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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 167/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur trotz schnellem Rückfall ausnahmsweisen bedingten Entlassung

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Aussetzung durch Senat, bedingte Entlassung, gnadenweise Strafunterbrechung, schneller Rückfall, Strafaussetzung zur Bewährung

Normen: StGB 57

Beschluss: Strafsache gegen M.K.,
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, hier: sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24. März 1998 gegen den Beschluss der 19. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 17.03.1998 hat der 3.Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 16.04.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Verurteilte ist am 29. April 1998 bedingt aus der Strafhaft zu entlassen.

Die Vollstreckung des noch nicht verbüßten Strafrestes aus dem Urteil des Amtsgerichts Dorsten vom 31. März 1994 (5Ds 35 Js 1854/93 (48/94), Freiheitsstrafe von sechs Monaten) in Verbindung mit dem Widerrufsbeschluß des Amtsgerichts Dorsten vom 27. April 1995 wird zur Bewährung ausgesetzt.

Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre.

Der Verurteilte wird der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers Arno Stamm, Herzlia-Allee 7 in 45770 Marl, unterstellt.

Die Belehrung über die Strafausetzung zur Bewährung wird dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:
Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung nach § 57 Abs. 1 StGB abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Verurteilte sei im vorliegenden Verfahren nur wenige Tage nach der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten mit Bewährung erneut einschlägig in Erscheinung getreten, ohne dass die zunächst bewilligte Bewährung widerrufen worden sei. Es sei wenige Monate später zu einer weiteren Straftat gekommen. In Anbetracht dessen komme nur eine nachhaltige Beeindruckung des Verurteilten durch den (vollständigen) Strafvollzug zur Erreichung des Strafzwecks in Betracht.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur bedingten Entlassung des Verurteilten.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Den vorliegenden Akten ist zwar nicht zu entnehmen, wann dem Verurteilten der angefochtene Beschluss zugestellt worden ist, weil sich ein Zustellungsnachweis nicht bei den Akten befindet. Ausweislich des Kanzleivermerks des Landgerichts Bielefeld ist der angefochtene Beschluss jedoch am 23.März 1998 gefertigt und abgesandt worden. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24. März 1998 ist am folgenden Tag bei der Posteingangsstelle der Bielefelder Justizbehörden und damit in jedem Falle rechtzeitig innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO eingegangen.

Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Zwar ist nicht zu verkennen, dass sich der Verurteilte in der Vergangenheit innerhalb sehr kurzer Zeit gleich in zwei Verfahren und damit als massiver Bewährungsversager erwiesen hat. Auch war zu berücksichtigen, dass gegen den Verurteilten zuvor in der Zeit zwischen Februar 1992 und August 1993 in fünf Verfahren Geldstrafen verhängt werden mußten. Der Verurteilte hat somit in der Zeit von Oktober 1991 bis Juni 1994 eine beachtliche Delinquenz gezeigt. Eine derartige Häufung von Straftaten in kurzer Zeit bei zweimaligem Bewährungsversagen steht grundsätzlich einer Reststrafenaussetzung entgegen.

Gleichwohl sind vorliegend Besonderheiten festzustellen, die es auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit (§ 57 Abs. 1 StGB n.F.) rechtfertigen, einen Strafrest zur Bewährung auszusetzen. Es ist nämlich zu beachten, dass die weitere Vollstreckung der Strafe nach dem ursprünglichen Strafbeginn am 15. November 1995 im Gnadenwege mit Wirkung vom 1. Februar 1996 vorläufig eingestellt worden ist. Der Verurteilte hat in dieser und der Folgezeit verschiedene Verfahren betrieben, die letztlich darauf abzielten, die Strafe nicht verbüßen zu müssen. Diese Verfahren waren schließlich am 16. Juni 1997, zuletzt mit der Ablehnung eines Gnadenerweises, abgeschlossen. Der Verurteilte ist schließlich unter dem 16. Oktober 1997 zum Antritt des Strafrestes geladen worden. Er hat aufgrund Antrages vom 7. November 1997 einen Strafaufschub bis zum 15. Februar 1998 einschließlich erwirkt, weil er sich im Dezember 1996 in Spanien mit einer Gaststätte selbständig gemacht hatte und in der Winterzeit dort Hochsaison herrscht. Am 16. Februar 1998 hat er sich pünktlich zum Strafantritt gestellt. Seine Führung im offenen Vollzug ist ausweislich des Berichts des Leiters der Justizvollzugsanstalt beanstandungsfrei.

Der Verurteilte hat sich seit dem 21. Juni 1994 straffrei geführt. Nach Teilverbüßung der vorliegenden Strafe in der Zeit vom 15. November 1995 bis zum 1. Februar 1996 hat er sich bis zum 15. Februar 1998, also mehr als zwei Jahre, auf freiem Fuß befunden und sich in dieser Zeit eine neue Existenz aufgebaut und damit praktisch bewährt. Er hat sich schließlich freiwillig und pünktlich zum erneuten Strafantritt gestellt und sich in der Haft unter den Bedingungen des offenen Vollzuges ordentlich geführt. Seine Entlassungssituation erscheint zudem günstig.

Bei dieser Sachlage erscheint es in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen des Leiters der Justizvollzugsanstalt, des Bewährungshelfers, der den Verurteilten bereits seit längerer Zeit in den anderen Verfahren problemlos betreut, und der Staatsanwaltschaft trotz der sehr hohen Rückfallgeschwindigkeit in der Vergangenheit gerechtfertigt zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzuges auch weiterhin keine Straftaten begehen wird. Auch das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit steht einer bedingten Entlassung nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 473 Abs. 1 StPO.


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