Aktenzeichen: 3 Ws 119/98 OLG Hamm
Leitsatz: Wird eine Sache in einer Hauptverhandlung an ein Gericht anderer Ordnung verwiesen und kommt es dann vor der neuen Hauptverhandlung unter Mitwirkung des Verteidigers zu einer endgültigen Einstellung des Verfahrens, so hat der Verteidiger einen Gebührenanspruch gemäß § 84 Abs. 2 BRAGO.
Senat: 3
Gegenstand: Beschwerde, Kostensache
Stichworte: Pflichtverteidigergebühren bei Einstellung des Verfahrens, Verweisung an Gericht anderer Ordnung
Normen: 84 Abs. 2 BRAGO
Beschluss: Strafsache gegen A.G.,
wegen Diebstahls u.a.
hier: Pflichtverteidigervergütung.
Beschwerdeführer: Rechtsanwalt O.
Auf die Beschwerde des Pflichtverteidigers vom 29. Januar 1998 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 4. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 2. Januar 1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 23.04.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm und des Beschwerdeführers beschlossen:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die dem Pflichtverteidiger zu erstattenden Gebühren und Auslagen werden festgesetzt auf 1.341,25 DM.
Gründe:
I. Durch Anklageschriften bzw. Antrag auf Erlass eines Strafbefehls vom 18., 25., 27. und 31. Juli 1995 ist dem ehemaligen Angeklagten vorgeworfen worden, sich in drei Fällen des Betruges, in zwei Fällen des versuchten Diebstahls, in fünf Fällen der Sachbeschädigung und in jeweils einem Fall der Hehlerei und des Erschleichens von Leistungen schuldig gemacht zu haben. Er ist in einem der genannten Verfahren am 10. Juli 1995 vorläufig festgenommen worden und hat sich sodann aufgrund des Haftbefehls seit dem 11. Juli 1995 in Untersuchungshaft befunden. Ein weiterer Haftbefehl ist am 27. Juli 1995 in einem anderen Verfahren gegen ihn ergangen. Mit Beschluss vom 31. Juli 1995 ist Rechtsanwalt Ohletz dem ehemaligen Angeklagten gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 StPO als Pflichtverteidiger beigeordnet worden, nachdem das Amtsgericht - Strafrichter - die Einholung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des ehemaligen Angeklagten, der mehrmals als gewalttätig aufgefallen war, angeordnet hatte. Durch Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 16. August 1995 sind die o.a. Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Außerdem ist die Unterbringung des ehemaligen Angeklagten gemäß § 81 StPO für die Dauer von höchstens sechs Wochen angeordnet worden. Das Verfahren ist schließlich mit Beschluss vom 14. Dezember 1995 zur Hauptverhandlung vor dem Strafrichter zugelassen worden. In der Hauptverhandlung vom 11. Januar 1996 hat das Amtsgericht nach Vernehmung von Zeugen und eines psychiatrischen Sachverständigen das Verfahren an das Landgericht Bielefeld abgegeben, da eine Unterbringung des ehemaligen Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB in Betracht komme. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7. Februar 1996 die Haftbefehle aufgrund nicht mehr bestehender Verhältnismäßigkeit aufgehoben. Das Landgericht hat nach Durchführung eines Verfahrens über die Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 14 StPO am 14. Mai 1996 die Einholung eines weiteren Gutachtens über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des ehemaligen Angeklagten und die Frage seiner Unterbringung gemäß §63 StGB angeordnet. Das Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, dass hinsichtlich eines Teils der dem ehemaligen Angeklagten vorgeworfenen Taten das Vorliegen erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit nicht auszuschließen sei, im Übrigen aber keine Einschränkung der Schuldfähigkeit vorliege. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach §63 StGB hat der Sachverständige aus ärztlicher Sicht ausgeschlossen. Ein zunächst für den 26. Mai 1997 geplanter Hauptverhandlungstermin mußte wegen Erkrankung des Verteidigers aufgehoben werden. Aufgrund aktiver Mitwirkung des Pflichtverteidigers ist das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung am 21. Juni 1996 gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Der Pflichtverteidiger hat zunächst einen Gebührenanspruch in Höhe von 1.260,75 DM geltend gemacht, wobei er für das Verfahren vor dem Amtsgericht Bielefeld eine Gebühr nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO in Höhe von 500,00 DM und für das Verfahren vor dem Landgericht eine Gebühr gemäß §§ 97 Abs. 1, 83 Abs. 1 Nr. 2, 84 BRAGO in Höhe von 480,00 DM zuzüglich Fotokopiekosten, zweimal die Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gemäß § 26 BRAGO und Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht hat.
