworte: Bezugnahme auf ein von einem Verkehrsverstoß gefertigtes Lichtbild des Betroffenen, Geschwindigkeitsüberschreitung
Beschluss: Bußgeldsache gegen N.S.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 12. September 1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 06.01.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richterinnen am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 3, 49 StVO i.V.m. § 24 StVG eine Geldbuße von 200,- DM sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verhängt.
Nach den getroffenen Feststellungen überschritt der Betroffene als Führerdes von ihm gesteuerten PKW Mercedes-Benz am 10.01.1997gegen 11.30 Uhr innerhalb geschlossener Ortschaft, nämlich inBielefeld auf der Artur-Ladebeck-Straße, die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 38 km/h, wobei von der mit einem Mobilgerät des Typs Traffipax Speedphot gemessenen Geschwindigkeit von 91 km/h ein Toleranzabzug in Höhe von 3 km/h erfolgt ist.
Seine Überzeugung davon, dass die Betroffene die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, hat der Amtsrichter wie folgt begründet:
öDieser Sachverhalt steht zur sicheren Überzeugung des Gerichts aufgrund der in der Hauptverhandlung vom 12. September 1997 durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Der Betroffene lässt sich zur Sache nicht ein.
Anhand des gefertigten Hochglanzphotos lässt er sich jedoch einwandfrei, und, ohne jegliche Zweifel zu hinterlassen, als verantwortlicher Fahrzeugführer erkennen.
Durch Vergleich des Gesichts des Betroffenen in der Hauptverhandlung mit der auf dem Bild wiedergegebenen Person lässt sich die Personengleichheit begründen. Auf dem Photo sind die hohe Stirn, die über dem Nasenbein zusammenwachsenden dunklen Augenbrauen, die Nasen- und Oberlippenform sowie die Koteletten des Betroffenen wiederzuerkennen."
Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffenen unter näheren Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Bielefeld.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 18.12.1997 im Anschluß an eine Wiedergabe der bereits oben mitgeteilten amtsgerichtlichen Begründung betreffend die Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des gemessenen Fahrzeugs folgendes ausgeführt:
"Diese Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des Tatfahrzeuges genügen nicht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 19.12.1995 (NZV 1996, 157 f) ausgeführt, dass es in Fällen, in denen im Urteil gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf ein zur Identifizierung generell geeignetes Beweisfoto verwiesen wird, in der Regel keiner näheren Ausführungen bedarf. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach Inhalt oder Qualität des Fotos Zweifel an seiner Eignung als Grundlage für die Identifizierung des Fahrers bestehen. Vorliegend ist jedoch eine Verweisung gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, aufgrund derer das Foto Bestandteil der Urteilsgründe geworden wäre, nicht erfolgt. Die Formulierung "Anhand des gefertigten Hochglanzfotos lässt er sich jedoch einwandfrei und ohne jegliche Zweifel zu hinterlassen als verantwortlicher Fahrzeugführer erkennen stellt keine derartige Verweisung dar (vgl. Kleinknecht/MeyerGoßner, StPO, 42. Auflage, Rdnr. 8 zu § 267; Senatsentscheidung vom 07.01.1997 - 3 Ss OWi 1522/96 - m.w.N.).
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss in Fällen, in denen eine prozeßordnungsgemäße Verweisung auf das Beweisfoto unterblieben ist, das Urteil Ausführungen zur Bildqualität enthalten und die abgebildete Person oder jedenfalls mehrere charakteristische Identifizierungsmerkmale so präzise beschreiben, dass dem Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wird, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist. Daran mangelt es hier. Es wird lediglich mitgeteilt, dass auf dem Foto die hohe Stirn, die über dem Nasenbein zusammenwachsenden dunklen Augenbrauen, die Nasen- und Oberlippenform sowie die Koteletten des Betroffenen wiederzuerkennen sind. Eine Mitteilung dahingehend, wie Gesichtsform, Nase und Kinn des Betroffenen und des auf dem Radarfoto abgebildeten Fahrzeugführers ausgestattet sind, sowie eine Darlegung etwaiger weiterer Merkmale fehlen. Auch lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen, ob das bei den Akten befindlidhe Beweisfoto hinsichtlich der Bildqualität, insbesondere hinsichtlich der Bildschärfe, als Grundlage für eine Identifizierung tauglich ist. Solche Angaben wären hier auch nicht deshalb ausnahmsweise entbehrlich, weil aufgrund eines ins einzelne gehenden Vergleichs mehrerer charakteristischer Merkmale durch den Tatrichter zwingend auf die Geeignetheit des Frontfotos zur Identifizierung geschlossen werden könnte (BayObLG, DAR 1996, 411; Senatsbeschluss vom 30.01.1996 - 3 Ss OWi 1491/95 -). Dazu wäre nämlich zumindest eine detaillierte Beschreibung der übereinstimmenden Merkmale erforderlich gewesen. An einer solchen Beschreibung fehlt es hier ebenfalls, da die Urteilsgründe sich darauf beschränken, in allgemeiner Form mehrere Identifizierungsmerkmale aufzulisten, ohne nähere Ausführungen dazu zu machen, wie diese Merkmale konkret ausgeprägt sind."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Das angefochtene Urteil war.daher gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 353 Abs. 1, Abs. 2 StPO aufzuheben und gemäß § 79 Abs. 6 OWiG an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen.
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