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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 699/98 OLG Hamm

Leitsatz: Das Ausbleiben des Angeklagten im Berufungshauptverhandlungstermin ist dann nicht genügend entschudligt, wenn der Angeklagte die Anreise zum Termin von vornherein so plant, dass ein rechtzeitiges Erscheinen ausgeschlossen ist.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Anfahrt, Anreise, Berufung, Berufungshauptverhandlung, Versäumung, Verspätung, Wiedereinsetzung, Zeitreserve

Normen: StPO 329

Beschluss: Strafsache gegen S.W.,
wegen gefährlicher Körperverletzung
(hier: Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung).

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 4. November 1998 gegen den Beschluss der VI. Strafkammer des Landgerichts Münster(Westf.) vom 28. Oktober 1998 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.12.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:
I. Das Amtsgericht Gronau verurteilte den Angeklagten am 3. Juli 1998 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Hiergegen legte dieser rechtzeitig Berufung ein. Die Ladung zu der auf den 27. Oktober 1998, 9 Uhr, anberaumten Hauptverhandlung nahm er am 10. August 1998 in Empfang.

Nachdem in der Berufungsverhandlung niemand erschienen war, verwarf die VI. kleine Strafkammer des Landgerichts Münster (Westf.) gegen 9.18 Uhr die Berufung des Angeklagten gemäß § 329 Abs.1 Satz 1 StPO, weil dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht in zulässiger Weise vertreten worden war.

Um 9.30 Uhr desselben Tages erschien der Angeklagte auf der Geschäftsstelle der Strafkammer und beantragte zu Protokoll des Urkundsbeamten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trug er vor, er habe nicht pünktlich erscheinen können, weil er aus Wanfried (Hessen) angereist sei und unterwegs in einem Stau gestanden habe. Unter Vorlage einer Tankquittung wies er darauf hin, dass er morgens um 5.45 Uhr losgefahren sei (B1.74,75 d.A.).

Durch Beschluss vom 28. Oktober 1998, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat die VI. Strafkammer das Wiedereinsetzungsgesuch als unbegründet verworfen, weil der Angeklagte die Säumnis selbst verschuldet habe. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten, mit der er u.a. geltend macht:

"Durch den Umzug am 19.10.1998 nach Hessen - 37281 Wanfried - habe ich den Termin zur Verhandlung verlegt. Mein Anruf beim Landgericht Münster war erfolglos, da ich das Aktenzeichen nicht mehr wußte. Der Beamte konnte mir deshalb keine Auskunft erteilen. Da ich nicht wußte wann die Verhandlung anfing und der Beamte mir erst um 7.15 Uhr am Tag der Verhandlung Auskunft geben konnte, fuhren wir für meine Begriffe rechtzeitig los. Wir sind gegen 5.30 hier in Wanfried weggefahren und durch einen Stau erst um 9.30 Uhr angekommen."(Bl.87 d.A.)

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II. Die gemäß §§ 329 Abs.3, 46 Abs.3 StPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Angeklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist die Strafkammer zu der Auffassung gelangt, dass die Säumnis des Beschwerdeführers nicht unverschuldet gewesen ist. Hierfür ist nämlich ein zu später Reiseantritt von seinem Wohnort Wanfried ursächlich.

Ausweislich der vorlegten Tankquittung hat sich der Angeklagte am Tag der Berufungsverhandlung um 6.12 Uhr in Meinhard-Grebendorf aufgehalten. Zur anberaumten Terminsstunde um 9 Uhr hätte er nur dann pünktlich erscheinen können, wenn er die noch etwa 260 km lange Strecke nach Münster und den Weg bis zum dortigen Landgericht einschließlich des Fahrzeugabstellens in 2 Stunden 48 Minuten bewältigt hätte. Das ist angesichts der morgendlichen Verkehrsverhältnisse von vornherein ausgeschlossen gewesen, so dass dahingestellt bleiben kann, ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - "auch noch im Stau gestanden" hat. Er wäre überdies nur dann entschuldigt gewesen, wenn er die Teilnahme an der Berufungsverhandlung versäumt hätte, obwohl er bei der Planung seiner Anreise mit dem PKW nicht nur die üblichen Verkehrsstaus, sondern auch noch eine ausreichende Zeitreserve für nicht voraussehbare Verzögerungen einkalkuliert hätte (vgl.OLG Bamberg NJW 1995, 740). Dass ihn an dem zu späten Antritt der Reise in Wanfried kein Verschulden treffe, hat er selbst nicht geltend gemacht.

Soweit sich die Ausführungen in der Beschwerdebegründung auf einen gegenüber der Antragsbegründung neuen Sachverhalt stützen, bedürfen die Einzelheiten keiner näheren Betrachtung. Nach Ablauf der Antragsfrist ist der Angeklagte nämlich mit neuem Vorbringen ausgeschlossen; später können die Angaben nur ergänzt und verdeutlicht werden (vgl.Kleinknecht/Meyer-Goßner,43.Aufl. (1997),§ 45 StPO Rdnr.5 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs.1 StPO.


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