Aktenzeichen: 3 Ss 1179/98 OLG Hamm
Leitsatz: Die Rüge, mit der geltend gemacht wird, der Grundsatz der Öffentlichkeit sei verletzt, muss auch Ausführungen dazu enthalten, warum das Gericht an dem möglichen Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit ein Verschulden trifft.
Senat: 3
Gegenstand: Revision
Stichworte: Öffentlichkeit, Verfahrensrüge, Verschulden des Gerichts, Unzulässigkeit
Normen: StPO 344 Abs. 2 Satz 2, GVG 169
Beschluss: Strafsache gegen G.Q.,
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der V. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 29.05.1998 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05.11.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unzulässig verworfen.
Gründe:
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Bünde vom 14.01.1998 wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch sowie wegen versuchter Nötigung und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 80,- DM verurteilt worden. Auf die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld durch Urteil vom 29.05.1998 unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen das angefochtene Urteil dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, wegen versuchter Nötigung und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80,- DM verurteilt wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten. Er rügt eine Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens. Zur Begründung trägt er vor, während der Hauptverhandlung am 29.05.1998 sei diese vor dem Gerichtssaal Nr. 65 durch die Leuchtschrift als "nicht öffentlich". gekennzeichnet gewesen. Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und der Vorsitzende hätten sich hiervon durch Augenscheinseinnahme und durch Befragung der Protokollführerin am 29.05.1998 überzeugt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 29.09.1998 zu der Revision folgendes ausgeführt:
"Die Revision ist rechtzeitig eingelegt sowie fristgerecht begründet worden.
Die Revisionsbegründung genügt indes nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO, weshalb die Revision unzulässig ist.
Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht in der gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gebotenen Weise ausgeführt worden.
Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen so genau und vollständig angegeben werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden. Wird der geltend gemachte Verstoß - wie hier - auf die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens gestützt, erfordert § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO deswegen die Angabe auch derjenigen - dem Angeklagten zugänglichen - Umstände, nach denen das Gericht den Verstoß zu vertreten hat, da eine nach dem Sachvortrag der Rechtsbeschwerde gegebene Beschränkung der Öffentlichkeit nur dann einen Revisionsgrund bildet, wenn sie auf einem Verschulden des Gerichts beruht (zu vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Auflg., § 338 Rdn. 49 ff m.w.N.; BayObLG, VRS 87, 139 ff).
Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung hier nicht, da keine konkreten Umstände dargelegt werden, aus denen sich - im Fall ihrer Erweisbarkeit - ein Verschulden des Gerichts an der Kennzeichnung der Hauptverhandlung mittels Leuchtschrift als "nicht öffentlich" ergibt. Es hätte der Darlegung bedurft, weshalb ein Verschulden nachgeordneter Bediensteter (Protokollführer, Gerichtswachtmeister) auszuschließen ist oder weshalb sich das Gericht anderenfalls eine Verletzung seiner Aufsichtspflicht als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss.
Des Weiteren teilt die Revision nicht mit, wann die Verteidigung am 29.05.1998 bemerkt hat, dass die Leuchtschrift die Hauptverhandlung als "nicht öffentlich" kennzeichnet und wo der Schalter für die Bedienung dieser Leuchtschrift in dem in Frage stehenden Sitzungssaal 65 angebracht ist, inwieweit also Dritte - gegebenenfalls erst nach Ende der Hauptverhandlung - diesen Schalter betätigt haben können.
Demgegenüber ist die allgemeine Sachrüge nicht erhoben worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Wege der Auslegung, da das Revisionsvorbringen nicht eindeutig ergibt, dass die Nachprüfung - auch - in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt wird. Vielmehr wird die Revision ausschließlich auf den Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens gestützt."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch das Vorbringen in der Revisionsbegründung, der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und der Vorsitzende hätten sich durch Augenscheinseinnahme und durch Befragung der Protokollführerin davon überzeugt, dass die Hauptverhandlung am 29.05.1998 durch die Leuchtschrift als "nicht öffentlich" gekennzeichnet gewesen sei, keine andere Beurteilung rechtfertigt. Zwar ist ein auf einem Verschulden des Gerichts beruhender Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens auch dann gegeben, wenn der Vorsitzende eine ihm bekannte Beschränkung der Öffentlichkeit nicht beseitigt hat (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 338 Randziffer 49). Eine solche Fallgestaltung ist aber mit der Revisionsbegründung nicht dargelegt worden. Aus ihr ergibt sich nämlich nicht, zu welchem Zeitpunkt am 29.05.1998 die behauptete Augenscheinseinnahme der Leuchtschrift durch den Vorsitzenden erfolgt ist, so dass offenbleibt, ob der Vorsitzende noch während der Hauptverhandlung Kenntnis von der gerügten Beschränkung der Öffentlichkeit erlangt hat - nur in diesem Falle käme ein auf einem Verschulden des Gerichtes beruhender Verfahrensverstoß in Betracht - oder erst nach Durchführung der Hauptverhandlung den Ausschluß der Öffentlichkeit festgestellt hat.
Die Revision war daher gemäß § 349 Abs. 1 StPO mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.
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