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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 202/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Frage, wann aus dem Protokoll der Hauptverhandlung entnommen werden kann, dass auch dem Angeklagten das letzte Wort gewährt worden ist.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Aufhebung, letztes Wort, Protokoll

Normen: 258 Abs. 3 StPO, 274 StPO

Beschluss: Strafsache gegen W.S.,
wegen Diebstahls.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 21.08.1997 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30.04.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Essen zurückgewiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten mit Urteil vom 21.08.1997 wegen Diebstahls oder Hehlerei zu einer Freiheitstrafe von acht Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, der mit der erhobenen Verfahrensrüge geltend macht, ihm sei unter Verstoß gegen § 258 Abs. 3 StPO nicht das letzte Wort gewährt worden; außerdem hat er die allgemeine Sachrüge erhoben.

Die Revision ist zulässig und hat mit der erhobenen Verfahrensrüge Erfolg.

Die Gewährung des letzten Wortes gemäß § 258 Abs. 3 StPO gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung im Sinne des § 273 Abs. 1 StPO. Die Beobachtung dieser Förmlichkeit kann daher nach § 274 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 258 Rz. 31).
Im vorliegenden Fall war in der Hauptverhandlung am 18.08.1997 die Beweisaufnahme geschlossen und dem Angeklagten das letzte Wort gewährt worden. Außerdem war Termin für die Urteilsverkündung auf den 21.08.1997 angesetzt worden. In diesem Hauptverhandlungstermin wurde erneut in die Beweisaufnahme eingetreten und dem Angeklagten der rechtliche Hinweis erteilt, dass eine Bestrafung seinerseits gemäß § 259 StGB in Betracht komme. In der Sitzungsniederschrift vom 21.08.1997 ist sodann vermerkt, dass die Hauptverhandlung von 10.30 Uhr bis 10.32 Uhr unterbrochen worden sei.

Daran schließt sich in der Sitzungsniederschrift folgender Text an:
"Bei Rückkehr in den Gerichtssaal erklärte der Verteidiger, es solle nichts weiter ausgeführt werden und wörtlich: "Wir verbleiben bei unseren Anträgen.
Dies erklärte auch die Staatsanwaltschaft.
Daraufhin wurde die Beweisaufnahme geschlossen und das Urteil verkündet".

Der oben wiedergegeben Text der Sitzungsniederschrift enthält keinen ausdrücklichen Vermerk darüber, dass dem Angeklagten in der Sitzung am 21.08.1997 nach dem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme vor der Urteilsverkündung das letzte Wort gemäß § 258 Abs. 3 StPO gewährt worden ist. Auch im Wege der Auslegung kann aus der Sitzungsniederschrift nicht entnommen, werden, dass dem Angeklagten das letzte Wort eingeräumt worden ist. Ein Protokollvermerk mit dem Inhalt: "Der Staatsanwalt, der Verteidiger und der Angeklagte blieben bei ihren Anträgen", ist zwar von dem Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 20.03.1959 zum Beweis, dass dem Angeklagten das letzte Wort gewährt worden sei, als ausreichend erachtet worden (vgl. BGHSt 13, 53 (59); a. A. Kleinknecht/Meyer-Goßner,- StPO, 43.Aufl., § 258 Rdz. 32; KMR-Paulus, StPO, 8. Aufl., § 258, Rdz. 31; LR-Gollwitzer, StPO, 24. Aufl., Rdz. 53). Zur Begründung ist in dieser Entscheidung ausgeführt, das Wesentliche der Bestimmungen des § 258 Abs.2 und Abs. 3 StPO sei nur, dass nicht dem Staatsanwalt, sondern dem Angeklagten und seinem Verteidiger das letzte Wort gebühre und dass, neben dem Verteidiger, auch dem Angeklagten selbst volle Freiheit zur Äußerung gewährt werde. Aus dem Protokollvermerk lasse sich noch genügend deutlich entnehmen, dass dies geschehen sei. Daraus ergebe sich nämlich, dass der Angeklagte als Letzter der Beteiligten auf Befragen erklärt habe, dass er bei seinem bisherigen Antrag verbleibe und dass er von weiteren Ausführungen abgesehen habe.

Im vorliegenden Fall lässt sich aus dem Protokoll vom 21.08.1997 aber nicht einmal mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass nach dem Wiedereintritt in die Beweisaufnahme und vor der Urteilsverkündung dem Angeklagten persönlich überhaupt das Wort erteilt worden ist. Nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift hat sich vielmehr nur der Verteidiger des Angeklagten geäußert und die Erklärung abgegeben, dass sowohl er als auch der Angeklagte bei ihren Anträgen blieben. Auf jeden Fall ergibt sich aber aus der Sitzungsniederschrift nicht, dass der Angeklagte als letzter Verfahrensbeteiligter vor der Urteilsverkündung das Wort erhalten hat. Nach dem Hauptverhandlungsprotokoll hat sich nämlich die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft als letzte Beteiligte geäußert und die Erklärung, sie verbleibe bei ihren Anträgen, abgegeben.
Die Sitzungsniederschrift vom 21.08.1997 enthält daher keine Beurkundung der Erteilung des letzten Wortes an den Angeklagten. Da aufgrund der negativen Beweiskraft des Sitzungsprotokolls als nicht geschehen gilt, was in diesem nicht beurkundet ist, ist es im vorliegenden Fall als bewiesen anzusehen, dass dem Angeklagten entsprechend der von ihm erhobenen Verfahrensrüge am 21.08.1997 das letzte Wort nicht gewährt worden ist.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensverstoß beruht, war das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Essen zurückzuverweisen. ],


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