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Rechtsprechung


Aktenzeichen: 3 Ss OWi 359/98 OLG Hamm

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Abstand beim Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren, Nachfahren, Geschwindigkeitsüberschreitung

Normen: StVO 3, StPO 261


Beschluss: Bußgeldsache gegen T.S.,
wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften u.a.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 04.11.1997 gegen das Urteil des Amtsgerichts Gladbeck vom 31.10.1997 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 16.04.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Betroffenen bzw. seines Verteidigers gem. § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO sowie im Übrigen gemäß § 79 Abs. 5 S.1, Abs. 6, 2. Alternative OWiG beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Schuldspruch sowie im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Die dem Urteil zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen werden aufgehoben, soweit der Betroffene wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften verurteilt worden ist und soweit sie den Rechtsfolgenausspruch betreffen.
Im übrigen bleiben die dem Urteil zugrundeliegenden Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Gladbeck zurückverwiesen.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Gladbeck hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h in Tateinheit mit fahrlässigem Nichtbeachten der Fahrstreifenbegrenzung (Zeichen 295) und in Tateinheit mit fahrlässigem Nichtbefolgen der Weisung eines Polizeibeamten zu einem Bußgeld in Höhe von 300,- DM verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

Dieses Urteil greift die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts an. Die Rechtsbeschwerde rügt unter näheren Darlegungen Fehler bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Schuldspruch sowie bei der Anordnung des Fahrverbotes.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat in der Sache vorläufig zumindest teilweise Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Tenor des Senatsbeschlusses ersichtlichen Umfang sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts zu der dem Betroffenen zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung ist in den Urteilsgründen für das Rechtsbeschwerdegericht nicht nachvollziehbar dargelegt. Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs des angefochtenen Urteils insgesamt, da dieses - insoweit rechtsfehlerfrei - von einer tateinheitlichen Begehung der verschiedenen festgestellten Ordnungswidrigkeiten durch den Betroffenen ausgegangen ist. Aufgrund der Aufhebung des Schuldspruchs war gleichzeitig auch der Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden tatrichterlichen Feststellungen aufzuheben. Dagegen konnten die dem Schuldspruch zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen insoweit aufrechterhalten bleiben, als sie das weitere, nicht die Geschwindigkeitsüberschreitung betreffende Tatgeschehen zum Gegenstand hatten, da diese Feststellungen durch die dem Urteil anhaltende Gesetzesverletzung nicht betroffen werden (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 353 Abs. 2 StPO) und das angefochtene Urteil weitere Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht aufweist (§79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO).

Die dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung, die nach den für den Senat bindenden Urteilsfeststellungen innerorts erfolgte, ist durch die den Betroffenen kontrollierenden Polizeibeamten, die Zeugen PM K. und PM K.B. im Wege des Nachfahrens ermittelt worden. Nach den Urteilsfeststellungen fuhren die beiden Zeugen mit ihrem Funkstreifenwagen in einem Abstand von ca. 30 m über eine Strecke von ca. 400 m hinter dem Betroffenen her, wobei die vom Tachometer des Funkstreifenwagens abgelesene Geschwindigkeit 110 km/h betrug. In der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils heißt es hierzu wie folgt:

"Was die Geschwindigkeitsmessung betrifft, so hat der Zeuge K.B. für das Gericht überzeugend und glaubhaft geschildert, dass, nachdem der Funkstreifenwagen zu dem Fahrzeug des Betroffenen aufgeschlossen habe, er mit einem Abstand von ca. 30 Metern über eine Strecke von ca. 400 Metern hinter dem Fahrzeug des Betroffenen hinterhergefahren sei, bevor dieser schließlich verzögert habe und vor der nächsten Lichtzeichenanlage zum Stehen gekommen sei. Demgegenüber hat der Zeuge PM K. ausgesagt, die Meßstrecke sei lediglich ca. 200 Meter lang gewesen und der Abstand zum vorausfahrenden Pkw des Betroffenen habe 50 bis 75 Meter betragen. Das Gericht ist der Aussage des Zeugen PM K.B. in vollem Umfange gefolgt, weil im Gegensatz zu ihm der Zeuge PM K. deutliche Erinnerungslücken angab, seine Abstandsangaben im Gegensatz zu denen des Zeugen K.B. wesentlich ungenauer, weil nicht mehr erinnerlich waren. Die Erinnerung des Zeugen PM K. B. ist wesentlich detaillierter und daher auch für das Gericht überzeugend. Der Zeuge PM K.B. hat keinen Grund, den Betroffenen zu Unrecht zu belasten."

Die Ausführungen des Amtsgerichts dazu, warum es den Aussagen des Zeugen K.B. gefolgt ist und die des Zeugen PM K. als unzuverlässig angesehen hat, sind für den Senat nicht nachvollziehbar und damit rechtsfehlerhaft (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 261 Rdnr. 2; § 267 Rdnr. 12; § 337 Rdnr. 27, je m.w.N.). Das Amtsgericht hat nämlich zum einen ausgeführt, dass beide Zeugen Angaben sowohl zum Verfolgungsabstand als auch zur Verfolgungsstrecke gemacht hatten (K.B. 30 m Verfolgungsabstand über eine Strecke von ca. 400 m; K. 50 bis 75 m Verfolgungsabstand über eine Strecke von ca. 200 m), anschließend jedoch ausgeführt, dass die Abstandsangaben des Zeugen K. wesentlich ungenauer gewesen seien als die des Zeugen K.B. und dass dem Zeugen K. der Verfolgungsabstand "nicht mehr erinnerlich" gewesen sei. Dies steht aber in einem unauflösbaren Widerspruch zu den voranstehenden Ausführungen des Amtsgerichts in den Urteilsgründen, wonach der Zeuge K. durchaus Angaben zu dem Verfolgungsabstand machen und diese auch auf einen Bereich zwischen 50 und 75 m begrenzen konnte. Damit standen sich hier miteinander unvereinbare und auch wesentlich voneinander abweichende Angaben der beiden unmittelbaren Tatzeugen, der beiden Polizeibeamten, zu Verfolgungsabstand und Verfolgungsstrecke gegenüber, ohne dass nach den Urteilsgründen nachvollziehbar wäre, warum die Angaben des einen Zeugen zuverlässiger gewesen sein sollen als die des anderen. Das Amtsgericht hätte hier, da beide Zeugen zu den zentralen Punkten Verfolgungsabstand und Verfolgungsstrecke Angaben gemacht hatten, näher ausfahren müssen, in welchen Punkten genau die Angaben des Zeugen K.B., denen das Amtsgericht gefolgt ist, präziser und detaillierter gewesen sein sollen. Hilfreich wäre insoweit auch die Mitteilung in den Urteilsgründen, welcher Art die Aufgabenverteilung der beiden Zeugen während der Verfolgung des Betroffenen war, mithin, welcher der beiden Zeugen das Polizeifahrzeug führte und welcher von ihnen das Fahrzeug des Betroffenen während der Verfolgung beobachtete, ferner, auf welche Weise die Zeugen versucht hatten, die Verfolgungsstrecke und den Verfolgungsabstand festzustellen.

Der festgestellte Rechtsfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem vom Senat erkannten Umfang, weil bei einer Meßstrecke von nur 200 m und einem Meßabstand von 50 bis 75 m, mithin zugunsten des Betroffenen von 75 m, eine zuverlässige Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren nicht mehr möglich ist (vgl. im einzelnen die Nachweise bei Berr, Meßmethoden bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, NWB 1995 S. 3885). Jedenfalls bei einem Verfolgungsabstand von rund 75 m wäre eine Meßstrecke von mindestens 400 m zu fordern.


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