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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 719 u. 720/98 OLG Hamm

Leitsatz: Ein Abweichen von der Zukunftsprognose, die die Strafvollstreckungskammer aufgrund ihres persönlichen Eindrucks von dem Verurteilten gestellt hat, kann dann gerechtfertigt sein, wenn gewichtige Gesichtspunkte nicht oder fehlerhaft berücksichtigt worden sind oder wenn offenkundig bei der gegebenen Sachlage der mündlichen Anhörung kein entscheidendes Gewicht beizumessen ist.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Ablehnung der bedingten Entlassung, Aufhebung, besondere Umstände, persönlicher Eindruck

Normen: 57 Abs. 2 StGB

Beschluss: Strafsache H.K.,
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
(hier: Ablehnung der bedingten Entlassung gemäß § 57 Absatz 2 StGB).

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Duisburg vom 10. November 1998 gegen den Beschluss der 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Essen vom 05. November 1998 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 05.01.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Verurteilten beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Aussetzung der Reste der Freiheitsstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts -Schöffengericht I - Duisburg vom 04. Oktober 1994 (44 I Ls 54 Js 403/94 - 375/94 - = 54 VRs 1591/94 StA Duisburg) und des Amtsgerichts -Schöffengerichts II- Duisburg vom 14. März 1997 (18 II Ls 54 Js 652/96 - 1/97 - = 54 VRs 808/97 StA Duisburg) wird abgelehnt.

Gründe:
Der Verurteilte verbüßt zur Zeit die gegen ihn durch Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 04. Oktober 1994 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten nach Widerruf der zunächst gewährten Strafaussetzung zur Bewährung. Anschließend wird der Rest der gegen ihn durch Urteil vom 14. März 1997 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verbüßt. Das Strafende ist auf den 03. Juni 2000 notiert.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung des Verurteilten in beiden Vollstreckungsverfahren angeordnet. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Duisburg, der die Generalstaatsanwaltschaften Düsseldorf und Hamm beigetreten sind. Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Ablehnung der Aussetzung der Strafreste. Denn nach Auffassung des Senats kann unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht verantwortet werden zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat zur Ergänzung der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft Duisburg folgendes ausgeführt:

"Die Voraussetzung der hier alleine in Betracht kommenden Vorschrift des § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB - der Verurteilte ist nicht Erstverbüßer (vgl. Blatt 139 des Vollstreckungsheftes 54 VRs 1591/94; s.a. OLG in MDR 1987, 519 ff) liegen entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer nicht vor.

Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Gesamtwürdigung der Tat, der Täterpersönlichkeit, etwa vorhandener Milderungsgründe und seines Verhaltens im Strafvollzug ergibt das Vorliegen besonderer Umstände nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht. Der Wunsch des Verurteilten nach Aufnahme einer ambulanten Therapie könnte allenfalls - sofern die weiteren Voraussetzungen vorliegen - eine bedingte Entlassung gemäß § 57 Abs. 1 rechtfertigen. Darüber hinausgehende, eine positive Entscheidung gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 2 StGB rechtfertigende Umstände sind nicht vorhanden.
Aber auch die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB liegen nicht vor.
Danach kommt eine Aussetzung des Strafrestes nur dann in Betracht, wenn verantwortet werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird. Bei dieser Prognoseentscheidung sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von einer Aussetzung für ihn zu erwarten sind. Unter Zugrundelegung dieser von Gesetzes wegen zu berücksichtigenden Kriterien an eine bedingte Entlassung kann dem Verurteilten eine positive Prognoseentscheidung nicht gestellt werden. Ihre Erwartung, der Verurteilte werde außerhalb des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen, begründet die Strafvollstreckungskammer im wesentlichen mit dem persönlichen Eindruck, den der Vorsitzende bei der mündlichen Anhörung des Verurteilten von diesem gewonnen hat.

Zwar ist dem persönlichen Eindruck im Rahmen einer Entscheidung gemäß § 57 StGB ein nicht unerhebliches Gewicht beizumessen. Doch kann ein Abweichen von der Zukunftsprognose, die die Strafvollstreckungskammer aufgrund ihres persönlichen Eindrucks von dem Verurteilten gestellt hat, dann gerechtfertigt sein, wenn gewichtige Gesichtspunkte nicht oder fehlerhaft berücksichtigt worden sind oder wenn offenkundig bei der gegebenen Sachlage der mündlichen Anhörung kein entscheidendes Gewicht beizumessen ist. Ein solcher liegt hier vor.

Maßgeblich für die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer war insbesondere, dass der Verurteilte anläßlich seiner mündlichen Anhörung - nach dem Eindruck der Kammer glaubhaft - angegeben hat, er sei "bemüht, seinem Leben eine gewisse Stabilität zu verleihen" und bereit, sich einer ambulanten Therapie zu unterziehen. Allein diese Beteuerung des Verurteilten rechtfertigen die Annahme einer günstigen Sozialprognose indes nicht. Der Verurteilte ist bereits in zwei stationären Therapien gescheitert. Es ist nicht zu erwarten, dass er nunmehr eine ambulante Therapie, hinsichtlich deren Durchführung im Übrigen keinerlei Einzelheiten feststehen und die sich nach seinen Wünschen auf eine ambulante Gesprächsbetreuung beschränken soll (vgl. Blatt 166 d.v.A.), erfolgreich durchstehen wird. Sein Wunsch, sich "ausprobieren" zu wollen lässt auch vor dem Hintergrund, dass seine Ehe offenbar gescheitert (vgl. Blatt 166 a.a.O.) und seine berufliche Situation keineswegs gesichert ist (er ist um eine Arbeitsstelle bemüht), eine günstige Prognose derzeit nicht zu."

Diesen noch an dem bisherigen - in den Voraussetzungen einer Strafrestaussetzung milderen - Rechtszustand orientierten Ausführungen, denen die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm beigetreten ist, pflichtet auch der Senat bei. Das Risiko einer bedingten Entlassung ist insbesondere im Hinblick auf die im Falle eines Fehlschlagen zu erwartende Gefahr weiterer Verstöße des Verurteilten gegen das Betäubungsmittelgesetz derzeit noch zu hoch. Deshalb kann erst recht unter Berücksichtigung auch des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB neuer Fassung) eine Aussetzung der Vollstreckung der Strafreste nicht verantwortet werden. Die Ausführungen des Verurteilten in seinem Schreiben vom 25. Dezember 1998 geben zu einer für ihn günstigeren Beurteilung keinen Anlass.
Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


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