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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 6 - 75/2000 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Bewertung eines Verfahrens als "besonders umfangreich" für den als Beistand des Nebenklägers bestellten Rechtsanwalt.

Senat: 2

Gegenstand: Pauschvergütung

Stichworte: Pauschvergütung, umfangreiches Verfahren, Zeitpunkt der Beiordnung

Normen: BRAGO 99, BRAGO 102, StPO 406 g

Beschluss: Strafsache gegenU.G., wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs eines Kindes, hier: Pauschvergütung für die der nebenklageberechtigten Vertreterin als Beistand bestellte Rechtsanwältin gem. §§ 99, 102 BRAGO).

Auf den Antrag der Rechtsanwältin S. in B. vom 14. Februar 2000 auf Bewilligung einer Pauschvergütung für ihre Beistandstätigkeit für die nebenklageberechtigte Anzeigeerstatterin K.W. (§ 406 g StPO) hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.05.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Der Antragstellerin wird anstelle der gesetzlichen Gebühr in Höhe von 200,- DM eine Pauschvergütung in Höhe von 500,- DM (Fünfhundert Deutsche Mark) bewilligt.

Der weitergehende Antrag wird abgelehnt.

Gründe:
Die Antragstellerin begehrt mit näherer Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, für ihre Tätigkeit als Beistand der nebenklageberechtigten Anzeigeerstatterin in einem durch sie angestrengten Ermittlungsverfahren eine Pauschvergütung, die sie der Höhe nach mit 1.950,- DM, also dem Dreifachen der sogenannten Wahlverteidigerhöchstgebühr von 650,- DM, zuzüglich Mehrwertsteuer und abzüglich bereits erstatteter Prozesskostenhilfegebühren in Höhe von 266,80 DM beziffert hat. Der Vertreter der Landeskasse hat hierzu dem Grunde nach befürwortend Stellung genommen, sich allerdings gegen die Gewährung einer Pauschvergütung in der beantragten Höhe ausgesprochen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf dessen ausführliche und die Senatsrechtsprechung berücksichtigende Stellungnahme vom 7. April 2000 Bezug genommen. Diesen auch hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren zutreffenden Ausführungen tritt der Senat im Ergebnis bei und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.

Danach war die Antragstellerin in einem besonders schwierigen Ermittlungsverfahren, welches in die Zuständigkeit eines Schöffengerichts gefallen wäre, als Beistand gemäß § 406 g StPO tätig. Entgegen der Auffassung des Vertreters der Landeskasse war das Verfahren auch schon besonders umfangreich im Sinne des § 99 BRAGO. Denn dabei waren alle Tätigkeiten, die die Antragstellerin seit Anzeigenerstattung am 13. Mai 1998 entfaltet hat, mitzuberücksichtigen. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sie den Antrag auf Beiordnung gemäß § 406 g StPO unter Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt und sämtliche insoweit erforderlichen Unterlagen beigefügt, so dass bei der nicht unkomplizierten Sach- und Rechtslage alsbald über diesen Beiordnungsantrag hätte positiv entschieden werden können und müssen, was jedoch tatsächlich erst am 12. Oktober 1998 geschehen ist. In den somit berücksichtigungsfähigen Zeitraum ihrer Bestellung fielen die mehrstündige Teilnahme an einer polizeilichen Vernehmung ihrer Mandantin, eine Vielzahl von Schriftsätzen, mehrere Akteneinsichtsgesuche und zwei Beschwerdeschriftsätze gegen Einstellungsverfügungen der örtlichen Staatsanwaltschaft. Diese für ein Ermittlungsverfahren schon ungewöhnlichen Bemühungen gehen bereits deutlich über die Tätigkeiten eines Rechtsanwalts als Beistand in einem vorbereitenden Verfahren in der - mutmaßlichen - Zuständigkeit eines Amtsgerichts hinaus und belegen somit auch den besonderen Umfang der Tätigkeit der Antragstellerin im Sinne des § 99 BRAGO.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls hielt der Senat danach eine Pauschvergütung in Höhe von 500,- DM, die bereits deutlich die sogenannte Wahlverteidigermittelgebühr übersteigt, für angemessen, aber auch ausreichend.

Der weitergehende Antrag, der sogar die Wahlverteidigerhöchstgebühr übersteigt, war indessen zurückzuweisen. Denn eine Pauschvergütung bereits etwa in der bezeichneten Höhe kommt nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur dann in Betracht, wenn der Antragsteller durch die Tätigkeit im Verfahren über einen längeren Zeitraum ausschließlich oder nahezu ausschließlich in Anspruch genommen worden wäre (vgl. Senatsbeschluss in JurBüro 1997, S. 84). Ein solches Sonderopfer liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor.

Auch der Schriftsatz der Antragstellerin vom 2. Mai 2000 rechtfertigt keine anderslautende Entscheidung, zumal nach ständiger Rechtsprechung der Oberlandesgerichte eine "angemessene" Gebühr zuzusprechen ist, die eine kostendeckende Vergütung nicht erreichen muss (vgl. dazu kritisch ).

Über Mehrwertsteuer ist nicht im Pauschvergütungsverfahren, sondern im Kostenfestsetzungsverfahren zu befinden.


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