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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss 1107/98 OLG Hamm

Leitsatz: Wird in einem Antrag die Vernehmung des Inhabers einer Firma beantragt, ist dieser Antrag als Beweisantrag zu bescheiden, weil der zu dem Beweisthema benannte Zeuge hinreichend individualisiert ist.

Gericht: OLG Hamm

Senat: 4

Gegenstand: Revision

Stichworte: Bedeutungslosigkeit, Benennung, Beweisantrag, Beweisermittlungsantrag, Hilfsbeweisantrag, individualisierter Zeuge, Verfahrensrüge, Zeuge

Normen: 244 Abs. 3 StPO

Beschluss: Strafsache gegen den M.B.,
wegen Betruges.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg vom 27. Mai 1998 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. Oktober 1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgerich, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag bzw. nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird insoweit, als es die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges in vier Fällen zum Nachteil der Firma H. (III. 1. bis 4.) betrifft, mit den Feststellungen gänzlich und insoweit, als es die Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen zum Nachteil G. (III. 5. bis 7.) betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den hierzu getroffenen Feststellungen aufgehoben. Diese Aufhebung erfaßt auch den Gesamtstrafenausspruch und den Ausspruch über das Berufsverbot.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Arnsberg zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 7 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Es hat dem Angeklagten für 4 Jahre verboten, eine selbständige Tätigkeit als Kraftfahrzeughändler auszuüben.

Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten unter Aufrechterhaltung des Berufsverbotes mit der Maßgabe verworfen, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf 2 Jahre 4 Monate herabgesetzt wurde.

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit näher ausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat bereits mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts teilweise Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem im Tenor dargelegten Umfang.

Die Strafkammer hat den Hilfsbeweisantrag des Angeklagten, "den Inhaber der Firma H. über die Tatsache zu vernehmen, dass dieser die Vermögensverhältnisse des Angeklagten gekannt hat" zu Unrecht abgelehnt. Entgegen der Auffassung der Strafkammer war der Beweisantrag als solcher zu bescheiden, weil der zu dem Beweisthema benannte Zeuge hinreichend individualisiert war. Zwar war der Zeuge nicht namentlich benannt worden, es reicht jedoch aus, wenn die in dem Beweisantrag genannte Person ohne weiteres potentiell erreichbar war (vgl. BGH, NStZ 1994, 47; auch BGH, NStZ 1995, 246). Mit dem Hinweis der Verteidigung auf die Vernehmung des Inhabers der Firma H. war ersichtlich die Person gemeint, die die Geschäftsleitung zu den Tatzeiten innehatte. Diese Person hätte durch einfache Nachfrage in der Firma H., durch eine Auskunft aus dem Handelsregister oder durch Einsichtnahme in die bei den Akten befindlichen Briefbögen ohne weiteres dem Namen nach ermittelt und entsprechend geladen werden können. Zweifel hinsichtlich der Individualisierbarkeit bestanden insoweit nicht. Die bloße Unterlassung der namentlichen Benennung des Zeugen gab dem Hilfsantrag nicht den Charakter eines bloßen Beweisermittlungsantrags.

Der Beweisantrag durfte aus Rechtsgründen auch nicht mit der Hilfserwägung gemäß § 244 Abs. 3 S.2 StPO als "für die Entscheidung ohne Bedeutung" abgelehnt werden. Der Beweisantrag zielte ersichtlich darauf ab, unter Beweis zu stellen, dass der Firmenleitung die Vermögensverhältnisse des Angeklagten bekannt waren und dass die Zeugen L. und E. hiervon gewußt haben mußten. Letztlich sollten damit Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen ermöglicht werden. Insoweit ist die Kenntnis oder Unkenntnis des Inhabers der Firma H. keinesfalls ohne Bedeutung. Jedenfalls hätte sich die Strafkammer - wenn dem Inhaber der Firma H. die Vermögensverhältnisse des Angeklagten bekannt waren - sich näher damit auseinandersetzen müssen, warum dies den Zeugen L. und E. nicht bekannt gewesen sein soll und aus welchen Gründen es den Zeugen L. und E. gestattet gewesen sein soll, dass teure Kraftfahrzeuge mit den jeweiligen Kraftfahrzeugsbriefen an den wirtschaftlich notleidenden Angeklagten ausgehändigt werden durften. Deshalb beruht das angefochtene Urteil in dem hier erörterten Teil auf diesem Verfahrensmangel und ist bereits infolgedessen aufzuheben.

Soweit sich der Angeklagte mit seiner nicht ausdrücklich beschränkten Revision gegen den Schuldspruch in den Fällen 5. bis 7. des angefochtenen Urteils (Fälle zum Nachteil G.) richtet, ist das Rechtsmittel allerdings nicht begründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (vgl. § 349 Abs. 2 StPO).

Indessen war wegen des aufgezeigten Verfahrensmangels und im Hinblick darauf, dass es in der erneuten Hauptverhandlung in den Fällen 1. bis 4. möglicherweise nicht zu einer Verurteilung des Angeklagten kommt, nicht auszuschließen, dass die Strafzumessung in den Fällen 5. bis 7. von den übrigen Verurteilungen beeinflußt worden ist. Hierdurch könnte dem Angeklagten ein Nachteil entstanden sein, so dass auch insoweit in diesen Fällen der Rechtsfolgenausspruch aufzuheben ist.
Aus den gleichen Erwägungen ist auch die Entscheidung über die Verhängung des Berufsverbots aufzuheben. Die Strafkammer wird in der neuen Verhandlung die Strafzumessung in vollem Umfang neu vorzunehmen haben.


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