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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 779/98 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Bei der Frage, ob ggf. ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist eine Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände geboten und erforderlich.
2. Zur Berücksichtigung von Gewinnsucht bzw. von Gewinnstreben bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch, Doppelverwertungsverbot, Einfuhr und Gewinnerzielungsabsicht, Gesamtabwägung, minder schwerer Fall, nur straferschwerende Umstände

Normen: BtMG 30 Abs. 2, StGB 46 Abs. 3

Beschluss: Strafsache gegen S.T.,
wegen unerlaubter Einfuhr von Heroin u.a.,
hier: Revision des Angeklagten.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 20. kleinen erweiterten Strafkammer des Landgerichts Essen vom 20. Februar 1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30. 07.1998 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht, hinsichtlich der Verwerfung auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers, im übrigen nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft,
einstimmig gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird unter Verwerfung der weitergehenden Revision im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine erweiterte Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe :
I. Der Angeklagte ist durch Urteil des erweiterten Schöffengerichts Essen wegen unerlaubter Einfuhr von in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Heroin in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Gegen die mitangeklagte E.B. ist wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Heroin eine Bewährungsstrafe von einem Jahr verhängt worden. Die rechtzeitig eingelegte Berufung u.a. des Angeklagten ist durch das angefochtene Urteil des Landgerichts Essen verworfen worden. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte rechtzeitig Revision eingelegt und sein Rechtsmittel fristgerecht mit der allgemein erhobenen Sachrüge begründet. Mit dem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist verfaßten Schriftsatz seines Verteidigers erhebt der Angeklagte Angriffe gegen den Rechtsfolgenausspruch, insbesondere gegen die Ausführungen zur Ablehnung eines minder schweren Falles bei der Einfuhr von Heroin und gegen die Strafzumessungserwägungen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet beantragt. Auf die konkretisierten Angriffe ist sie nicht näher eingegangen.

II. 1. Die Revision ist, soweit sie sich auf den Schuldspruch bezieht, offensichtlich unbegründet und war gemäß § 349 Abs. 2 StPO auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft zu verwerfen. Insoweit hat auch die Revision Rechtsfehler nicht aufgezeigt.

2. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur Ablehnung eines minder schweren Falles der unerlaubten Einfuhr von Heroin in nicht geringer Menge halten dagegen einer Überprüfung auf Rechtsfehler nicht stand. Insoweit war das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache an eine andere kleine erweiterte Strafkammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen, § 354 Abs. 2 StPO.

Die Kammer hat ihre Ablehnung des Vorliegens eines minder schweren Falles wie folgt begründet:

"Auch nach Ansicht der Kammer kommt die Anwendung eines minderschweren Falles nicht in Betracht. Die Angeklagten sind selbst nicht abhängig. In professionellen Strukturen ging es um ein Geschäft und die Einfuhr einer großen Verkaufsmenge aus reinem Gewinnstreben."

Diese Erwägungen konnten schon deshalb keinen Bestand haben, weil nicht zu erkennen ist, dass der Entscheidung des Landgerichts die erforderliche und gebotene Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zugrundeliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein minder schwerer Fall dann anzunehmen, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente von der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maß abweicht, welches die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheinen lässt. Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung der Tat und Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen. Das erfordert eine Abwägung aller wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände, denn nur dadurch kann das Gesamtbild gewonnen werden, das für die Beurteilung der Frage, ob der ordentliche Strafrahmen den Besonderheiten des Falles gerecht wird oder zu hart wäre, erforderlich ist (vgl. Körner, BtMG, 4. Auflage, § 30 Rdnr. 99; Tröndle, StGB, 48. Auflage, § 46 Rdnr. 42, jeweils mit weiteren Nachweisen; BGH, NStZ-RR 1996, 228).
Vorliegend hat die Kammer bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung ausschließlich auf belastende Umstände abgestellt. Schon deshalb kann der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils keinen Bestand haben. Hinzu kommt, dass die Kammer den Umstand, dass der Angeklagte selbst nicht drogenabhängig ist, ersichtlich straferschwerend gewertet hat. Das Bestehen einer Drogenabhängigkeit kann jedoch nur einen Strafmilderungsgrund darstellen, dessen Fehlen nicht straferschwerend gewertet werden darf (vgl. BGH, NStZ 1982, 205; Schoreit, NStZ 1982, 63, 66 mit weiteren Nachweisen). Zu erwähnen ist weiter, dass das Vorliegen öprofessioneller Strukturen , zumindest was die Person des Angeklagten betrifft, nur schwer nachzuvollziehen ist.

Demgegenüber dürfte nicht zu beanstanden sein, dass die Kammer im Rahmen der Beurteilung der unerlaubten Einfuhr des Heroins das Gewinnstreben straferschwerend berücksichtigt hat. Soweit die Revision insoweit einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot aus § 46 Abs. 3 StGB rügt, ist diese Rüge unbegründet, da die Gewinnsucht bzw. das Gewinnstreben bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht vom gesetzlichen Tatbestand umfaßt ist. Ebenso wenig dürfte die Berücksichtigung der besonders hohen Zahl von 831 Konsumeinheiten fehlerhaft gewesen sein.
Der Senat hat geprüft, ob unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände - der Ausländereigenschaft des Angeklagten dürfte vorliegend keine besondere Bedeutung zukommen (vgl. BGH, NJW 1997, 403) - die Annahme eines minder schweren Falles bei der Einfuhr des Heroins rechtsfehlerfrei nur verneint werden und deshalb das angefochtene Urteil trotz der unzureichenden Gesamtabwägung gleichwohl Bestand haben kann. Das hat der Senat im Ergebnis verneint. Zwar liegt die Annahme eines minder schweren Falles der unerlaubten Einfuhr eher fern, der Senat vermag aber nicht auszuschließen, dass auch die Annahme eines minder schweren Falles in rechtsfehlerfreier Weise möglich ist.


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