Aktenzeichen: 3 Ss 386/98 OLG Hamm
Leitsatz: Zu den Anforderungen an die tatsächlichen Feststellungen
Senat: 3
Gegenstand: Revision
Stichworte: Wechsel des Rechtsmittels von der Berufung zur Sprungrevision, unzureichende Feststellungen
Normen: StPO 267, StPO 335
Beschluss: Strafsache gegen A.B.,
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
Auf die Sprungrevision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Bielefeld vom 28. Oktober 1997 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 2. April 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe:
I. Durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 28. Oktober 1997 ist der Angeklagte wegen "Fahrens ohne Fahrerlaubnis" kostenpflichtig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. Die Straßenverkehrsbehörde ist angewiesen worden, dem Angeklagten vor Ablauf von noch zwei Jahren keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1997, eingegangen bei der Posteingangsstelle der Bielefelder Justizbehörden am 31. Oktober 1997, Berufung eingelegt. Dieser Schriftsatz ist zunächst nicht zu den Akten gelangt, sondern erst am 27. November 1997 in einer anderen Akte vorgefunden worden. Am 1. Dezember 1997 ist ein gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürztes Urteil auf der Geschäftsstelle des Amtsgericht Bielefeld eingegangen. Dieses Urteil enthält die Feststellungen, dass der erheblich einschlägig vorbestrafte Angeklagte verheiratet sei, als Arbeitsloser über kein Einkommen verfüge und vom Sozialamt monatlich 2.000,00 DM erhalte. Hinsichtlich der Feststellungen zur Sache ist auf den Inhalt des Anklagesatzes Bezug genommen worden. Das Gericht hat "unter Berücksichtigung der besonderen Umstände in der Tat und der Person des Angeklagten ... zur Einwirkung auf ihn und zur Verteidigung der Rechtsordnung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten für erforderlich" gehalten, die "wegen der einschlägigen Vorstrafen nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden" konnte.
Das Urteil ist dem Verteidiger des Angeklagten am 17. Dezember 1997 zugestellt worden. Bereits am 3. Dezember 1997 hatte ein nicht bevollmächtigter Sozius des Verteidigers das Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Urteils unterzeichnet. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1997, eingegangen bei der Posteingangsstelle der Bielefelder Justizbehörden am 2. Januar 1998, hat der Verteidiger einen Wechsel des Rechtsmittels zur Sprungrevision erklärt und zugleich die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhoben.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückzuverweisen.
II. Der Wechsel des Rechtsmittels von der Berufung zur Sprungrevision ist wirksam. Dieser Wechsel ist innerhalb der Frist zur Begründung der Revision und bei dem Amtsgericht Bielefeld angebracht worden (vgl. BGHSt 40, 395, 397; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Auflage, § 335 Rdnr. 10). Die Sprungrevision ist somit fristgerecht eingelegt und in zulässiger Weise mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet worden.
Die Sprungrevision hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Gründe des abgekürzten Urteils sind so unvollständig, dass eine Überprüfung des Urteils durch den Senat nicht erfolgen kann.
Da eine Aufhebung des Urteils zu erfolgen hatte, kam es nicht darauf an, dass das Protokoll über die Hauptverhandlung noch nicht fertiggestellt ist und die Revisionsbegründungsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat. Insoweit fehlt im Protokoll die Unterschrift des Richters.
Ebenso spielte keine Rolle, dass ausweislich des Protokolls folgendes Urteil verkündet worden ist:
"Der Angeklagte wird wegen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. ..."
Auch wird im Tenor des schriftlichen Urteils, der diese Lücke nicht mehr enthält, nicht klar, ob der Angeklagte wegen fahrlässigen oder vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist.
Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass nach § 267 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz StPO eine Bezugnahme auf den Anklagesatz hinsichtlich der erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, bei Verhängung von Freiheitsstrafen unzulässig ist.
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