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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 1295/98 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Bei einem nach § 24 a StVG verwirkten Fahrverbot darf der Tatrichtere von der Verhängung des Fahrverbotes nur bei Vorliegen ganz besonderer Ausnahmeumstände äußerer oder innerer Art absehen.
2. Zu Ausnahmeumständen]

Gericht: OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Normen: StVG 24 a, StVG 25 Abs. 2 a

Stichworte: 0,8 Promille, Absehen vom Fahrverbot, ungewöhnliche Härte, Ausnahmeumstände

Beschluss: Bußgeldsache gegen T.B.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg vom 7. August 1998 gegen das Urteil des Amtsgerichts Meschede vom 24. Juli 1998 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 17.11.1998 durch die Richterin am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Meschede zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen § 24 a StVG eine Geldbuße von 1.000,- DM festgesetzt, von der Verhängung eines Fahrverbotes jedoch abgesehen. Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 15. Februar 1998 gegen 02.35 Uhr mit einem PKW in Bestwig die Abt-Anno-Straße mit (mindestens) 1,02 o/oo Alkohol im Blut.

Zum Rechtsfolgenausspruch enthält das Urteil folgende Ausführungen:

"Gegen den Betroffenen war eine Geldbuße von 1.000,00 DM zu verhängen. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass der Betroffene bislang im Straßenverkehr nicht durch Ordnungswidrigkeiten in Erscheinung getreten ist. Von der Anordnung der Nr. 68 BKatV mußte das Gericht abweichen. Danach ist ein Regelsatz von 500,00 DM verwirkt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat zu verhängen. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht ausnahmsweise von der Verhängung des Fahrverbots absehen. Dieses hätte für den Betroffenen eine Gefährdung seiner beruflichen Tätigkeit zur Folge. Er leitet einen ambulanten Pflegedienst, der sein Büro in Neuastenberg bei Winterberg hat. Von seinem Wohnort in Bestwig-Velmede ist es dem im Schichtdienst tätigen Betroffenen nicht möglich, Neuastenberg zu erreichen. Für ihn besteht auch keine realistische Chance, mit Berufskollegen dort hinzufahren. Der Schichtdienst macht es auch nahezu unmöglich, sich von Privatpersonen für die Dauer eines Monats fahren zu lassen. Zusätzlich nimmt der Betroffene zur Zeit an einer Fortbildung für die Leiter von Pflegestationen in Dortmund teil. Diese Veranstaltung findet wöchentlich zweimal statt und dauert noch bis in den Januar 1999 hinein.
Unter diesen Umständen wäre die Verhängung eines Fahrverbots eine unverhältnismäßige Härte. Um der Schwere des Verkehrsverstoßes des Betroffenen genügend Rechnung zu tragen, erschien es aber nötig, die Geldbuße über den Regelsatz hinaus auf 1.000,00 DM zu erhöhen."

Hiergegen richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg.

Das Rechtsmittel, dem die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist, hat Erfolg

Der örtlichen Staatsanwaltschaft wie der Generalstaatsanwaltschaft ist darin beizupflichten, dass das Urteil hinsichtlich des Absehens von der Verhängung eines Fahrverbotes nicht bestehen bleiben kann. Denn die von dem Amtsgericht hierzu angestellten Erwägungen rechtfertigen dies gerade nicht. Zwar ist - worauf auch die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme hingewiesen hat - der Rechtsfolgenausspruch grundsätzlich Sache des Tatrichters. Seine Feststellungen basieren auf seinem umfassenden Eindruck, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat (zu vgl. BGH in NStZ 1988, 497). Wenn der Tatrichter jedoch den ihm eingeräumten Ermessensspielraum überschreitet, ist seine Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren angreifbar (BGHSt 17, 35 ff.).
Das ist hier der Fall.

Bei einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG ist die Anordnung eines Fahrverbotes bereits im Gesetz nach § 25 Abs. 1 S.2 StVG "in der Regel" vorgeschrieben. Hieran sind Verwaltungsbehörden und Gerichte gebunden. Damit hat der Gesetzgeber das in § 24 a StVG umschriebene Verhalten als besonders verantwortungslos klassifiziert und die Bewertung hinsichtlich der Anordnung eines Fahrverbotes vorweggenommen. Dem trägt auch § 2 Abs. 3 BKatV i.V.m. Nr. 68 - 68.2 BKatV Rechnung (vgl. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Aufl., § 25 StVG Rdnr. 15 a; Janiszewski/Buddendieck, Verwarnungs- und Bußgeldkatalog, 5. Aufl. 1993, S. 34 u. 35 d).

