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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 786/98 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Begründung der Beschuldigteneigenschaft durch Erstattung einer Strafanzeige

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Belehrung des Beschuldigten, Beschuldigter, keine Ermittlungen gegen den Beschuldigten, Sachrüge, Strafanzeige, Verfahrensrüge, Verwertungsverbot

Normen: 136 StPO, 163 a Abs. 4 StPO

Beschluss: Strafsache gegen D.K.,
wegen Strafvereitelung,
hier: Revision des Angeklagten.

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Marl vom 20. Januar 1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. September 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Angeklagten zur Last (§ 473 Abs. 1 StPO).

Zusatz:
Die formelle Rüge der Verletzung der §§ 136, 163 a Abs. 4 StPO ist allerdings in zulässiger Weise erhoben worden.
Soweit die Generalstaatsanwaltschaft Ausführungen dazu vermißt, welche Angaben der Angeklagte ohne die erforderliche Beschuldigtenbelehrung gemacht habe und aus welchen Umständen sich die Belehrungspflicht ergeben soll, erschließen sich diese Angaben aus dem angefochtenen Urteil, von dem der Senat aufgrund der umfassenden Sachrüge ohnehin Kenntnis nehmen muss (vgl. Karlsruher Kommentar, StPO, 3. Auflage, § 344 Rdnr. 39). Dasselbe gilt für die Mitteilung der Umstände, aus denen sich die Verwertung der Aussage ergibt.
Die danach in zulässiger Weise eingelegte Rüge ist jedoch unbegründet, denn der Angeklagte mußte, weil er nicht Beschuldigter im Sinne der angeführten Vorschriften war, vor seiner Vernehmung durch den Zeugen T. nicht gemäß §§ 163 a Abs. 4, 136 Abs. 1 StPO belehrt werden.
Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens ist derjenige, gegen den die Strafverfolgungsorgane das Verfahren als den für eine Straftat Verantwortlichen betreiben. Es ist also erforderlich, dass gegen diese Person gerade als Beschuldigten ermittelt wird (Karlsruher Kommentar, StPO, 3. Auflage, Einleitung Rdnr. 85; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Auflage, Einleitung Rdnr. 77; Leipziger Kommentar, StPO, 24. Auflage, § 163 a Rdnr. 12; BGHR § 136 StPO - Belehrung 6 (Beschuldigter) -). In diesem Zusammenhang ist allerdings umstritten, ob sich die Stellung als Beschuldigter allein aus dem Umstand ergeben kann, dass eine Strafanzeige gegen eine bestimmte Person erstattet worden ist (vgl. zum Meinungsstand Leipziger Kommentar, StPO, 24. Auflage, § 163 a Rdnr. 12).
Der Senat folgt der Ansicht, dass diese Frage dann zu verneinen ist, wenn die Strafanzeige lediglich entgegengenommen wird und das Verfahren sodann ohne irgendeine Ermittlungshandlung eingestellt wird, weil z.B. das angezeigte Verhalten unter keinen Straftatbestand fällt oder die Anzeige als offensichtlich haltlos erkannt wird (Leipziger Kommentar, StPO, 24. Auflage, § 136 Rdnr. 7, § 163 a Rdnr. 12; Systematischer Kommentar, StPO, vor § 133 Rdnr. 22; Fincke, ZStW 95 (1983), 918, 933 u. 947). Nur diese Ansicht steht mit dem herrschenden und zutreffenden Verständnis des Beschuldigtenbegriffs und den weiteren gesetzlichen Regelungen in Einklang. So regelt § 158 StPO nur, wo eine Strafanzeige erstattet werden kann. § 152 Abs. 2 StPO verpflichtet die Staatsanwaltschaft nur dann zum Einschreiten, sobald zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen. Im Gegenzug verbietet § 344 StGB die Verfolgung Unschuldiger. Dieser Zusammenhang zeigt, dass eine Strafanzeige allein noch nicht ausreichen kann, den Angezeigten zum Beschuldigten zu machen. Entscheidend muss vielmehr sein, dass sich der Verfolgungswille der Ermittlungsorgange auf den Beschuldigten erstreckt, sei es auch nur, um die gegen diesen erhobenen Vorwurf näher aufzuklären. Erfolgen derartige Ermittlungen, kommt es auf die Stärke des Tatverdachts nicht an (vgl. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, 43. Auflage, StPO, Einleitung Rdnr. 77; Leipziger Kommentar, StPO, 24. Auflage, § 136 Rdnr. 7, § 163 a Rdnr. 12).

Vorliegend ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, dass unter dem 16. August 1996 Strafanzeige auch gegen den Angeklagten dieses Verfahrens wegen Körperverletzung erstattet worden ist. Aus dieser Anzeige hat sich jedoch ausweislich der Urteilsgründe kein Anfangsverdacht für eine Straftat ergeben. Deshalb ist ein Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten gar nicht erst eingeleitet worden.

Der Angeklagte war daher im Zeitpunkt seiner Vernehmung am 1. Oktober 1996 nicht Beschuldigter im Sinne von §§ 136, 163 a StPO und deshalb auch nicht als solcher zu belehren.


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