Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 5 - 243/98 u. 1/99 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Bewilligung eines Vorschusses auf eine demnächst zu bewilligende Pauschvergütung nach Abschluss des Revisionsverfahrens.
Senat: 2
Gegenstand: Pauschvergütung
Stichworte: Vorschuss auf Pauschvergütung; Revisionsverfahren beim BGH beendet
Normen: BRAGO 99
Fundstelle: JurBüro 1999, 639; AGS 2000, 9
Beschluss: Strafsache gegen W.L.,
wegen Betruges,
(hier: Anträge auf eine Pauschvergütung für die bestellten Verteidiger gem. § 99 BRAGO sowie eines Vorschusses auf eine solche).
Auf die Anträge 1. des Rechtsanwalts J. W. in A. vom 23. September 1998 und
2. des Rechtsanwalts J. P. in B. vom 20. Oktober 1998
auf Bewilligung einer Pauschvergütung für die Pflichtverteidigung des Angeklagten R. hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.03.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des Oberlandesgerichts beschlossen:
Den Antragstellern wird ein Vorschuss in Höhe von jeweils 25.000,00 DM (in Worten: fünfundzwanzigtausend Deutsche Mark) auf die demnächst zu bewilligende Pauschvergütung bewilligt, und zwar jeweils zusätzlich zu den bereits entstandenen gesetzlichen Gebühren.
Die weitergehenden Anträge werden abgelehnt.
Gründe:
Die Antragsteller begehren für ihre Tätigkeit im vorliegenden Verfahren als gerichtlich bestellte Verteidiger des Angeklagten R. Pauschvergütungen, die ihrer Ansicht nach über den Höchstgebühren eines Wahlanwalts liegen sollten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf ihre Anträge Bezug genommen.
Der Senat hat bereits durch Beschluss vom 17. März 1997 (2 (s) Sbd. 5 - 240/96 u. 18/97), auf den ebenfalls Bezug genommen wird, Pauschvergütungsanträge der Antragsteller abgelehnt und dort u.a. folgendes ausgeführt:
"Vorliegend handelt es sich um ein äußerst umfangreiches Wirtschaftsstrafverfahren gegen drei Angeklagte, in welchem die unter dem 10. Januar 1996 erhobene Anklageschrift rund 1.300 Seiten umfasst. Dem Angeklagten R., der sich nach seiner Entlassung am 30. Mai 1995 bereits zum Zeitpunkt der Anklageerhebung nicht mehr in Untersuchungshaft befand, werden 3.603 Betrugstaten zur Last gelegt. Rechtsanwalt P. ist dem Angeklagten R. durch Beschluss des Vorsitzenden der I. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 17. Juli 1996 und Rechtsanwalt W., der bereits zuvor längere Zeit als Wahlverteidiger tätig war, durch Beschluss vom 8. August 1996 zum Pflichtverteidiger bestellt worden."
Die Antragsteller hatten Anträge auf Bewilligung eines Vorschusses auf eine Pauschvergütung damals zurückgenommen und später auch nicht wiederholt.
Inzwischen ist das Verfahren gegen den Angeklagten R. endgültig beendet. Nach insgesamt 98 Hauptverhandlungstagen seit dem 12. September 1996, von denen Rechtsanwalt W. an 92 Tagen und Rechtsanwalt P. an 88 Tagen teilgenommen haben, ist er durch Urteil vom 10. Februar 1998 unter Freisprechung im übrigen wegen Betruges in 18 Fällen - wobei die Einzeltaten nicht entsprechend der Anklage anderweitig zusammengefasst worden sind - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. Januar 1999 ist die von den Antragstellern bearbeitete Revision des Angeklagten R. verworfen worden.
Zwischenzeitlich hatten sich die Antragsteller mit der Bewilligung eines Vorschusses einverstanden erklärt, nach der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs verfolgen sie jedoch in erster Linie ihre ursprünglich gestellten Anträge weiter. Zu diesen hat der Vertreter der Staatskasse unter dem 22. Dezember 1998 (bezüglich Rechtsanwalt W.) und dem 18. Februar 1999 (bezüglich Rechtsanwalt P.) ausführlich Stellung genommen. Insoweit hat er - jeweils zutreffend - die Bewilligung eines Vorschusses befürwortet und sich gegen eine endgültige Entscheidung über die Pauschvergütung ausgesprochen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Stellungnahmen des Vertreters der Staatskasse, die den Antragstellern bekannt sind, sowie deren ergänzende Ausführungen in ihren weiteren Schriftsätzen Bezug.
Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Dem Senat ist aufgrund des vorliegenden Aktenmaterials eine endgültige und abschließende Beurteilung der Frage des besonderen Umfangs der Angelegenheit und der besonderen Schwierigkeit in Bezug auf die angemessene Höhe einer endgültigen Pauschvergütung nicht möglich. Dies war zwar bei den Pflichtverteidigern der früheren Mitangeklagten L. und H., denen durch Senatsbeschluss vom 5. November 1998 (2 (s) Sbd. 5 - 86, 87, 88 u. 89/98) bei Vorlage desselben Aktenmaterials - Anklageschrift, Protokollbände, Urteilsband sowie die Kostensonderhefte - der Fall, doch ist das Urteil bezüglich L. und H. vom 20. November 1997 alsbald ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens rechtskräftig geworden. Zu einer umfassenden im Rahmen einer Gesamtschau erforderlichen Beurteilung der Tätigkeit der Antragsteller ist jedoch auch diejenige im Revisionsverfahren von nicht unerheblicher Bedeutung.
Die Anträge auf Bewilligung einer endgültigen Pauschvergütung waren daher abzulehnen.
Da jedoch andererseits die Tätigkeit beider Antragsteller nach der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs inzwischen endgültig beendet ist und es dem Grunde nach außer Frage steht, dass ihnen auch eine Pauschvergütung zusteht, wäre es unzumutbar, sie angesichts der Gesamtumstände des vorliegenden Falles mit der Bewilligung einer Pauschvergütung bis zum ungewissen Zeitpunkt der Vorlage der erforderlichen Akten, der sich hier noch erhebliche Zeit hinauszögern kann, zu vertrösten. Ihnen ist daher unter Beibehaltung der strengen Grundsätze, unter denen auch ohne gesetzliche Grundlage ein Vorschuss auf eine demnächst zu bewilligende Pauschvergütung bewilligt werden kann, hier ein angemessener Vorschuss zu bewilligen. Dies hat der Senat dem Wesen nach und im Ergebnis auch in seinem Beschluss vom 10. Juni 1998 (2 (s) Sbd. 5 - 64 - 70/98 = StV 1998, 616 = AGS 1998, 142) so dargelegt und entschieden.
Wenn der Senat nunmehr für beide Antragsteller einen Vorschuss in Höhe von 25.000,- DM für angemessen erachtet und bewilligt hat, so hat er dabei einen Betrag gewählt, der in Ergänzung mit den den Antragstellern zustehenden gesetzlichen Gebühren der endgültigen Höhe einer Pauschvergütung recht nahe kommt, ohne sie jedoch bereits vollständig zu erreichen und im übrigen auch in angemessenem Verhältnis zu den Pauschvergütungen steht, die den Pflichtverteidigern der weiteren Angeklagten bereits durch den genannten Senatsbeschluss vom 5. November 1998 endgültig bewilligt worden sind.
Im Hinblick auf die Stellungnahmen des Vertreters der Staatskasse zur Höhe der den Antragstellern zustehenden gesetzlichen Gebühren merkt der Senat noch folgendes an:
Das Verfahren ist bis zum 10. November 1997 (dem 83. Hauptverhandlungstag) gegen sämtliche drei Angeklagte gemeinsam geführt worden. An diesem Tage ist es bezüglich des Angeklagten R. abgetrennt worden und sodann gegen diesen als einheitliche weitere Hauptverhandlung ohne Unterbrechung am 17. November 1997, 24. November 1997 und sodann an 13 weiteren Hauptverhandlungstagen bis zum 10. Februar 1998 fortgesetzt worden.
Das Verfahren gegen L. und H., das zu jenem Zeitpunkt bereits entscheidungsreif war, ist gegen diese Angeklagten, insoweit ebenfalls als einheitliche weitere Fortsetzung der am 12. September 1996 begonnenen Hauptverhandlung, am 13. November und 20. November 1997 fortgesetzt und abgeschlossen worden. Es handelt sich daher bezüglich des Angeklagten R. um eine sowohl kostenrechtlich als auch im übrigen einheitlich zu betrachtende Hauptverhandlung mit insgesamt 98 Hauptverhandlungstagen zwischen dem 12. September 1996 und dem 10. Februar 1998. Die vom Vertreter der Staatskasse zitierte Entscheidung des OLG Bremen vom 2. Oktober 1974 (JurBüro 1975, 1085) betrifft daher einen anders gelagerten und hier nicht vorliegenden Fall.
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