Daraus folgt, dass es - was das Amtsgericht offensichtlich verkannt hat - anders als beim sonstigen Fahrverbot bei dem gesetzlichen Regelfahrverbot nach § 25 Abs. 1 S.2 StVG in aller Regel nicht darauf ankommt, ob der angestrebte Erfolg nicht auch mit einer empfindlicheren, u.U. drastisch erhöhten Geldbuße erreicht werden kann (vgl. Himmelreich/Hentschel, Fahrverbot - Führerscheinentzug, Band 1, 8. Aufl., Rdnr. 341 m.w.N.), sondern dass der Tatrichter in diesem Falle von der Verhängung eines Fahrverbotes nur bei Vorliegen ganz besonderer Ausnahmeumstände äußerer oder innerer Art absehen darf, wenn also die Tat unter Berücksichtigung aller Umstände so aus dem Rahmen der typischen Begehungsweise einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG fällt, dass sie nicht mehr als Regelfall im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden kann oder wenn das Fahrverbot für den Betroffenen eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde (vgl. OLG Hamm, Blutalkohol 1982, 190 und VRS 90, 207; Jagusch/Hentschel, a.a.O.; Janiszewski/Buddendieck, a.a.O.; OLG Karlsruhe, NZV 1993, 277; BayObLG NZV 1989, 243 und 1991, 436).

Nach den in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen liegen diese Voraussetzungen aber nicht vor. Ebensowenig wie die fehlende Vorbelastung und die Fahrt zu verkehrsarmer Nachtzeit eine wesentliche Abweichung von dem üblichen Erscheinungsbild einer Zuwiderhandlung gegen § 24 a StVG darstellen, die ein Absehen von einem Fahrverbot rechtfertigen könnten, gilt dies für etwaige Nachteile, die ein Betroffener durch die Verhängung eines Fahrverbotes zu erwarten hat. Denn ein Fahrverbot bringt nicht nur in Ausnahmefällen, sondern sogar recht häufig für den davon Betroffenen wirtschaftliche oder berufliche Nachteile - oft auch schwerwiegender Art - mit sich. Diese werden vom Regelfall miterfaßt und sind vom Betroffenen grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Ein Absehen von der Anordnung einer solchen Maßnahme kann deswegen nur in Betracht kommen, wenn sie darüber hinaus zu einer Härte ganz ungewöhnlicher Art führen würde. Eine derartige Härte kann z.B. gegeben sein, wenn die Maßnahme zum Existenzverlust eines Selbständigen (vgl. OLG Hamm, VRS 75, 312 f) oder zum Verlust des Arbeitsplatzes eines Arbeitnehmers (vgl. BayObLG bei Rüth DAR 1985, 237 und NZV 1989, 243) führt. Dahingehende tragfähige Feststellungen hat das Amtsgericht aber nicht getroffen. Soweit es von einer - für eine Ausnahme ohnehin nicht ausreichenden - "Gefährdung" der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen ausgeht, fehlt es an der erforderlichen ins Einzelne gehenden Beschreibung des Berufsbildes und der Auseinandersetzung mit der Frage, ob zur Leitung eines ambulanten Pflegedienstes, der sein Büro in Neuastenberg hat, die Anwesenheit des Betroffenen dort überhaupt erforderlich ist und, soweit dies der Fall sein sollte, er nicht auf dritte Personen als Fahrer zurückgreifen könnte. Gänzlich unerörtert lassen die Urteilsgründe im Übrigen die Möglichkeit des Betroffenen, die Dauer des Fahrverbots - zumindest teilweise - durch Urlaub zu überbrücken. Dies lag aber mit Rücksicht auf die Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG, die es dem Betroffenen ermöglichen würde, das Fahrverbot erst mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam werden zu lassen, besonders nahe.

Da das Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots nach dem festgestellten Sachverhalt nicht gerechtfertigt ist, konnte das angefochtene Urteil - angesichts der Wechselwirkung zwischen Bußgeldausspruch und Fahrverbot - im gesamten Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben. Es war insoweit daher mit den getroffenen Feststellungen aufzuheben und, da eine weitere Sachaufklärung zur Frage der außergewöhnlichen Härte jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint, zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.


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