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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 414/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Verhängung eines Fahrverbots lange Zeit nach dem Verkehrsverstoß]

Senat: 3

Gegenstand: OWi

Stichworte: Fahrverbot, lange Zeit nach dem Verkehrsverstoß, Geschwindigkeitsüberschreitung, Rechtsfolgenaufhebung, Regelgeldbuße Tilgungsreife, Voreintragung

Normen: StVO 3, StVG 25, BKatV 2, StVZo 13

Beschluss: Bußgeldsache gegen S.B.,
wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr.

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen vom 02.02.1998 gegen das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 28.01.1998 hat der 3.Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 16.04.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

Gegen die Betroffene wird wegen einer fahrlässigen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 Abs. 1 S.1, Abs. 2 StVG, §§ 3 Abs. 3 Nr. 1; 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO eine Geldbuße in Höhe von 120,00 DM verhängt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Betroffene, allerdings mit Ausnahme der Kosten der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 21.05.1997 und der Kosten ihrer eigenen Rechtsbeschwerde vom 02.02.1998, die der Staatskasse auferlegt werden. Die Staatskasse hat auch die der Betroffenen in dem vorgenannten Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Herford hatte die Betroffene am 14.05.1997 wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 24 StVG, 3 Abs. 3 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 3 StVO zu einer Geldbuße von 500,- DM verurteilt, von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen die Betroffene jedoch abgesehen. Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 21.05.1997 hatte der Senat sodann mit Beschluss vom 09.10.1997 das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 14.05.1997 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben, weil das Amtsgericht mit einer rechtsfehlerhaften Begründung von der Verhängung des Regelfahrverbotes gemäß § 2 Abs. 2 BKatV gegen die Betroffene abgesehen hatte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 28.01.1998 hat das Amtsgericht Herford die Betroffene wegen der rechtskräftig feststehenden Verkehrsordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 150,- DM verurteilt und daneben ein Fahrverbot von einem Monat Dauer gegen sie verhängt. Der Verurteilung zugrunde lag eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 30 km/h. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKatV hat das Amtsgericht deshalb angenommen, weil gegen die Betroffene durch Bußgeldbescheid der Stadt Osnabrück vom 11.01.1996 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 36 km/h auf der BAB A 30 rechtskräftig eine Geldbuße von 150,- DM verhängt worden war.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde begehrt die Betroffene die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass das Fahrverbot entfällt.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch sowie zur Festsetzung der Regelgeldbuße in Höhe von 120,- DM gemäß lfd. Nr. 5.3.2 der Tabelle 1 a Buchstabe c (Anhang zu Nr. 5 des Bußgeldkataloges).

Das angefochtene Urteil war wiederum im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben, da die Urteilsfeststellungen die Verhängung des Fahrverbotes gemäß § 2 Abs. 2 BKatV gegen die Betroffene nicht tragen. Die Verhängung des Fahrverbotes nach dieser Vorschrift kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeuges wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht. Diese Voraussetzungen hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht dargelegt, da es das Datum der Rechtskraft des Bußgeldbescheides der Stadt Osnabrück vom 11.01.1996 nicht mitteilt. Die der Betroffenen im vorliegenden Verfahren zur Last gelegte Verkehrsordnungswidrigkeit datiert vom 26.06.1996. Ohne Angabe der Rechtskraft des vorgenannten Bußgeldbescheides kann der Senat aber nicht überprüfen, ob diese Rechtskraft zum Zeitpunkt der nunmehr zu ahndenden Verkehrsordnungswidrigkeit am 26.06.1996 bereits eingetreten war. Insoweit ist ohne weiteres denkbar, dass die Betroffene gegen den genannten Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt und diesen erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht, zurückgenommen hatte. Bei einer derartigen Sachlage, die hier ohne weiteres möglich ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die erneute Geschwindigkeitsfahrt der Betroffenen noch vor der Rechtskraft des genannten Bußgeldbescheides erfolgt war. Darüber hinaus ist dem Senat aufgrund der fehlenden Angabe des Datums der Rechtskraft des Bußgeldbescheides die Überprüfung verwehrt, ob die entsprechende Vorbelastung der Betroffenen mittlerweile bereits tilgungsreif i.S.v. § 13 a Abs. 2 Nr. 1 a StVZO ist. Sollte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Herford bereits Tilgungsreife eingetreten sein, würde zugunsten der Betroffenen ein Verwertungsverbot mit der Folge eingreifen, dass auch deshalb die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKatV nicht mehr hätten angenommen werden dürfen. Auch aus diesem Grunde war daher die Angabe des Datums der Rechtskraft des Bußgeldbescheides vom 11.01.1996 hier unbedingt erforderlich (vgl. auch BGH, NJW 1993, 3081, 3085).

Der Senat hat von der sich aus § 79 Abs. 6 OWiG ergebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Sache selbst zu entscheiden, da der Sachverhalt hierfür hinreichend geklärt erscheint, und hat gegen die Betroffene die sich aus der Bußgeldkatalogverordnung ergebende Regelfolge für eine Geschwindigkeitsüberschreitung der vorliegenden Art ohne Hinzutreten der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKatV verhängt. Aufgrund der erneuten Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils im Rechtsfolgenausspruch wird nach den Erfahrungen des Senates frühestens im Sommer 1998 und damit mehr als zwei Jahre nach der zugrundeliegenden Verkehrsordnungswidrigkeit mit einer erneuten Durchführung der Hauptverhandlung gegen die Betroffene zu rechnen sein. Zu einem derart späten Zeitpunkt erscheint die Verhängung eines Fahrverbotes gegen die Betroffene nunmehr unverhältnismäßig, da sie sich offenbar seit dem 26.06.1996 im Straßenverkehr ordnungsgemäß geführt hat und deshalb jedenfalls heute der Beeinflussung durch das Fahrverbot nicht mehr bedarf. Hinzu kommt, dass der Bußgeldbescheid der Stadt Osnabrück vom 11.01.1996 nach dem Vorbringen der Rechtsbeschwerde, an dessen Richtigkeit insoweit kein Anlass zu zweifeln besteht, seit dem 01.02.1996 rechtskräftig war und deshalb inzwischen tilgungsreif ist. Auch deshalb könnte im Fall einer erneuten Hauptverhandlung gegen die Betroffene gegen sie ohnehin kein Fahrverbot mehr verhängt werden.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht hat gemäß § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 StPO die Betroffene zu tragen, da sie dort jeweils verurteilt worden war. Allerdings sind die Kosten der Rechtsbeschwerdeverfahren und die der Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 analog StPO der Staatskasse aufzuerlegen, da die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld, die auf die Verhängung eines Fahrverbotes gegen die Betroffene zielte, im Ergebnis erfolglos geblieben ist, die Rechtsbeschwerde der Betroffenen selbst aber in vollem Umfang Erfolg hatte.


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