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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 268/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den erforderlichen Feststellungen hinsichtlich der Verhängung eines Fahrverbost, wenn sich der Betroffene einlässt, er habe das die Geschwindigkeit regelnde Verkehrszeichen übersehen, weil er ortsfremd gewesen sei und sich verfahren habe.

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Augenblicksversagen, grobe Pflichtwidrigkeit, ortsfremder Betroffener hat sich verfahren, einfache Fahrlässigkeit, Fahrverbot

Normen: StVO 3, StVG 25, BKatV 2 Abs. 1 Nr. 1 BKatV

Beschluss: Bußgeldsache gegen J.H.,
wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 19.09.1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 12.03.1998 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Gütersloh zurückverwiesen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Gütersloh hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 41 Abs. 2 (Zeichen 274); 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 200,- DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer verhängt. Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die allein Rechtsfehler bei der Verhängung des Fahrverbotes rügt.

II. Die zulässige und nach dem Inhalt ihrer Begründung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Die Verhängung des Fahrverbotes gemäß § 25 Abs. 1 S.1 StVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lfd. Nr. 5.3.4 Tabelle 1 a lit. c BKatV hat das Amtsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zur Tat nicht hinreichend begründet. Das Amtsgericht hat sich insbesondere nicht mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11.09.1997 (- 4 StR 638/96 -, DAR 1997, 450 ff) auseinandergesetzt, obwohl hierzu nach den von ihm getroffenen Feststellungen Veranlassung bestanden hätte. Das Amtsgericht hat nämlich zu den Umständen, unter denen es zu der dem Betroffenen vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitung gekommen ist, folgendes festgestellt:

"Die Verkehrszeichen sind auf der geraden, gut ausgebauten Strecke von weitem erkennbar. Der Betroffene war ortsfremd und hatte sich verfahren, so dass er die Verkehrszeichen 274 übersah. Er war sich der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bewusst."

Auf der Grundlage dieser Feststellungen liegt jedenfalls nicht ganz fern und wäre daher vom Amtsgericht zu erörtern gewesen, dass der Grund für die von dem Betroffenen begangene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung darin lag, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen nicht wahrgenommen hatte, ohne dass diese Fehlleistung ihrerseits auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruhte. Danach war der Betroffene nämlich ortsfremd und beging die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften, mithin in einem Bereich, in dem die zulässige Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich - ohne besondere Anordnungen durch Zeichen 274 - gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 c StVO 100 km/h beträgt. Diese Geschwindigkeit hielt der Betroffene auch in etwa ein, da er mit einer Geschwindigkeit von 105 km/h gemessen wurde, was abzüglich des Toleranzwertes von 4 km/h die vorwerfbare Geschwindigkeit von 101 km/h ergab. Das Amtsgericht hätte sich daher näher mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie sehr dem Betroffenen das Übersehen des Verkehrsschildes Zeichen 274 zum Vorwurf gereichte, wobei die Verhängung eines Fahrverbotes dann nicht in Betracht kommt, wenn ihm insofern allenfalls einfache Fahrlässigkeit zur Last fallen sollte (BGH, a.a.O.). Dabei dürfte die vom Amtsgericht festgestellte gute Sichtbarkeit bzw. Wahrnehmbarkeit des Verkehrsschildes Zeichen 274 gegen das Vorliegen nur einfacher Fahrlässigkeit auf Seiten des Betroffenen sprechen (vgl. BGH, a.a.O.). Es fehlen hier aber weitere, erforderliche Feststellungen dazu, ob etwa der Messstelle ein sogenannter Geschwindigkeitstrichter vorausging, durch den die zulässige Höchstgeschwindigkeit stufenweise mittels mehrerer nacheinander aufgestellter Vorschriftzeichen herabgesetzt wird. Solche tatsächlichen Gegebenheiten liegen hier angesichts der Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften zwar nahe, sind aber vom Amtsgericht jedenfalls nicht festgestellt. Sollte hier ein derartiger Geschwindigkeitstrichter vorgelegen haben, wird das Amtsgericht bedenkenlos davon ausgehen dürfen, dass der Betroffene die gebotene Aufmerksamkeit in grob pflichtwidriger und die Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigender Weise außer acht gelassen hatte (vgl. BGH, a.a.O.). Ähnlich würde es sich dann verhalten, wenn sich das Vorliegen einer Geschwindigkeitsbeschränkung aufgrund anderer äußerer Umstände, etwa aufgrund der Art der vorliegenden Bebauung, für den Betroffenen hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, a.a.O.). Da hierzu noch weitere ergänzende Feststellungen zu treffen sind, die allerdings sämtlich allein die Frage der Verhängung des Regelfahrverbotes und damit den Rechtsfolgenausspruch betreffen, war die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.


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