Die Rechtspflegerin des Landgerichts Bielefeld hat einen Betrag in Höhe von 789,25 DM festgesetzt. Dies ist damit begründet worden, dass die beiden Verfahren vor dem Amts- und dem Landgericht gemäß § 14 Satz 1 BRAGO einen Rechtszug darstellen. Da eine Hauptverhandlung stattgefunden habe, sei nur eine Gebühr nach §§ 97, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO in Höhe von 600,00 DM zuzüglich einer Auslagenpauschale und den Fotokopiekosten festzusetzen. Gegen diesen Beschluss hat der Pflichtverteidiger Erinnerung eingelegt, mit der er nunmehr folgenden Erstattungsanspruch geltend gemacht hat:
Gebühr §§ 97, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO600,00 DM
Gebühr §§ 97, 84 Abs. 2, 83 Abs. 1
Satz 2 BRAGO480,00 DM
Fotokopiekosten § 27 BRAGO 56,30 DM
Auslagenpauschale § 26 BRAGO 30,00 DM
Zwischensumme netto 1.166,30 DM
15% Mehrwertsteuer174,95 DM
Summe 1.341,25 DM.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Vorsitzende der 4. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld hat die dem Pflichtverteidiger zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 789,25 DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Pflichtverteidigers, der den von ihm geltend gemachten Anspruch in Höhe von 1.341,25 DM weiterverfolgt.
Der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts Hamm hat wie folgt Stellung genommen:
"Das Verfahren vor dem übernehmenden Gericht bildet mit dem Verfahren vor dem verweisenden Gericht einen Rechtszug, § 14 Abs. 1 S. 1 BRAGO. Dies hat gebührenrechtlich grundsätzlich zur Folge, dass die Gebühren des Verteidigers für das gesamte Verfahren aus einem einheitlichen Gebührenrahmen, und zwar aus dem höchsten Rahmen, der für eines der Gerichte zutrifft, zu entnehmen ist. Somit berechnet sich die Gebühr für den ersten Hauptverhandlungstermin nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (vgl. Hansens, BRAGO, 8. Auflage, § 14 RdNr. 8, § 83 RdNr. 9; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Auflage, Strafsachen 4.3; Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, 13. Auflage, § 14 RdNr. 5, 6 b), § 83 RdNr. 12 - jeweils m.w.N.).
Die von Rechtsanwalt Ohletz auf Seite 2 der Beschwerde angeführte Kommentarstelle gibt meines Erachtens eine Mindermeinung wieder. Diese würde im Übrigen zu einer Schlechterstellung des Rechtsanwalts führen, weil demnach die Gebühren des Anwalts für den Fall, dass die Hauptverhandlung zum Teil vor dem Amtsgericht und zum Teil vor dem Landgericht stattfindet, nicht für das gesamte Verfahren aus einem einheitlichen Gebührenrahmen, und zwar aus dem höchsten Rahmen, der für eines der Gerichte zutrifft, zu entnehmen wäre.
Dieser Auffassung vermag ich mich nicht anzuschließen. Sie steht auch nicht im Einklang mit dem Gesetzestext, demzufolge das Verfahren vor dem übernehmenden Gericht ohne jede Einschränkung mit dem Verfahren vor dem verweisenden Gericht einen Rechtszug bildet (§ 14 Abs. 1 S. 1 BRAGO) und der Rechtsanwalt in gerichtlichen Verfahren die Gebühren in jedem Rechtszug fordern kann (§ 13 Abs. 2 S. 2 BRAGO).
Rechtsanwalt Ohletz macht den Gebührenanspruch gemäß §§ 97 Abs. 1, 84 Abs. 2 a.F., 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO in Höhe von 480,00 DM nebst anteiliger Mehrwertsteuer mit der Begründung geltend, das Verfahren sei schließlich durch den o.g. Beschluss des Landgerichts endgültig eingestellt worden und er habe daran aktiv mitgewirkt (s. Bl. 242 f.). Seine Mitwirkung an der Einstellung will ich nicht in Abrede stellen.
Gleichwohl bin ich in Übereinstimmung mit dem Bezirksrevisor beim Landgericht Bielefeld (s. Bl. 245) der Meinung, dass für die Anwendung des § 84 Abs. 2 a.F. BRAGO kein Raum bleibt, weil für den Pflichtverteidiger, der an dem Hauptverhandlungstermin am 11.01.1996 (Bl. 115 ff.) teilgenommen hat, bereits eine Gebühr nach §§ 97 Abs. 1, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO angefallen ist (s.o.). Diese Meinung wird auch für die vorliegende Fallkonstellation einhellig von der Literatur vertreten (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, a.a.O., §84 RdNr. 12; Hansens, a.a.O., § 84 RdNr. 8).
