Aktenzeichen: 3 Ss OWi 730/98 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Frage des "eigenen Verschuldens" bei einem angeblich der deutschen Sprache nicht mächtigen Ausländer
Senat: 3
Gegenstand: OWi
Stichworte: Ausländer, deutsche Sprache, eigene eidesstattliche Versicherung, Rechtsbeschwerde, Rechtsmittelbelehrung, Wiedereinsetzung
Normen: StPO 44, StPO 45
Beschluss: Bußgeldsache gegen F.T.,
wegen Verstoßes gegen das Gaststättengesetz
(hier: Rechtsbeschwerde sowie Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde).
Auf den Antrag des Betroffenen vom 09.02.1998 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 15.01.1998 sowie auf die gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde vom selben Tag hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 30.08.1998 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin (§ 80 a Abs. 2 Nr. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Der Wiedereinsetzungsantrag wird als unbegründet verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unzulässig verworfen.
Gründe:
Der Betroffene wurde durch das in seiner Gegenwart verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 15.01.1998 wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen § 28 Abs. 1 Ziffer 6, 18 Gaststättengesetz in zwei Fällen zu Geldbußen in Höhe von jeweils 600,00 DM verurteilt. In der Hauptverhandlung wurde dem Betroffenen ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 15.01.1998 sowohl mündlich als auch durch Übergabe des Merkblattes Vordruck OWi 17 eine Rechtsmittelbelehrung erteilt.
Mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 09.02.1998 legte der Betroffene gegen das oben genannte Urteil Rechtsbeschwerde ein und beantragte gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches hat er geltend gemacht, er sei der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig. Aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse habe er dem Gang der Hauptverhandlung nicht folgen können und weder die mündliche noch die schriftliche Rechtsmittelbelehrung verstanden.
Der Amtsrichter hat in seinem Vermerk vom 10.03.1998, dessen Inhalt den Verteidigern des Betroffenen aufgrund der gewährten Akteneinsicht bekannt ist, ausgeführt, der Betroffene sei der deutschen Sprache hinreichend mächtig gewesen. Er sei zur Sache vernommen worden und habe sich in ohne weiteres verständlicher Form (wie bereits zuvor schriftlich) eingelassen. Er zudem im dem Hauptverhandlungstermin in Begleitung einer dritten Person erschienen, mit der er sich noch in der Sitzungsunterbrechung über eine mögliche Einspruchsrücknahme beraten habe. Zu keinem Zeitpunkt sei in der Hauptverhandlung von dem Betroffenen ein Dolmetscher begehrt worden. Dies sei aus der Sicht des Gerichts auch nicht erforderlich gewesen. Sofern der Betroffene der Rechtsmittelbelehrung nicht haben folgen können, habe dies nicht auf sprachlichen Problemen beruht. Im übrigen sei die Rechtsmittelbelehrung schriftlich ausgehändigt worden und ausdrücklich auf die Wochenfrist und insbesondere auf den letzten Tag der Frist hingewiesen worden.
Das Wiedereinsetzungsgesuch war als unbegründet zu verwerfen.
Angesichts des Vermerkes des Amtsrichters und der Tatsache, dass der Betroffene in dem Verfahren mehrere in deutscher Sprache abgefaßte und von ihm unterzeichnete Eingaben eingereicht hat, bestehen auch unter Berücksichtigung der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des G.R. vom 25.02.1998 und der von einem der Verteidiger des Betroffenen abgegebenen Erklärung vom 05.03.1998, bei der Aufnahme der eidesstattlichen Versicherung des Betroffenen sei eine ausreichende Verständigung mit diesem nicht möglich gewesen, bereits Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens des Betroffenen, er sei der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig und habe deshalb die mündliche Rechtsmittelbelehrung nicht verstehen und die schriftliche Rechtsmittelbelehrung weder lesen noch verstehen können. Der eidesstattlichen Versicherung des Betroffenen selbst kommt insoweit ein Beweiswert nicht zu. Sie hat nur die Bedeutung einer schlichten Erklärung. (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goßner, StPO, 43. Aufl., § 45 Rdz. 9).
Letztlich konnte diese Frage aber dahingestellt bleiben. Der Betroffenen hat ausgeführt, dass er nach der Zustellung des Urteils Rechtsbeschwerde habe einlegen wollen, ihm dann aber erklärt worden sei, dass diese verspätet sei. Der Betroffene war demgemäss zumindest in der Lage, das amtsgerichtliche Urteil vom 15.01.1998 als eine ihn belastende Entscheidung zu erkennen. Dann war ihm dies aber auch in der Hauptverhandlung möglich. Davon, dass die Deutschkenntnisse des Betroffenen zumindest dazu ausreichten, ist aufgrund der Tatsache, dass der Betroffene nicht nur bereits seit längerer Zeit in der Bundesrepublik lebt, sondern hier auch als Betreiber einer Pizzeria am Wirtschaftsleben teilnimmt, auszugehen (vgl. BVerfG NJW 1991, 2208). Wenn der Betroffene aber dennoch zumindest fast 3 Wochen - die Absendung des Urteils vom 15.01.1998 erfolgte ausweislich der Akten am 02.02.1998, so dass der Betroffene es frühestens am 03.02.1998 erhalten haben kann - keinerlei Schritte unternommen hat, um den Inhalt der ihm in der Hauptverhandlung überreichten Rechtsmittelbelehrung zu erfahren, so stellt dieses Verhalten eine ihm zuzurechnende Gleichgültigkeit bei der Verfolgung eigener Interessen dar, die die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigt (vgl. BVerfG 42, 121, 127).
Die Rechtsbeschwerde war nach Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuches als unzulässig zu verwerfen, da sie verspätet, nämlich erst am 09.02.1998 und damit nach Ablauf der am 15.01.1998 in Gang gesetzten und am 22.01.1998 abgelaufenen einwöchigen Frist des § 341 Abs. 1 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG beim Amtsgericht Bad Oeynhausen eingelegt worden ist.
Die Kostenentscheidung hin sichtlich der Rechtsbeschwerde folgt aus § 473 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.
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