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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 7/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Fluchtgefahr bei einem ausländischen Angeklagten

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Fluchtgefahr, wirtschaftliche Auswirkungen der Verurteilung, Verbindungen des Angeklagten ins Ausland, ausländischer Angeklagter

Normen: StPO 112

Beschluss: Strafsache gegen L.K.,
wegen fahrlässiger Tötung u. a. ,
hier: Haftbeschwerde des Angeklagten.

Auf die (Haft-)Beschwerde des Angeklagten vom 17. Dezember 1999 gegen den Beschluss der V. kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 14. Dezember 1999 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13.01.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:
I. Der Angeklagte, der sich seit dem 25. Juni 1999 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Münster vom 10. Juni 1999 - 23 Gs 1738/99 - in Untersuchungshaft befindet, wendet sich mit seiner Haftbeschwerde gegen die auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützte Haftfortdauerentscheidung der V. kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 14. Dezember 1999.

Das Amtsgericht Münster hat den Angeklagten am 28. September 1999 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Das Amtsgericht hat dazu im wesentlichen festgestellt, dass der Angeklagte, dem die Fahrerlaubnis zuletzt im Jahre 1997 entzogen worden war, am 2. Juni 1999 als Führer des Miet-Pkw VW Sharan mit grob überhöhter Geschwindigkeit (statt erlaubter 50 km/h mit mindestens 115 km/h) auf der Kreisstraße 2 in Senden eine Kurve durchfuhr und dabei die Gewalt über sein Fahrzeug verlor. Dadurch kollidierte er mit dem von der Geschädigten S.G. gesteuerten Fahrzeug und anschließend noch mit dem Fahrzeug des Zeugen H.T.. S.G. verstarb an der Unfallstelle, der Zeuge T. wurde schwer verletzt. An den drei Fahrzeugen entstand Sachschaden in Höhe von etwa 130. 000 DM.

Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel in der Hauptverhandlung vom 14. Dezember 1999 auf den Strafausspruch beschränkt. Das Landgericht hat seine Berufung verworfen und mit dem angefochtenen Beschluss die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Der Angeklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt.
Das Revisionsverfahren ist noch nicht beim Senat anhängig.

Der Angeklagte wendet mit seinem Rechtsmittel ein, die Strafkammer habe zu Unrecht den Haftgrund der Fluchtgefahr bejaht. Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II. Die zulässige Haftbeschwerde ist unbegründet.

Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus dem Umstand, dass der Angeklagte in einem gerichtlichen Verfahren nach Durchführung der Beweisaufnahme wegen der ihm zur Last gelegten Tat verurteilt worden ist. Zudem hat der Angeklagte den Schuldspruch mit den diesem zugrundeliegenden Feststellungen durch die Beschränkung seines Rechtsmittels in der Berufungsinstanz akzeptiert.

Es besteht auch der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Bei Würdigung der Umstände des Falles ist es wahrscheinlicher, dass sich der Angeklagte dem weiteren Straf- und dem Vollstreckungsverfahren entzieht, als dass er sich ihm stellt.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Angeklagte etwa seit seinem 2. Lebensjahr in der Bundesrepublik Deutschland lebt, er hier verheiratet ist und aus der Ehe zwei Kinder hervorgegangen sind, so dass von einer gewissen sozialen Einbindung auszugehen ist. Andererseits wird gegen ihn selbst unter Berücksichtigung der Dauer der bisher verbüßten Untersuchungshaft für den Fall, dass das Urteil des Landgerichts Münster rechtskräftig werden sollte, noch ein nicht unerheblicher Strafrest zu vollstrecken sein, was für ihn durchaus einen Fluchtanreiz begründet. Hinzu kommt, dass der Angeklagte die jugoslawische Staatsangehörigkeit besitzt und er mit einer Kroatin verheiratet ist, die zusammen mit den gemeinsamen Kindern noch im Sommer letzten Jahres für die Dauer von sechs Wochen Verwandte in ihrer Heimat besucht hat. Das legt nahe, dass auch nach Kroatien tragfähige soziale Bindungen bestehen, so dass der Angeklagte mit seiner Familie dort in einem vertrauten Umfeld jederzeit Aufnahme finden könnte. Dafür, dass er diese Möglichkeit im Falle seiner Freilassung nutzen wird, spricht der Umstand, dass der Angeklagte nicht nur seit Juni 1999 nicht mehr über eine Arbeitsstelle in der Bundesrepublik Deutschland verfügt, sondern er hier auch langfristig keine wirtschaftliche Perspektive mehr haben wird. Es liegt auf der Hand, dass die Geschädigten und die Versicherungsunternehmen, die im Zusammenhang mit der Tat Ersatzleistungen erbracht haben, den Angeklagten wegen ihrer berechtigten Forderungen in Regress nehmen werden. Allein der vom Angeklagten zu ersetzende Sachschaden an den zerstörten Pkw beläuft sich auf ca. 130. 000 DM, hinzu kommen die wahrscheinlich noch deutlich höheren Schadensersatzansprüche, die im Zusammenhang mit den Personenschäden stehen. Für den Fall, dass der Angeklagte in der Bundesrepublik Deutschland jetzt oder in Zukunft über pfändbares Einkommen verfügen sollte, wird er deshalb über sehr lange Zeit Schadensersatzforderungen ausgesetzt sein.

Die weitere Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft ist zumindest derzeit auch noch nicht unverhältnismäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.


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