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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 1154/98 OLG Hamm

Leitsatz: Die Annahme eines qualifizierten Rotlichtverstoßes setzt die Feststellung voraus, dass der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin das Rotlicht nach einer Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde mißachtet hat. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die ggf. erforderliche Überprüfung zu ermöglichen, setzt dies nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Zeitablauf des Rotlichtverstoßes voraus.

Senat: 4

Gegenstand: OWi

Stichworte: qualifizierter Rotlichtverstoß, Umfang der Feststellungen, Zeitschätzung, keine Messung, Zeitablauf

Normen: 37 StVO, StvG 25

Beschluss: Bußgeldsache gegen T.Z.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Beckum vom 17. April 1998 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 29.10.1998 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Beckum zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht hat die Betroffene "wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach den §§ 37 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG" zu einer Geldbuße von 250,- DM verurteilt und ferner ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats mit der Maßgabe verhängt, dass das Fahrverbot am 1. Juli 1998 in Kraft treten soll. Nach den zugrundeliegenden Feststellungen befuhr die Betroffene am 29. Oktober 1997 gegen 16.50 Uhr in Ahlen mit ihrem PKW, amtliches Kennzeichen WAF-UW 537, die Emanuel-von-Ketteler-Straße in nördlicher Richtung. An der Kreuzung Emanuel-von-KettelerStraße/Beckumer Straße/Selma-Englisch-Straße befolgte sie das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage nicht. Die Rotphase dauerte bereits 2,1 Sekunden an, als sie nach rechts in die Beckumer Straße einbog.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung des formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsbeschwerde der Betroffenen. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung der Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes nicht. Der von dem Amtsgericht angenommene qualifizierte Rotlichtverstoß setzt die Feststellung voraus, dass der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin das Rotlicht nach einer Rotlichtphase von mehr als einer Sekunde mißachtet hat. Um dem Rechtsbeschwerdegericht die ggf. erforderliche Überprüfung zu ermöglichen, setzt dies nähere Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und zum Zeitablauf des Rotlichtverstoßes voraus (vgl. Senatsbeschluss vom 16. November 1995 - 4 Ss OWi 1281/95 -). Insbesondere wenn die Feststellungen zum Zeitablauf nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Meßgerätes beruhen, sind wegen der damit verbundenen zahlreichen Fehlermöglichkeiten klare und erschöpfende Feststellungen zum Zeitablauf sowie zu der Entfernung des Fahrzeugs zum Einmündungsbereich, zur Lichtzeichenanlage und zu einer ggf. vorhandenen Haltelinie zu treffen.

Diesen Anforderungen werden die getroffenen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung nicht gerecht. Festgestellt wird dort, dass die Rotlichtphase 2,1 Sekunden andauerte, als die Betroffene nach rechts in die Beckumer Straße einbog. Es wird nicht deutlich, ob sich die Rotlichtphase von 2,1 Sekunden auf das Überschreiten einer möglicherweise vorhandenen Haltelinie oder des Ampelmastes oder nur auf das Abbiegen in die Beckumer Straße bezieht. Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen dahingehend, wo sich die Betroffene befand, als die Lichtzeichenanlage auf Rot umsprang und wie lange die Rotphase andauerte, als die Betroffene die Haltelinie oder - falls eine solche nicht vorhanden war - den Ampelmast passierte.
Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung des Urteils, so dass es einer Entscheidung über die Verfahrensrüge nicht bedarf.

Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich zudem auf folgendes hin:

Da die Feststellungen zum Zeitablauf nicht auf einer technischen Messung mittels eines geeichten Meßgerätes beruhen, sondern aufgrund der Aussage des Zeugen Lenfers, der die Dauer der Rotlichtphase mittels der Stoppuhr seiner Armbanduhr ermittelt hat, setzt dies eine genaue Darlegung in den Urteilsgründen voraus, auf welche Art und Weise der Zeuge konkret die Zeitdauer der Rotlichtphase von 2,1 Sekunden gemessen hat. Insbesondere ist in den Entscheidungsgründen darzulegen, wie der Zeuge die Beobachtung des Fahrverhaltens der Betroffenen und Messung der Zeitdauer koordiniert hat. Dabei wird der Tatrichter zu berücksichtigen haben, dass diese Messmethode gewisse Ungenauigkeiten aufweist (vgl. KG NZV 1995, 240).

Falls § 25 Abs. 2 a OWiG n.F. zur Anwendung kommen sollte, ist im Tenor auszusprechen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gegeben wird, spätestens aber mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.


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