Zwar ist dem Wortlaut der Vorschrift § 84 Abs. 2 a.F. BRAGO selbst nicht zu entnehmen, dass die Fälle ausgeschlossen sind, in denen die Einstellung erst in oder nach der Hauptverhandlung erfolgt; jedoch spricht bereits die amtliche Überschrift des § 84 BRAGO vom öVerfahren außerhalb der Hauptverhandlung (vgl. BGBl. I, S. 920).
dass es Sinn und Zweck der Vorschrift war, die Arbeit des Verteidigers zu honorieren, der durch seine Bemühungen eine Einstellung bereits im Ermittlungsverfahren erreicht und dadurch eine Hauptverhandlung entbehrlich macht, kommt auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck (BT-Drucksache 12/6962 S. 106; Gerold/Schmidt-Madert, a.a.O., § 84 RdNr. 7 a). Ein gewichtiges Indiz gegen die Anwendung des § 84 Abs. 2 a.F. BRAGO auf Fälle, in denen der Rechtsanwalt bereits eine Gebühr nach § 83 Abs. 1 BRAGO verdient hat, ist die eindeutige Beschränkung im Berufungsverfahren: § 85 Abs. 4 BRAGO beschränkt die entsprechende Anwendung des § 84 Abs. 2 BRAGO durch Verweis auf § 85 Abs. 3 BRAGO ausdrücklich auf die Fälle, in denen eine Hauptverhandlung nicht stattfindet. Für die erste Instanz kann jedoch nichts Anderes gelten als für die Berufungsinstanz (vgl. Hansens, a.a.O., § 84 RdNr. 8).
Für diese Auffassung spricht auch der in § 84 Abs. 2 zweite Alternative a.F. BRAGO geregelte Fall, dass sich das Verfahren durch Zurücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl erledigt. Erfolgt die Einspruchsrücknahme später als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, kann die zusätzliche Gebühr des § 84 Abs. 2 BRAGO nicht mehr entstehen.
Außerdem weise ich darauf hin, dass durch die zum 27.06.1997 in Kraft getretene Neufassung des § 84 Abs. 2 BRAGO (BGBl. I S. 1430) nunmehr auch sprachlich eindeutig geregelt ist, dass sich die Vorschrift auf die Fälle beschränkt, in denen eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Zwar kann eine Gesetzesänderung keine Rückwirkung entfalten (§ 134 Abs. 1 S. 1 BRAGO); da es sich hier meines Erachtens jedoch um eine Klarstellung handelt, ist die Neufassung zumindest ein deutlicher Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers (vgl. auch Madert in Anwaltsgebühren Spezial 1997, 85).
Da Rechtsanwalt O. unstreitig am Hauptverhandlungstermin am 11.01.996 teilgenommen hat und wegen des oben dargestellten Grundsatzes der Einheitlichkeit des Rechtszuges nach § 14 BRAGO die Teilnahme am Termin vor dem Strafrichter (vor Verweisung) auch für das Verfahren vor der großen Strafkammer (nach Verweisung) zu berücksichtigen ist, kann eine Anwendung des § 84 Abs. 2 a.F. BRAGO nicht mehr in Betracht kommen.
Die Festsetzung der Urkundsbeamtin vom 28.08.1997 (Bl. 239 R) ist auch im Übrigen zutreffend. Ich rege daher an, die Beschwerde des Pflichtverteidigers gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 02.01.1998 als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde des Pflichtverteidigers hat Erfolg. Der Pflichtverteidiger hat auch einen Anspruch auf eine Gebühr in Höhe von 480,00 DM nebst anteiliger Mehrwertsteuer in Höhe von 72,00 DM gemäß §§ 97, 84 Abs. 2, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO. Die ihm zu erstattenden Gebühren und Auslagen sind daher antragsgemäß auf 1.341,25 DM festzusetzen.
Der Senat vermag der Ansicht des Leiters des Dezernats 10 des Oberlandesgerichts nicht zu folgen, die Gebühr gemäß §§ 97, 84 Abs. 2, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO könne hier deshalb nicht in Ansatz gebracht werden, weil vor der Verweisung an das Landgericht bereits eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht stattgefunden hat. Die angeführten Nachweise aus der Kommentarliteratur vermögen letztlich diese Ansicht auch nicht zu stützen. Die Gesetzesmaterialien stehen dieser Sichtweise sogar entgegen.
Die angeführte Kommentarstelle bei Hansens (Hansens, BRAGO, 8. Auflage, § 84 Rdnr. 8) befaßt sich mit einer Konstellation, in der ein Verteidiger außerhalb der Hauptverhandlung im Hinblick auf eine Einstellung tätig wird, die dann in einer Hauptverhandlung erfolgt. Damit liegt dort eine Konstellation vor, die auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist. Auch die zitierte Stelle im Kommentar von Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert (§ 84 Rdnr. 12) teilt nur in allgemeiner Form mit, der Rechtsanwalt, der im gerichtlich anhängigen Verfahren außerhalb und innerhalb der Hauptverhandlung tätig werde, bekomme grundsätzlich keine Gebühr nach § 84 BRAGO. Es ist nicht erkennbar, dass dieses grundsätzlich sicher zutreffende Ergebnis auch für den vorliegenden Fall vertreten werden soll.
dass der vom Leiter des Dezernats 10 angestellten Überlegung, die Hauptverhandlung vor dem verweisenden Amtsgericht sperre eine weitere Gebühr nach §§ 97, 84 Abs. 2, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO, nicht gefolgt werden kann, erhellt sich daraus, dass der Verteidiger in dem Fall, dass es nach der Verweisung zu einer
- weiteren - Hauptverhandlung vor dem Landgericht gekommen wäre, Anspruch auf zwei Gebühren nach § 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO, hier i.V.m. § 97 BRAGO, gehabt hätte (vgl. auch Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., § 14 Rdnr. 6); wobei im Hinblick auf die Regelung des § 14BRAGO die für die gesamte Tätigkeit des Verteidigers entstehenden Gebühren einheitlich nach dem Gebührenrahmen des höchsten Gerichts zu bemessen wäre. Anliegen des § 84 Abs. 2 BRAGO sowohl in der alten Fassung vom 24. Juni 1994, als auch in der zum 27. Juni 1997 in Kraft getretenen neuen Fassung ist es demgegenüber, die Vergütung für denjenigen Verteidiger zu verbessern, dessen rechtzeitige Prüfung dazu führt, dass eine Hauptverhandlung und die damit verbundene Vorbereitung des Gerichts, aber auch ggfls. der Zeugen und Sachverständigen, entbehrlich werden (für die alte Fassung: BT-Drucksache 12/6962, S. 106; für die neue Fassung: BT-Drucksache 13/7489, S. 59). Damit sollte dem Phänomen entgegengewirkt werden, dass im Gebühreninteresse vielfach Einsprüche gegen Strafbefehle erst in der Hauptverhandlung nach Aufruf der Sache zurückgenommen wurden (BT-Drucksache 12/6962, S. 106; BT-Drucksache 13/7489, S. 59). Durch die Neufassung des § 84 Abs. 2 BRAGO sollten drei Streitfragen geklärt werden. Dabei ging es darum, ob die höhere Gebühr auch dann entsteht, wenn der Einspruch gegen einen Strafbefehl zurückgenommen wird, bevor ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt war, welche Gebühr entsteht, wenn das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnt, und ob § 84 Abs. 2 BRAGO auch im Bußgeldverfahren anwendbar ist (BT-Drucksache 13/7489, S. 59). In jedem der bisherigen Streitfälle ist durch die Gesetzesnovelle klargestellt, dass es zu einer Anwendung des § 84 Abs. 2 BRAGO kommen soll. Daraus wird erkennbar, dass § 84 Abs. 2 BRAGO nach dem gesetzgeberischen Willen ein weiter Anwendungsbereich zukommen soll.
Im hier zu beurteilenden Verfahren hat genau die Situation vorgelegen, die der Gesetzgeber durch die Gewährung einer Gebühr nach §§ 97, 84 Abs. 2, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO honorieren wollte. Durch die Tätigkeit des Verteidigers außerhalb der Hauptverhandlung konnte das Verfahren endgültig eingestellt werden, so dass es einer Vorbereitung der Richter der Strafkammer, der Zeugen und der Sachverständigen nicht mehr bedurfte. Der dadurch hervorgerufene Verlust einer Gebühr nach §§ 97, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO soll ausgeglichen werden durch die Gebühr nach §§ 97, 84 Abs. 2, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO.
Damit erweist sich die Gebühren- und Auslagenforderung in Höhe von 1.341,25 DM, die der Pflichtverteidiger in seiner Erinnerung geltend gemacht hat, als zutreffend.
Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 98 Abs. 4 BRAGO nicht veranlaßt.
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